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    Shadow Man
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,0
    schlecht
    Shadow Man
    Von Björn Becher

    Was ist der grottigste Film, denn Steven Seagal je gemacht hat? Hardcore-Fans werden sagen, er hat keine schlechten Filme gemacht, manch anderer hingegen, dass der Mann mit dem Zopf nur üble Machwerke verbrochen hat. Schaut man aber unvoreingenommen über Seagals Kino- und DVD-Karriere, springen einem gleich ein paar Kandidaten ins Auge: Unsichtbarer Feind, The Foreigner – Der Fremde, Attack Force und Out For A Kill zum Beispiel. Bei all diesen Werken aus der jüngeren Vergangenheit hat entweder Michael Oblowitz oder Michael Keusch Regie geführt. Letzter saß auch bei „Shadow Man“ auf dem Regiestuhl und so verwundert es nicht, dass sich der Direct-to-DVD-Actioner als weiterer ernsthafter Kandidat für die Auszeichnung als Seagal-Gurke Nr. 1 erweist.

    Ex-CIA-Agent Jack Foster (Steven Seagal) ist schon lange aus dem Dienst ausgeschieden und betreibt mittlerweile eine gut laufende Firma. Zum 5. Todestag seiner Frau reist der Witwer mit seiner Tochter Amanda (Skye Bennett) und Schwiegervater George (Michael Elwyn) nach Bukarest, dem Geburtsort der toten Gattin. Jack ahnt nicht, dass George dem CIA die Formel für ein tödliches Virus gestohlen hat und nun plant, dieses meistbietend zu verkaufen. Um es nach Bukarest zu schmuggeln, hat er es Jack untergeschoben. Und so ist der Empfang in Bukarest alles andere als herzlich: Jack wird von seinem zwielichtigen Ex-Partner Harry (Vincent Riotta) aufgesucht, seine Tochter von der hübschen Taxifahrerin Anya (Eva Pope) entführt und Georges Limousine fliegt in die Luft. Während Jack herauszufinden versucht, was überhaupt vor sich geht, jagen die CIA, korrupte Polizisten und diverse andere Gangster hinter ihm her…

    Das Autorentrio, bestehend aus Steven Collins, Seagal-Intimus Joe Halpin (Into the Sun – Im Netz der Yakuza, Walking Tall: Lone Justice) und Steven Seagal selbst, versagt auf der ganzen Linie. Bei einem Seagal-Actioner erwartet sicherlich niemand eine ausgeklügelte Story, doch eine zumindest ansatzweise zusammenhängende Geschichte sollte schon vorhanden sein. „Shadow Man“ ist jedoch nur ein einziger Flickenteppich: Keine der Figuren handelt nachvollziehbar, die Geschichte springt mal hier und mal da hin, als wüssten die Autoren selbst nicht, wohin sie eigentlich wollen. Der ganze Aufbau, der sich um die geheime Virus-Formel rankt, ist völlig verquer. Mit der Zeit greifen die Kreativen zum beliebtesten Notmittel, um lahme Storys aufzupäppeln: überraschende Wendungen. Diese erweisen sich jedoch als so lächerlich, dass der Film endgültig jegliche Spannung verliert. Dabei scheint Seagals Charakter offensichtlich hellseherische Fähigkeiten zu besitzt, wenn es um die Frage geht, ob sein Gegenüber zu den Guten oder zu den Bösen gehört. Besonders dämlich ist dies, wenn Jack auf die Entführerin Anya trifft. Statt sie in typischer Steven-„Cockpuncher“-Seagal-Manier zu verhauen, bis sie ihm das Versteck seiner Tochter verrät, gibt er ihr eine Waffe und arbeitet erst mal eine Zeit lang mit der Dame zusammen. Seine Tochter kann warten, schließlich gehört Anya, wie Jack dank seiner übersinnlichen Fähigkeiten weiß, am Schluss ja doch zu den Guten. Den Gipfel der Lächerlichkeit bilden hierbei die schmalzigen, unfreiwillig komischen Dialoge, in denen Jack Anya erklärt, er habe in ihr Herz geschaut.

    Bei so einem Skript war die Aufgabe für den deutschen, in Kanada geborenen Regisseur Michael Keusch (Autobahnraser, „Crazy Race“) sicher nicht leicht, doch so grandios in den Sand setzen musste er den Film sicherlich trotzdem nicht. Jegliches inszenatorisches Vermögen geht ihm schon während der ersten großen Actionszene (davor gibt es einen zwar hanebüchenen, aber ganz nett anzusehenden Fight zwischen Seagal und ein paar Kampfsportschülern) verloren. Eine Verfolgungsjagd durch die Straßen von Bukarest ist in Sachen Inszenierung an Dilettantismus kaum mehr zu überbieten. Natürlich fahren bei diesen Manövern nicht die Darsteller selbst, sondern Stuntleute, aber so erbärmlich wie hier wurde selten versucht, dies zu kaschieren. So wechseln sich Einstellungen aus der Vogelperspektive mit Großaufnahmen der Gesichter der angeblichen Autoinsassen ab. Diese Großaufnahmen sind extrem stark auf die Gesichter fokussiert, um möglichst wenig vom Hintergrund zeigen zu müssen. Ganz ohne Hintergrund geht es aber natürlich dennoch nicht und bei dessen Gestaltung schießt Keusch den Vogel ab. Nur so viel: Alfred Hitchcock hat vor über 50 Jahren Rückprojektionen bei Autofahrten genutzt, die hundert Mal realistischere Bilder lieferten, als es Keusch nun mit Greenscreens im 21. Jahrhundert gelingt. Einziger Vorteil: Mit ordentlich Bier intus kann sich der Trashfan über die Stadthintergründe aus dem Computer, die im völlig falschen Tempo vorbeiziehen, sicherlich beäumeln.

    So bleibt die Frage, wie sich Keusch nach „Shadow Man“ in Seagals Augen für zwei weitere Regiearbeiten (siehe Einleitung) mit dem Schwergewicht qualifizieren konnte. Actionszenen inszenieren kann er immerhin schon mal nicht. Keusch ist dabei aber zumindest zugute zu halten, dass er in den sowieso recht spärlichen platzierten Fights die Verwendung zahlreicher Doubles kaschieren musste und so zusätzlich eingeschränkt war. Aber auch die Schießereien locken keinen hinter dem Ofen vor und der Versuch, dann noch ein klein wenig Tarantino zu zitieren, schlägt gnadenlos fehl.

    Neben der Standartbeobachtung, dass Seagal im Vergleich zum vorherigen Film wieder einmal etwas an Leibesfülle zugelegt hat, bleiben noch zwei bemerkenswerte Dinge zu erwähnen: Zum einen, dass die osteuropäischen Schauplätze endlich mal nicht als Double für eine amerikanische Großstadt herhalten müssen, sondern die Story tatsächlich in Bukarest spielt. Zum anderen ist da dann noch Imelda Staunton. Die britische Schauspielerin (Harry Potter und der Orden des Phönix, Three And Out) wurde kurz bevor sie für „Shadow Man“ vor der Kamera stand für ihre Hauptrolle in Vera Drake für den Oscar nominiert. Eigentlich verschlägt es solch hochkarätigen Darsteller schon lange nicht mehr auf das gleiche Filmset wie Steven Seagal (der früher ja noch mit Michael Caine und Tommy Lee Jones drehte). Warum Imelda Staunton dennoch eine kleine Nebenrolle als amerikanische Botschafterin annahm, wird wohl für immer ihr Geheimnis bleiben.

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