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    Wenn der Postmann zweimal klingelt
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Wenn der Postmann zweimal klingelt
    Von Gregor Torinus

    Etliche Anfang der 80er Jahre entstandene Kriminalfilme aus Hollywood, besannen sich auf die Goldene Zeit des Film Noirs, seine moralische Ambivalenz und stilistische Originalität und wurden bald als Neo-Noirs bezeichnet. Einer der bekanntesten Vertreter seiner Art ist Bob Rafelsons 1981 gedrehter „Wenn der Postmann zweimal klingelt", ein Remake des Klassikers „Im Netz der Leidenschaften" von 1946, der selbst schon die dritte Verfilmung des Hardboiled-Romans von James M. Cain war. Im Gegensatz zu anderen Vertretern des Neo-Noirs, etwa Roman Polanskis frühem Beispiel „Chinatown" (1974) oder Curtis Hansons „L.A. Confidential" (1997) entwirft Bob Rafelson kein breit angelegtes Gesellschaftspanorama, sondern wirkt fast wie ein Kammerspiel. Dabei werden gekonnt das Ambiente der vierziger Jahre mit Elementen des in den achtziger Jahren populär werdenden Erotikthrillers verbunden.

    Frank Chamber (Jack Nicholson) ist ein klassischer Rumtreiber, der ohne klares Ziel durchs Leben driftet. Irgendwann landet er in einem an eine Tankstelle angeschlossenen kleinen Restaurant, wo ihm sofort die bildschöne Cora (Jessica Lange) auffällt, die mit dem griechischstämmigen Besitzers Nick Papadakis (John Colicos) verheiratet ist. Kurz entschlossen fragt Frank Nick nach Arbeit und beginnt in der Küche zu arbeiten. Schnell entwickelt sich zwischen Frank und Cora eine wilde Affäre, bei der Nick im Wege ist. Den Gedanken zu verschwinden gibt das Paar schnell auf, denn Cora mag sich nicht von ihrem Restaurant trennen. Ein hinterhältiger Mordplan soll alle Hindernisse beseitigen...

    Im Gegensatz zu vielen anderen Film Noirs beschwört „Wenn der Postmann zweimal klingelt" nicht die Verkommenheit der Gesellschaft in den amerikanischen Großstädten. Die Handlung spielt im Nirgendwo einer abgelegenen Raststätte, an der das Leben vorbeizufahren scheint. Das Verbrechen entsteht hier fast aus der Langeweile heraus, aus dem Gefühl von Frank und Cora, dass sie ein anderes Leben verdient haben. Gleichzeitig sind sie jedoch kaum in der Lage sich vorzustellen, wie solch ein anderes Leben überhaupt aussehen könnte. Frank hat es in seinem bisherigen Leben zu nichts gebracht und hat keine Vorstellung davon, was er tun könnte. Und Cora ist seit ihrer Heirat ganz auf die Arbeit im Restaurant konzentriert. So ist es nicht nur die sexuelle Anziehung, die die beiden näher bringt: Es scheint so, als ob sich zwei ebenso antriebslose, wie verlorene Seelen gefunden hätten, die hoffen, gemeinsam etwas aufbauen zu können.

    „Wenn der Postmann zweimal klingelt" ist mehr Melodram, mehr Tragödie, als ein klassischer Thriller. Seine Qualität liegt in der glaubhaften Verkörperung der beiden Protagonisten durch Jack Nicholson und Jessica Lange und aus der authentischen Atmosphäre des Ortes und der Zeit. In jedem Moment ist zu spüren, dass sich in dieser Atmosphäre der alles durchdringenden Lethargie bald eine Katastrophe ereignen wird, dass der unbedingte Drang nach Ausbruch, sich fast zwangsläufig in der schon legendären Sexszene auf dem Küchentisch entladen wird. Und über allem liegt die Grundtragik von einem Leben ohne Ziele, ohne Visionen. Selbst Frank scheint dies zu spüren, zwischenzeitlich geht er mit einer Zirkusartistin fremd, die ein wirklich freies und wildes Leben symbolisiert, zu dem Frank sich zwar hingezogen fühlt, für dessen Verwirklichung er jedoch zu schwach ist.

    Fazit: Rob Rafelsons Neo-Noir „Wenn der Postmann zweimal klingelt" ist zwar kein großer Klassiker, der neue Maßstäbe gesetzt hat. Doch mit seinen herausragenden Hauptdarstellern und seiner liebevollen Detailtreue ist er ein sehenswerter Genrefilm, den jeder Film Noir Freund sehr gerne ansehen wird.

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