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    Der Klang des Herzens
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Der Klang des Herzens
    Von Christoph Petersen

    Im Dezember 2007 werden zwei Weihnachtsmärchen um die Vorherrschaft in der deutschen Kinolandschaft kämpfen. Am 13.12. startet Kirsten Sheridans musikalisches Drama „Der Klang des Herzens“, elf Tage später stürmt dann Disneys Komödie Verwünscht die Leinwände. Was die Zuschauerzahlen angeht, ist das Rennen schon im Vorhinein entschieden: Dass „Verwünscht“ an den Kinokassen wie eine Bombe einschlagen wird, ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Überraschend ist hingegen, dass das Mausstudio auch qualitativ die Nase einen Tick vorn hat. Und das hat einen ganz simplen Grund: Im Endeffekt stehen sich zwei gleichermaßen vor herzerwärmendem Kitsch triefende Märchen gegenüber. Doch wo Sheridan es auf dieser Ebene belässt, versteht der temporeiche Disney-Streifen es geschickt, die Kitsch-Klischees auf ebenso ironische wie intelligente Weise zu brechen. Dennoch ist der mit Freddie Highmore und Robin Williams stark besetzte, trotz seiner Süßlichkeit berührende „Der Klang des Herzens“ keinesfalls schlecht. Gerade Weihnachts-Fans sollten ernsthaft in Erwägung ziehen, sich einfach beide Filme reinzuziehen.

    Vor elf Jahren verbrachten die junge Cellistin Lyla Novacek (Keri Russell) und der Rockmusiker Louis Connelly (Jonathan Rhys Meyers) eine magische Liebesnacht über den Dächern New Yorks miteinander. Doch Lylas ehrgeiziger Vater (William Sadler) verhinderte ein Wiedersehen. Und nicht nur das, nach einem Unfall ließ er seine hochschwangere Tochter in dem Irrglauben, sie hätte eine Fehlgeburt erlitten, während er das Baby in Wahrheit mittels einer gefälschten Unterschrift zur Adoption freigab. Heute streift der elfjährige Evan (Freddie Highmore) auf der Suche nach seinen Eltern durch den Big Apple. Dabei folgt er der Musik, die er seit seiner Geburt in seinem Kopf hört. Der zwielichtige Vagabund Wizard (Robin Williams) erkennt Evans Gabe sofort. Er nimmt ihn – wie schon viele andere musikalische Wunderkinder zuvor – unter seine Fittiche, verpasst ihm den griffigen Künstlernamen August Rush und lässt ihn als Straßenmusiker auftreten, um so möglichst viel Kapital für sich selbst herauszuschlagen. Zur gleichen Zeit erfährt Lyla von ihrem sterbenden Vater, dass ihr Sohn noch lebt. Und auch Louis, der die gemeinsame Nacht einfach nicht vergessen kann, bricht aus seinem Managerleben aus, um sich auf die Suche nach seiner verlorenen Liebe zu machen...

    Die Handlung ist arg konstruiert und für die durchgängig auf große Emotionen abzielende Inszenierung ist Subtilität ganz offensichtlich ein Fremdwort. Aber Regisseurin Kirsten Sheridan („Disco Pigs“) steht so offen und selbstverständlich zu ihrer kitschigen Ader, dass man ihr die süßliche Seite ihres Films kaum übel nehmen kann - und „Der Klang des Herzens“ stattdessen sogar als weihnachtlich-berührendes Kinomärchen ganz vorzüglich funktioniert. Die Figuren sind – inklusive des schrägen Bösewichts Robin Williams – allesamt so grundsympathisch, dass bekennende Anti-Zyniker mit ihnen gerne knapp zwei herzerwärmende Stunden, die die kalte Jahreszeit schnell vergessen lassen, verbringen. Als besondere Schmankerln erweisen sich die vielen musikalischen Momente des Films. Vor allem die Zusammenschnitte von Lylas Cellokonzerten mit Louis’ gefühlvollen, von Jonathan Rhys Meyers selbst vorgetragenen Rocksongs stechen als stimmige Mischung aus Klassik und Moderne heraus. Und über den abschließenden Auftritt der New Yorker Philharmoniker im Central Park muss man kaum mehr große Worte verlieren.

    Gerade bei ihrer ersten Begegnung bleibt Keri Russell (An deiner Schulter, Rohtenburg, Jennas Kuchen) und Jonathan Rhys Meyers (Kick It Like Beckham, Match Point, Vanity Fair) nur wenig Zeit, um die große Liebe auf den ersten Blick glaubhaft zu vermitteln. Doch der Funke springt auch auf den Zuschauer augenblicklich über. Freddie Highmore (Wenn Träume fliegen lernen, Charlie und die Schokoladenfabrik, Arthur und die Minimoys) hat schon vor einiger Zeit das Erbe von Haley Joel Osment als angesagtester männlicher Jungdarsteller angetreten. Doch im Gegensatz zu seinem Vorgänger punktet Highmore nun eher mit seiner niedlichen, sympathischen Art denn mit überragendem Schauspiel. Auch in „Der Klang des Herzens“ hat sein unschuldiges Lächeln einmal mehr die gleiche Wirkung wie rosa Zuckerwatte. Robin Williams’ (One Hour Photo, Der Club der toten Dichter, Die Chaoscamper, Lizenz zum Heiraten) Figur des Wizard ist eine Mischung aus dem Rattenfänger von Hameln und dem alten Fagin aus Oliver Twist. Mit seinen rötlichen Haaren und Elvis-Koteletten bietet Williams eine herrlich verschrobene Bösewicht-Performance. Terrence Howard (Hustle And Flow, Get Rich Or Die Tryin´, Hunting Party, Iron Man) ist in vergangenen Jahren den Hollywood-Olymp konsequent hinauf geklettert. Doch sein Auftritt als sympathischer Beamter von der Jugendfürsorge wird ihn auf diesem Weg sicherlich nicht merklich voranbringen – die Rolle hätte wirklich jeder spielen können.

    Fazit: Steckenweise kitschig, schlussendlich aber auch sehr bewegend - „Der Klang des Herzens“ ist ein überzeugendes Weihnachtsmärchen, das aber wirklich nur im süßlichen Rausch der Feiertage genossen werden sollte.

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