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    Könige der Wellen
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Könige der Wellen
    Von Christoph Petersen

    Bei den Megabudgets, mit denen die modernen Animationsfilme der großen Studios mittlerweile regelmäßig ausgestattet werden, ist es nur allzu verständlich, dass die Produzenten dabei auf „In“-Themen setzen. Im Fall der Animationskomödie „Könige der Wellen“ des Regie-Duos Chris Buck („Tarzan“) und Ash Brannon („Toy Story 2“) gibt es sogar gleich zwei dieser heißen Themen. Zum einen Pinguine, die durch ihre kommunistischen Artgenossen in dem Monsterhit Madagascar, die supererfolgreiche, von religiösen Verbänden gepushte Dokumentation Die Reise der Pinguine und den Animations-Highlight Happy Feet auf dem absoluten Zenit ihrer popkulturellen Beliebtheit angelangt waren. Zum anderen Surfer-Filme, deren Comeback sich nach den beeindruckenden Dokus Riding Giants und Step Into Liquid vorsichtig andeutete. Doch Erfolg ist nun einmal in aller Regel nicht planbar. Und das bekamen auch die „Könige der Wellen“-Macher zu spüren. Das amerikanische Publikum hatte sich an den schwarz-weiß gefiederten Polarbewohnern längst satt gesehen, und der Surf-Boom war gar komplett ausgefallen. Und so blieb auch das US-Einspielergebnis folgerichtig weit hinter den hohen Erwartungen zurück. Ein schmerzhafter Flop für Sony, der zumindest in seinen Ausmaßen unangemessen erscheint. Denn auch wenn der Film in der zweiten Hälfte etwas ins Stolpern gerät, bietet er doch insgesamt zumindest gute Unterhaltung.

    Pinguin-Hotshot Cody Maverick (Stimme: Shia LeBeouf, Transformers, Disturbia) kommt aus einer Gegend der Antarktis, die hauptsächlich von der Fischindustrie lebt. Harte Arbeit und strenge Disziplin sind an der Tagesordnung, Codys großer Traum von Freiheit und Surfen zählt hier nur wenig. Seitdem er in Kindertagen dem ehemaligen Surf-Champion Big Z begegnet ist, will er es seinem Idol gleichtun und die größten Wellen für sich im Sturm erobern. Seine Chance hierzu scheint gekommen, als ein Wal auf der Suche nach Surf-Talenten für das zehnte alljährliche „Big Z Memorial Championship“ in seinem Heimatort Station macht. Ohne auch nur eine Sekunde nachzudenken, springt der von sich selbst über alle Maßen überzeugte Cody auf. Doch auf der karibischen Insel, wo der Wettbewerb stattfinden soll, angekommen, muss der Jungspund schnell feststellen, dass die Konkurrenz härter ist, als er sich das vielleicht vorgestellt hat. Vor allem der rücksichtslose Tank Evans (Diedrich Bader) macht Cody das Leben schwer. Nur dank seinen Freunden, dem durchgeknallten Hühnchen Chicken Joe (Jon Heder, Die Eisprinzen, Der Date-Profi, Napoleon Dynamite), der feschen Rettungsschwimmerin Lani (Zooey Deschanel, Per Anhalter durch die Galaxis) und dem Einsiedler Geek (Jeff Bridges, K-Pax, König der Fischer) kommt Cody wieder zu genug Selbstvertrauen, um sich Tank und den Wellen zu stellen. Doch dann entdeckt er Geeks wohl gehütetes Geheimnis und sein Traum droht wie ein Kartenhaus in sich zusammenzufallen...

    Sieht super aus! Diese Bemerkung trifft mittlerweile eigentlich auf so ziemlich jeden groß produzierten 3D-Animationsfilm zu, der technische Standard ist einfach verdammt hoch (und Pixar liegt dann noch eine Ecke darüber). Auch bei „Könige der Wellen“ bleibt einem einmal mehr kaum etwas anderes übrig, als die visuelle Ausgestaltung in den höchsten Tönen zu loben. Nicht nur die A-Liga-Animationen, auch die karibischen Insellandschaften können voll überzeugen. Neben dem fehlerfreien Abliefern des Pflichtprogramms führen die Macher in diesem Fall allerdings auch noch eine nicht zu verachtende Kür in der Hinterhand. Zum einen haben sie durch den Mockumentary-Stil („Fake-Doku“) eine Herangehensweise gewählt, die zahlreiche neue inszenatorische Möglichkeiten eröffnet. Die Figuren wenden sich plötzlich an den Zuschauer, geben Interviews und kommentieren das Geschehen. Und die begleitende Kamera bekommt in den actionreicheren Szenen auch mal ihr Fett ab. Zum anderen baut der Film immer mal wieder Archiv-Aufnahmen von Big Zs größten Triumphen mit ein – und noch nie sahen auf alt getrimmte Animationen so gut aus wie hier.

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    Auch wenn die Wahl von Pinguinen und Surfer-Genre auf den ersten Blick wenig wirklich Neues verheißt, schafft es „Könige der Wellen“ aber zunächst doch, auch abseits der visuellen Umsetzung frischen Wind ins Animationskino zu blasen. Der Mockumentary-Ansatz birgt nämlich nicht nur auf der inszenatorischen, sondern auch auf der erzählerischen Ebene zahlreiche interessante Möglichkeiten in sich. Wo es im Trailer schon den Spruch „Hoffentlich haben wir jetzt nicht das Ende verraten. Ich hasse es, wenn die im Trailer alles ausplaudern.“ gab, setzt sich dieser selbstrefferenzielle Humor auch im Film konsequent fort, das Dokumentarfach, das Animationskino und Surfer-Filme bekommen in den Parodie-Momenten gekonnt ihr Fett weg. Dabei ist der Witz zumindest in der Hälfte angenehm subtil und manchmal sogar überraschend schwarz ausgefallen. Ganz vorne landet hier zumindest in der Originalfassung Jon Heder, der als lakonischer Hühnchen-Surfer Chicken Joe die meisten Lacher auf seiner Seite hat.

    In der zweiten Hälfte treten die Parodie-Elemente dann aber leider immer stärker in den Hintergrund und „Könige der Wellen“ wandelt sich immer mehr zu einem 08/15-Surfer-Sportfilm. Natürlich wäre dies nicht weiter schlimm gewesen, wenn er weiterhin so gut funktioniert hätte, nur ergeben sich in diesem Fall doch einige Probleme. Zum einen ist es immer schwierig, in ein Genre zurückzufallen, über das man sich gerade noch lustig gemacht hat. Und zum zweiten wird von hier an immer klarer, dass die Begeisterung für den Film eher mit seiner Machart und Erzählweise, denn mit den Figuren oder der Geschichte selbst zu tun hatte. Nun, da sich die Story vor allem auf das Surf-Event konzentriert, die ganzen Spielereien am Rande zum großen Teil hinten über fallen, bewahrheiten sich doch nur einmal mehr die beiden Grundregeln des Animationskinos – man braucht eine gute Geschichte und man braucht liebenswerte, aufregende Charaktere. Beides hat „Könige der Wellen“ leider nur in überschaubaren Maßen vorzuweisen.

    Fazit: Aufgrund der vielen frischen Genreideen in der ersten Hälfte landet „Könige der Wellen“ trotz eminenter Schwächen bei der Figurenzeichnung sanft.

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