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    How Much Wood Would A Woodchuck Chuck
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    How Much Wood Would A Woodchuck Chuck
    Von Carsten Baumgardt

    „How Much Wood Would A Woodchuck Chuck, If A Woodchuck Would Chuck Wood? A Woodchuck Would Chuck As Much Wood As A Wood Chuck Could, If A Woodchuck Could Chuck Wood.” Mit diesem Satz trainiert Steve Liptay seinen Beruf. Was selbst für Muttersprachler schon schwierig auszusprechen ist, rattert der Kanadier in einer unglaublichen Geschwindigkeit herunter, so dass nur noch Sprachfragmente zu verstehen sind. Liptay ist Weltmeister der Viehauktionatoren des Jahres 1976. Arthouse-Star Werner Herzog begleitet in seiner Dokumentation „How Much Wood Would A Woodchuck Chuck“ den Wettbewerb und zieht seine eigenen Schlüsse über die Branche.

    52 Männer und eine Frau treffen sich zur 13. World Livestock Auctioneer Championship (WLAC) in Pennsylvania. Rund drei Minuten hat jeder Teilnehmer Zeit, die Jury zu überzeugen. Eine Gruppe von Vieh wird in die Auktionsarena getrieben, das Publikum ersteigert die Rinder, während der Auktionator seinen Job macht. Doch bevor es in den harten Wettbewerb mit realen Verkäufen geht, nähert sich Regisseur Herzog an, zeigt den Weltmeister Liptay vorab und lässt ihn davon berichten, sich einen Lebenstraum erfüllt zu haben. Seit seinem sechsten Lebensjahr hat er darauf hintrainiert. Die Weltmeisterschaft findet in der Nähe einer Amish-Siedlung statt, deren Bewohner Herzog in seine Dokumentation einbindet. Er schildert das Aufeinanderprallen der Kulturen weitestgehend ohne viele Worte, sympathisiert aber mit der archaischen Lebensweise der Amish, die ihre Wurzeln in Deutschland und der Deutsch-Schweiz haben. Sie sprechen einen altertümlichen Pfälzer Dialekt, der kaum noch verständlich ist.

    Ebenso wenig verständlich ist die Sprache der Auktionatoren. Herzog ist offensichtlich fasziniert von dieser Veranstaltung. Rund 30 seiner 44 Minuten Spielzeit zeigt er den Wettbewerb nahezu unkommentiert. Die feinen Nuancen der nervösen Teilnehmer darf jeder auf seiner Weise herausfiltern. Doch Herzog übertreibt es deutlich, zeigt zu viele Wettbewerber und geht diesmal nicht auf die Geschichte hinter der Geschichte ein, wie er es üblicherweise in seinen Dokumentationen macht. Seine Intension ist eine andere, wie sich gegen Ende herausstellt. Der Regisseur erkennt in dieser Kunstsprache eine Art Lyrik des Kapitalismus. Dieser Singsang-ähnliche Ton der modernen Marktschreier hat in der Tat etwas Lyrisches und Kunstvolles, was in reiner kommerzieller Effizienz mündet – je schneller die Auktionatoren sprechen, desto mehr Vieh kann verkauft werden.

    „How Much Wood Would A Woodchuck Chuck“ ist skurril, wie viele von Herzogs Dokumentationen, aber diese gehört trotz einiger Qualitäten zu seinen schwächeren. Sein legendäres Voiceover fällt sehr spärlich aus, es bringt lediglich zwei persönliche Aspekte ans Licht - die Kernaussagen zum Leben der Amish und die Lyrik-Theorie. Für Herzog-Fans ist der Film sicher Pflichtprogramm, was für die Allgemeinheit jedoch nicht gilt.

    Anmerkung: Die Dokumentation „How Much Wood Would A Woodchuck Chuck“ ist sehr rar. Das PAL-Video und die DVD sind über die Internetseite von Werner Herzog (www.wernerherzog.com) erhältlich sowie auf dem DVD-Bonusmaterial von Stroszek vertreten.

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