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    Männer wie wir
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Männer wie wir
    Von Claudia Holz

    „Kick It Like Beckham“ trifft in deutschen Kinosälen diese Woche auf „Echte Kerle“ und ist tatsächlich nur halb so schmerzhaft, wie zunächst angenommen. Überrascht? Allerdings. Für Ecki (Maximilian Brückner), dem Torwart einer westfälischen Fußballmanschaft, läuft der Ball gerade nicht so rund, denn er wird hochkant aus seinem Team geworfen. Wegen der verpatzten Aufstiegschance serviert ihn sein Team rücksichtslos ab, doch damit nicht genug: nun ist er zum Gespött der Kleinstadt geworden und das auch, weil er sein unfreiwilliges Coming-out als Homosexueller gegeben hat. Aus lauter Frust verspricht er seinem Ex-Team eine Revanche mit einer eigenen Mannschaft, die er erst noch zusammensuchen muss und außerdem will er damit beweisen, dass auch Schwule Fußball spielen können. Ecki macht sich deshalb auf, in DIE Fußballstadt schlechthin: Dortmund. Zusammen mit seiner Schwester Susanne (Lisa Maria Potthoff) versucht er dort ein Team ausfindig zu machen und in den Kampf zu schicken. Und das alles in ganzen vier Wochen...

    „Männer wie wir" hätte so leicht in die Hose gehen können, denn eigentlich braucht das deutsche Kino alles andere, als noch eine weitere Schwulenkomödie am Revers ("(T)raumschiff - Periode 1"). Fußballfilme gab es in letzter Zeit auch schon genug („Das Wunder von Bern") und das nicht nur in germanischen Gefilden und dennoch funktioniert der Kinofilm der gebürtigen Amerikanerin Sherry Hormann („Irren ist männlich") überraschend gut. Obwohl kein einziges Klischee ausgelassen wird, ist hier nicht nur der Ball rund, sondern auch der Film, der eine große Bandbreite an Stimmungen bietet und zwischen Humor der untersten Schublade und menschlichen Dramen hin und herwechselt, ohne dass man sich allzu angegriffen fühlen muss. Aber dass der Film generell so ankommt, wie er ankommt, liegt in erster Linie an einer tierisch guten Schauspielertruppe, die für einen Ensemblefilm besonders wichtig ist. Wo der Newcomer und Hauptdarsteller Maximilan Brückner leider ein bisschen an Glaubwürdigkeit und Charisma schwächelt und somit noch den Welpenschutz angerechnet bekommt, werten vor allem gut ausgewählte alte Hasen die Riege auf und entwickeln besonders exzentrische und klischeebehaftete Charaktere zu echten kleinen Perlen.

    Allen voran Dietmar Bär, als geschockter Vater, der die Tatsache erst einmal verdauen muss, dass sein Sohn schwul ist. Er verkörpert seinen Fußballnarr mit einer schüchternen Präsenz, die sich irgendwo zwischen tyrannischem Spießer und geläutertem Narr einpendelt, aber niemals langweilig ist. Aber auch Saskia Vester in einer kleinen Rolle, als Eckis Mutter, weiß mit ihrer eher einfach gestrickten Figur umzugehen und spielt eine Frau, die hin und hergerissen ist, zwischen der Liebe zu ihrem Sohn und den eingebürgerten Vorurteilen in einer Kleinstadt. Zu Eckis neuer Mannschaft zählen unter anderem noch Christian Berkel (zur Zeit auch in „Der Untergang“ zu sehen) als Rudolf, einem in einer schwulen Dreier-Beziehung lebenden Mann, der einen kleinen Sohn hat, allerdings auch eine Ex-Frau, die alles dafür tut, ihrem Jungen seinen peinlichen „Loser-Vater“ zu ersparen. David Rott spielt den Zivi Sven, der ganz nebenbei mit Ecki seine erste große Liebe entdeckt und Rolf Zacher verkörpert in gewohnter, aber nicht weniger interessanter Manier, einen gescheiterten Fußballprofi in Rente, der bei der neuen Mannschaft zum Trainer anheuert, um sein Trauma zu verarbeiten. Und damit seien nur ein paar genannt. Allerdings leistet sich „Männer wie wir“ auch kleine Patzer; zum Beispiel mit Mariele Millowitsch als Wirtin des Vereinsheims der Truppe. Obwohl nur in einer Nebenrolle, schafft sie es trotzdem nicht, ihrer Figur das gewisse Etwas zu geben und geht gnadenlos unter im Getümmel der Extreme. Aber Gott sei Dank fallen solche Nieten bei dem dichten Plot und der Fülle an Darstellern nur geringfügig auf.

    Auf der andere Seite lassen sich aber auch genauso viele Aspekte an „Männer wie wir“ kritisieren. Wie gesagt, wird so ziemlich jedes Klischee an den Mann gebracht (gemerkt, was hier gemacht wurde?), was es so gibt und die Geschichte bleibt vorhersehbar bis zum Schluss. Der Tritt ins gelegentliche Fettnäpfchen bleibt da nicht aus. Zum Beispiel sind Castingszenen schon lange tabu und als unsere Kameraden dies auch in Angriff nehmen, um neue Teammitglieder zu sondieren, kann man nicht anders, als die Hände über dem Kopf zusammenzuschlagen. Auch der Kampf zwischen Pin-Up-Girl im Spint oder doch lieber Beckham, ist weniger originell und die alle paar Minuten erzählten Schwulen-Witze des spießigen Altherrenvereins haben nicht nur einen Bart, sie nerven auch zum Schreien. Und, und, und. Die Liste der Mankos in „Männer wie wir“ ist lang und trotzdem kann man sich dem Charme nicht ganz erwehren, denn im Grunde ist jeder Charakter nur auf der Suche nach der wahren Liebe und die ist blank und ehrlich erzählt. Da kann sich jeder reinfühlen.

    „Männer wie wir“ hat große Vorbilder, an denen er sich orientiert. Die Ähnlichkeit zu diversen britischen Komödien ist nicht zu übersehen. „Ganz oder gar nicht“ oder auch eingangs erwähnter „Kick It Like Beckham“ stehen hier Pate und das im besten Sinne, denn der Film schafft es einen Großteil seiner Figuren wirklich plausibel und befriedigend zu Ende zu erzählen, ohne den Überblick über sein Gesamtkonzept zu verlieren. Wer sowas mag und sich trotzdem nicht vom oftmals groben Humor abschrecken lässt, darf sich trauen, denn „Männer wie wir“ ist entgegen aller Erwartungen keine überflüssige Deutsch-Comedy zum laut Losprusten und bewegt sich gut und gerne im Mittelfeld einer gepflegten Abendunterhaltung. Ein Trost ist außerdem, dass nur ungefähr ein Viertel des Films wirklich auf dem Fußballplatz herumgebolzt wird und bietet so für alle Geschlechter und Gesinnungen etwas. Ganz schön clever.

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