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    Die Liebe in mir
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Die Liebe in mir
    Von Daniela Leistikow

    Wenn ein Schauspieler so sehr mit einem bestimmten Genre identifiziert wird, wie Adam Sandler mit lauen Komödien, ist man als Filmkritiker erstmal erleichtert, wenn besagter Darsteller eine ernsthaftere Rolle annimmt: Nach Tiefpunkten wie „Little Nicky“ und „Waterboy“, die man sich dank Sandler ansehen durfte, kann sein Part als New Yorker Zahnarzt, dessen Familie bei 9/11 ums Leben kam, eigentlich nur eine Verbesserung sein. Doch bereits dieser Halbsatz zum Inhalt von Mike Binders Melodram „Die Liebe in mir“ lässt vermuten, dass die Tränendrüse des Zuschauers einem geradezu Tiefseetaucher-artigen Wasserdruck standhalten müssen wird. Leider vergisst Binder, während er mit Verve an den emotionalen Reglern des Publikums schraubt, dass (Sub-)Plots mehr als Mittel zum Zweck für die Übermittlung moralischer Botschaften sein sollten.

    Als sich die ehemaligen College-Zimmergenossen Charlie Fineman (Adam Sandler, Klick, 50 erste Dates) und Alan Johnson (Don Cheadle, Crash, Hotel Rwanda) nach Jahren der Funkstille zufällig begegnen, erscheint es auf den ersten Blick, als könnten sie unterschiedlicher nicht sein. Alan hat alles, was das Herz begehrt. Eine hübsche Frau (Jada Pinkett Smith, Collateral, Ali), ein schickes Apartment, Auto, Kinder, einträglicher Job... nur wirklich zu schätzen weiß er das alles nicht. Charlie hingegen lebt seit Jahren unter einer emotionalen Käseglocke. Seit seine Frau, Töchter und sogar der Familienpudel bei den Anschlägen vom 11. September ums Leben kamen, schottet er sich mittels monströser Kopfhörer, deren „Lass mich in Ruhe!“-Botschaft nicht plakativer sein könnte, von allem ab, was ihn an seinen Verlust erinnert. Auf einem motorisierten Scooter durch New York vagabundierend, ist Charlie immer auf der Suche nach der nächsten Ablenkung in Form von Spätfilmen im Kino, raren Schallplatten, Videospielen und massenhaft chinesischem Essen. Das kommt Alan gerade recht, um aus seinem ehelichen Einerlei auszubrechen und dabei vielleicht sogar Charlie über seine Trauer hinwegzuhelfen...

    Einen Film über Trauer zu drehen, ist schwer genug. Wenn es sich dann obendrein um Trauer in Verbindung mit den Anschlägen vom 11. September handelt, hat man sich eine Suppe eingebrockt, die selbst für die besten Regisseure und Drehbuchschreiber schwer auszulöffeln sein dürfte. Zu Beginn von „Die Liebe in mir“ punktet Mike Binder (An deiner Schulter) durch Subtilität: Der emotionale Holzhammer bleibt unbenutzt, wenn Binder seinen Hauptdarsteller Sandler nur in Andeutungen von seinem Verlust sprechen lässt. Das hat leider zur Folge, dass besonders in den ersten 30 Minuten des Films nicht besonders viel passiert. Um trotzdem die Aufmerksamkeit des Publikums zu behalten, müssen Aufsehen erregende Subplots her: Eine wunderschöne Patientin (Saffron Burrows, Troja) zum Beispiel, die sich ihrem Zahnarzt Alan auf fast schon abstoßend unterwürfige Art und Weise sexuell anbietet. Oder die noch hübschere Psychiaterin (Liv Tyler, Herr der Ringe - Trilogie, Armageddon), der Alan vor ihrem Büro auflauert, immer eine neue Ausrede findend, warum er ihren Rat, aber keine wirkliche Therapie braucht. Im Laufe des Films wird Psychiaterin Angela natürlich zur Hilfe eilen, wenn es gilt, Charlie aus seinem Schneckenhaus zu locken. Doch Charlie hat nur eine Frage beziehungsweise Antwort für sie: „Is this session over yet?“ Gefolgt von ihrer gebetsmühlenartigen Erwiderung „Only if you want it to be!“

    Man kommt nicht umhin sich zu wünschen, man hätte die gleiche Wahl: diese Szenen einfach zu beenden, wenn einem danach ist. Oder wenigstens vorzuspulen zu den guten Stellen: Don Cheadles Performance als Freund in der Not ist makellos. Die besten Momente von „Die Liebe in mir“ sind jene, in denen Cheadles und Sandlers Figuren kontrastiert werden. Auch wenn Sandler nicht mit Cheadle mithalten kann, ist seine Leistung insgesamt nicht schlecht. Im Laufe des Films entwickelt dieser seine Figur zwar mehr zur typischen Adam-Sandler-Rolle – ein infantil agierender Sonderling der im Wortsinn „komisch“ ist – doch seine Performance ist angesichts des schwierigen Stoffes zu keiner Zeit unglaubwürdig. Binders anfänglich subtile Herangehensweise an das Thema 9/11 leidet immens, wenn Sandlers Figur aufhört, ihre Trauer zu unterdrücken und diese durch Wutausbrüche und dann Heulkrämpfe zum Ausdruck zu bringt. So grell ist die Auswalzung der Emotionen an mancher Stelle, dass sich der Gedanke an das Ausbeuten von 9/11 nicht vollständig verdrängen lässt.

    Leider schafft es Mike Binder immer wieder, die guten Momente von „Die Liebe in mir“ durch Plot-Fehltritte und allzu eigenartige Dialoge zu zerstören. Es ist verwirrend und anstrengend zu sehen, wie eine moralische, richtige und gute Message – Stell dich deinen Ängsten! Öffne dich! Sag was du fühlst und denkst! – durch diese Sabotage so gekünstelt wirken kann. Schön sind die Kamerafahrt am Anfang, bei der wir Charlie auf seinem Scooter durch die Straßen von Manhattan begleiten. Genauso ungekünstelt ist die Musik in „Die Liebe in mir“: Zwar tragen Songs wie Pearl Jams Cover des The-Who-Klassikers „Love reign over me“ teils zur Attacke auf die Tränendrüse des Zuschauers bei, sind aber trotzdem ein Pluspunkt und weniger forciert, als die humoristischen Einlagen. Wenn, zwischen Trauer-Therapie und Streitereien mit der Gattin, Alan plötzlich auf Charlies Scooter springt und die beide kichernd durch die Nacht rasen, wirkt das nicht so leicht und locker, wie es sollte. Zu schwer und bedeutungsgetränkt waren die Momente zuvor, als das man diese Auszeit wirklich genießen könnte.

    Fazit: „Die Liebe in mir“ ist ein Film über schwere Zeiten und Beziehungen. Wie letztere das Leben verändern, schwerer oder leichter machen, wie man an ihnen ständig arbeiten muss, um sie zu erhalten. Und wie ein guter Freund helfen kann, auch die misslichste Lage zu verbessern. Wer mit dieser Botschaft nichts anfangen kann, wird an „Die Liebe in mir“ wenig Freude haben. Schwächen im Plot und eindimensionale Nebendarsteller erzeugen ein Gefühl des Stillstands, dass diese Botschaft zwar irgendwo vermittelt, aber den Film mit zu vielen Stolpersteinen belädt, die ihn unnötig zähflüssig und wenig mitreißend machen. Das Resultat: Kein schlechter Film, aber beim besten Willen auch kein guter.

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