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    Der Regenmacher
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Der Regenmacher
    Von Jens Hamp

    Francis Ford Coppola gestand einmal, dass ihm der Erfolg von Der Pate zu Kopf gestiegen sei, wie der Duft von Parfüm. Er habe gedacht, er könne nichts mehr falsch machen. Doch der Absturz aus dem Hollywood-Olymp kam für Coppola schneller als erwartet. Die Dreharbeiten zu Apocalypse Now dehnten sich auf dreieinhalb Jahre aus und sprengten den Budgetrahmen. Obgleich das pessimistische Vietnam-Epos mittlerweile als einer der Meilensteine der Filmgeschichte gilt, erholte sich Coppola künstlerisch nie mehr von den Strapazen. Von Herzblut getragene Filme gingen hoffnungslos unter, das von ihm gegründete Zoetrope-Studio musste verkauft werden und einzig klassische Hollywood-Produktionen wie „Peggy Sue hat geheiratet“ oder Bram Stoker’s Dracula) konnten ihn vor dem Bankrott bewahren. Nach einer von den Kritikern ungnädig rezensierten Zusammenarbeit mit Robin Williams („Jack“) sank Coppolas Stern Ende der Neunziger schließlich auf den Tiefststand. Doch mit der Auftragsarbeit „Der Regenmacher“, eine Romanverfilmung nach John Grisham, rappelte sich das Regieschwergewicht erneut auf. Das ironische Gerichtsdrama ist ein sehenswerter Film, der mit spielfreudigen Stars glänzt.

    Unmittelbar nach dem juristischen Staatsexamen springt Rudy Baylor (Matt Damon, Good Will Hunting, Die Bourne Identität) kopfüber ins tiefe Wasser und schwimmt mit den skrupellosesten Versicherungshaien: Der an Leukämie erkrankte Donny Ray (Johnny Whitworth, Pathology) ist auf eine lebensnotwendige Knochenmarktransplantation angewiesen. Doch der Versicherungskonzern verweigert konsequent die Zahlung und der gegnerische Anwalt (Jon Voight, „Midnight Cowboy“, Ali) genießt es sichtlich, Rudy bei seinem ersten Prozess als Frischling vorzuführen…

    „What's the difference between a lawyer and a hooker? A hooker'll stop screwing you when you're dead“ – Rudy Baylor

    Die Filme von Francis Ford Coppola prägen stets eine persönliche Note. Es gibt immer Szenen, die sein Leben und eigene Erfahrungen reflektieren. Selbst das verschriene Disney-Auftragswerk „Jack“ verteidigte der Regisseur mit seinen Erinnerungen an die eigene Kindheit. Mit „Der Regenmacher“ schreitet Coppola einen Schritt voran und vergleicht die von Matt Damon souverän gespielte Hauptfigur mit seiner Zeit als junger Filmemacher, als er sich gegenüber dem übermächtigen Studiosystem behaupten musste. Abgesehen von dieser Verbundenheit wirkt „Der Regenmacher“ inhaltlich und optisch allerdings wie ein Film aus dem goldenen Zeitalter Hollywoods – und damit wie eine Produktion, gegen die der Meisterregisseur in seinen Anfangstagen noch so leidenschaftlich rebellierte.

    Jedoch hielt Coppola die Zügel zumindest soweit in den Händen, dass er erstmals seit Der Pate III wieder das Drehbuch zu einem seiner Filme eigenhändig verfassen durfte. Coppola konzentriert die Filmhandlung auf die wichtigsten Kernpunkte des John-Grisham-Wälzers. Ein Subplot um Randys vermutlich steinreiche Vermieterin (Oscar-Gewinnerin Teresa Wright, „Mrs. Miniver“, „Die besten Jahre unseres Lebens“) wird auf das Nötigste reduziert, das Vorleben und Klinkenputzen der Hauptfigur hemmungslos zusammengekürzt. Und gerade deswegen funktioniert „Der Regenmacher“ als Film hervorragend. Lediglich zwei eng miteinander verknüpfte Aspekte stehen im Mittelpunkt: Das Agieren vor Gericht und die davon beeinflusste charakterliche Entwicklung der Hauptfigur.

    Völlig grün hinter den Ohren stolpert Rudy Baylor in den Prozess. Seine Motivation für das Studium war ursprünglich idealistischer Natur, doch schon in den ersten Semestern stellte er fest, dass viele seiner Kommilitonen ohne Rücksicht auf Verluste dem Examen entgegengehen und für einen Job in der überfüllten Branche auch die eigene Großmutter verkaufen würden. Vor Gericht zahlt er immer wieder Lehrgeld. Rudys Fehler kostet der gegnerische Anwalt, den Jon Voight herrlich überzogen darstellt, mit einem breiten Grinsen genüsslich aus. Immer wieder versucht er, den Frischling ins offene Messer laufen zu lassen. Doch der Junganwalt lernt sich anzupassen und versucht sein Gegenüber mit den eigenen Waffen zu schlagen.

    Trotz der ernüchternden Ausgangslage verliert sich „Der Regenmacher“ jedoch nicht in Trübseligkeiten. Gerade das Prozessieren spielt herrlich mit den Erwartungen des Zuschauers und staucht die – überhebliche – Stellung des Versicherungskonzerns genüsslich auf Bodenhöhe zusammen. Überhaupt wird die John-Grisham-Verfilmung trotz ihres ernüchternden Blickes auf die Anwaltschaft häufig mit einem Augenzwinkern inszeniert. Garant hierfür ist natürlich der von Danny de Vito (Get Shorty, Big Fish) herrlich dargestellte Deck Shiffler. Dieser lockert mit seiner unorthodoxen, am Grat der Legalität wandelnden Art stets das Geschehen auf. Zu einem wahrlich diebischen Vergnügen wird der aussichtlose Kampf Davids gegen Goliath, wenn auch noch der von Danny Glover (Lethal Weapon, Abgedreht) gespielte Richter mit ironischen Kommentaren gegen die Anwälte des Versicherungskonzerns schießt.

    Einzig Claire Danes (Der Sternwanderer, William Shakespeares Romeo + Julia) geht in „Der Regenmacher“ unter. Sie spielt Rudys Freundin, die er zu Beginn aus den Klauen des prügelnden Ehemanns befreit. Zwar ist auch sie ein Mosaikstein in der Formung des Hauptcharakters, doch gefordert wird die Golden-Globe-Gewinnerin keineswegs.

    „You know what a Rainmaker is, kid? The bucks are gonna be falling from the sky.“ – Deck Shiffler

    Auf die Frage, welches seine liebste Verfilmung eines seiner Romane sei, nannte John Grisham einmal den „Regenmacher“ – und mit dieser Einschätzung liegt der Autor nicht völlig falsch. Francis Ford Coppola minimiert die Handlung der Romanvorlage auf die bedeutenden Eckpunkte und zaubert so einen leichtfüßigen Film über einen millionenschweren Versicherungsskandal. Trotz vereinzelter Klischees ist die Quintessenz des „Regenmachers“ dennoch eine ernüchternde und durchaus zynische Abrechnung mit dem amerikanischen Rechtssystem.

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