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    Die Schwester der Königin
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Die Schwester der Königin
    Von Björn Helbig

    Nach Shekhar Kapurs Elizabeth (1998) und der Fortsetzung Elizabeth: Das goldene Königreich (2007) bringt Justin Chadwick mit „Die Schwester der Königin“ nun sozusagen den Prolog zur Geschichte um Englands berühmte Königin in die Kinos. Dieser kann trotz Starpower nicht auf der ganzen Linie überzeugen.

    England im 16. Jahrhundert: Als der Herzog von Norfolk (David Morrissey) bei Hofe zufällig mitbekommt, dass es zwischen König Heinrich VIII. (Eric Bana) und seiner Gemahlin, Katharina von Aragon (Ana Torrent), nicht mehr so richtig läuft und sie ihm zudem immer noch keinen männlichen Thronerben geschenkt hat, ersinnt der ehrgeizige Herzog einen Plan. Zusammen mit seinem Schwager Sir Thomas Boleyn (Mark Rylance) beschließt er, dessen Töchter Anne (Natalie Portman) und Mary (Scarlett Johansson) in die Nähe des Königs zu bringen. Sollte sich dieser einsam fühlen und eine Boleyn wäre zur Stelle, würde das einen mächtigen Einflusszuwachs für die Familie bedeuten. Man entscheidet sich dafür, die clevere Anne ins Spiel zu schicken, Mary hält man für zu gutmütig. Darüber hinaus wurde sie bereits anderweitig verheiratet. Der Plan der beiden Männer gelingt, jedenfalls fast: Als König Heinrich den Hof der Boleyns besucht, kommt es zu einem Unfall und der Zufall treibt den König in die Arme der jüngeren Schwester – Mary. König Heinrich VIII. beschließt daraufhin, die ganze Familie zu sich an den Hof zu holen. Dort beginnt für die Boleyns ein harter Kampf um Macht und Einfluss. Und die Schwestern werden zu Rivalinnen.

    Die Geschichte, die auf dem gleichnamigen Roman von Philippa Gregory beruht, hat ein enormes Potenzial. Zwei in der höheren Gesellschaft eher unerfahrene Mädchen am Hof von Heinrich dem VIII. Dort müssen sie sich gegen das Machtinteresse der eigenen Familie und die Intrigen der feinen Gesellschaft behaupten - und nebenbei noch ihrem Herzen folgen. Die Grundkonstellation klingt auf alle Fälle spannend. Um das Potenzial Gregorys Geschichte richtig herauszuarbeiten, verzeiht man Drehbuchautor Peter Morgan (Der letzte König von Schottland, Die Queen) und Justin Chadwick auch gerne, dass sie es genau wie die Autorin mit den historischen Fakten nicht allzu genau nehmen. Doch trotz einiger geschichtlicher Änderungen ist „Die Schwester der Königin“ nicht das „Puzzle aus Verrat, Leidenschaft und Liebe“, geworden, das TV Spielfilm in ihm sehen will.

    Bevor diverse Probleme deutlich hervortreten, fallen zunächst die Darsteller ins Auge. Mit Natalie Portman (My Blueberry Nights, Hautnah), Scarlett Johansson (Lost In Translation, Match Point) und Eric Bana (München, Troja) hat man für die drei Hauptrollen hervorragende Darsteller gefunden. Portman und Johansson zeigen als Boleyn-Schwestern gleich von Anfang an eine starke Leinwandpräsenz und ziehen den Zuschauer sofort in den Film. Der Eindruck, mit interessanten und schwer durchschaubaren Figuren zu tun zu haben, weicht allerdings im Laufe des Films dem Gefühl, dass dem Zuschauer Marys und Annes Beweggründe für heutige Begriffe zu fremd sind, um ihre Handlungen nachvollziehen und nachfühlen zu können. Das schafft trotz des engagierten Spiels der charismatischen Schauspielerinnen im weiteren Verlauf eine immer größere Distanz zwischen dem Betrachter und den Hauptfiguren.

    Ein bisschen enttäuschend ist Eric Bana als Henry Tudor alias Heinrich der VIII. Er wird als wankelmütiger, genusssüchtiger und hinter seiner aristokratisch charmanten Art durchaus zur Grausamkeit fähiger Herrscher dargestellt, was wohl recht nahe an den historischen Heinrich herankommt. Und obwohl diese Figur sehr spannend angelegt ist, kann Bana nur einen Bruchteil seines Könnens zeigen. Was aber wohl nur bedingt seine Schuld ist. Der Film legt einen ganz offensichtlichen Fokus auf die Damenwelt der Geschichte. Die Männer sind machtbesessene Intriganten oder triebgesteuerte Schürzenjäger, während den Frauen – vor allem Mary – zumindest der Hauch eines moralischen Bewusstseins zugestanden wird. Insofern beschränken sich die Männer-Szenen, seien es die mit Eric Bana, Mark Rylance („Intimicy“) oder David Morrissey (Basic Instinct 2) auf das Nötigste.

    Richtig schlecht ist an „Die Schwester der Königin“ eigentlich nichts. Doch wenn man noch einmal auf die weiter oben angesprochene Behauptung zurückgreift, der Film sei ein „Puzzle aus Verrat, Leidenschaft und Liebe“, muss man feststellen, dass Chadwick keines der Themen wirklich bearbeitet. Von Liebe, geschweige denn Leidenschaft, kann bei dem mechanischen Gerangel um die Gunst des Königs selbst bei der gutherzigen Mary kaum die Rede sein. Und Verrat? Sicher, Anne hintergeht Mary, auch weil sie denkt, von Mary absichtlich ausgebootet worden zu sein, aber Verrat ist etwas anderes. Und ein Puzzle ist das Ganze, nur weil man die erste halbe Stunde noch nicht weiß, wo der Hase lang läuft, ebenfalls nicht. Vergleicht man Chadwicks Film beispielsweise mit Sofia Coppolas Mary Antoinette, wird deutlich, was alles möglich gewesen wäre.

    Fazit: „Die Schwester der Königin“ ist ein gut ausstaffierter, konservativer Historienfilm mit charismatischen Darstellern, der das Potenzial seiner Geschichte nur in Ansätzen nutzt.

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