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    Buddha's Lost Children
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Buddha's Lost Children
    Von Sascha Westphal

    Die besten Geschichten schreibt das Leben – das behauptet auf jeden Fall eine alte Weisheit, an die viele Filmemacher und Produzenten allem Anschein nach fest glauben. Nur so lässt sich die Flut der Kino- und Fernsehfilme erklären, die mit Einblendungen wie „Basiert auf einer wahren Geschichte“ beginnen. Oft stellt sich bei diesen Produktionen dann allerdings die Frage, ob das Leben tatsächlich ein solch brillanter Autor ist. Aber gerade wenn die Zweifel übermächtig werden, kommt plötzlich eine Geschichte daher, die sich wirklich niemand besser hätte ausdenken können. Der niederländische Filmemacher Mark Verkerk ist auf eine solche gestoßen. Nur hat er aus ihr keinen Spielfilm gemacht, sondern sich ihr und ihrer Realität ganz verpflichtet. „Buddha’s Lost Children – Eine wahre Geschichte über Hingabe und Mitgefühl“, Verkerks Dokumentation über den thailändischen Wandermönch Khru Neua Chai Kositto ist zwar schon aus dem Jahr 2006, aber das kann ihrem Sujet nichts anhaben. Das wird auch in vielen Jahren noch so faszinierend sein wie zum Zeitpunkt der Dreharbeiten. Verkerks biederer Stil und seine oberflächliche Vorgehensweise erweisen sich dagegen schon als weitaus hinderlicher.

    In den späten 80er Jahren war Khru Neua Chai Kositto ein überaus erfolgreicher Thai-Boxer, der im Lauf seiner Profi-Karriere nur ganz wenige Kämpfe verloren hat. Zu Beginn der 90er ist er aus diesem Geschäft, das ihm immer weniger gefiel, ausgestiegen. Eine spirituelle Erfahrung hat ihn schließlich dazu bewegt, einem buddhistischen Orden beizutreten und Mönch zu werden. Seit 1991 lebt er im thailändischen Teil des Goldenen Dreiecks und hat dort das Kloster „Zum Goldenen Pferd“ aufgebaut. Neun Monate im Jahr zieht er mit einer Reihe von Novizen und einer Nonne, die auch das Kloster mit Khru zusammen leitet, durch die Dörfer und Ansiedlungen in dieser abgeschiedenen Grenzregion. Seine Bemühungen gelten den Kindern, die dort oft unter furchtbarsten Bedingungen aufwachsen. Die, die keine Eltern mehr haben oder deren Eltern sich nicht um sie kümmern können, nimmt er manchmal auf Zeit, manchmal auch für immer mit. Einige werden Novizen, anderen verschafft er einfach einen neuen Start ins Leben...

    Khru Neua Chai Kositto hat ohne Zweifel etwas von einer typischen Filmfigur. Als Wandermönch, der einen Streit unter Dorfbewohnern auch mit recht handfesten Methoden beendet, und als buddhistischer Abt, der Kinder und Jugendliche in seinem Kloster in der Kunst des Thai-Boxen unterrichtet, könnte er auch einem Martial-Arts-Film entstiegen sein. Seine recht pragmatischen Weisheiten, mit denen er seine Schützlinge auf den rechten Weg bringen will, klingen auch schon mal nach Kinodialogen. Aber genau dieses robuste und dabei enorm kämpferische Auftreten verschafft ihm die Autorität, die jemand braucht, der sich in dieser lange Zeit allein von Drogenbossen kontrollierten Region Respekt verschaffen will.

    Die jüngere Geschichte des Goldenen Dreiecks ist eine von Armut und Drogen, Ausbeutung und Gewalt, die das Leben der meisten Menschen in den kleinen Bergdörfern beschädigt, wenn nicht gar ganz zerstört hat. Mit seinem Einsatz versucht Khru Neua Chai Kositto, den Kindern dieser Region eine Chance auf eine bessere Zukunft zu geben. Nur so lässt sich der Teufelskreis aus Hunger und Sucht, Analphabetismus und Gewalt wirkungsvoll durchbrechen. Dass der exzentrische Mönch dabei durchaus schon einige Erfolge erzielt hat, daran lässt Mark Verkerk keinen Zweifel. Seine über einen Zeitraum von mehreren Monaten entstandene Dokumentation erzählt eine klassische Erfolgsstory, zu der mehrere gerettete Kinder und der Wiederaufbau eines zerstörten Tempels zählen. Nur geschieht dies alles in einem seltsam luftleeren Raum.

    Natürlich dokumentieren Verkerks Filmbilder Armut und Elend, Hoffnungslosigkeit und Verwahrlosung. Aber der konkrete gesellschaftliche und geschichtliche Hintergrund bleibt letztlich viel zu vage. Die kurzen Texteinblendungen, die den Zuschauer mit den nötigsten Hintergrundinformationen versorgen, reichen einfach nicht aus. Selbst über Khru Neua Chai Kositto erfährt der Betrachter nur das, was der Mönch selbst preisgibt. Er wird damit zu einer Art Heilsbringer, der praktisch aus dem Nichts kommt. Mark Verkerks Verzicht auf einen erläuternden Kommentar hat dabei durchaus etwas Ehrenwertes. Nur sind weder die Aufnahmen des Films noch die Aussagen der Menschen aus Khrus Umfeld so aussagekräftig, dass aus ihnen allein ein umfassendes Bild entstehen könnte.

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