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    Om Shanti Om
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Om Shanti Om
    Von Christoph Petersen

    Mit einem solchen Ansturm auf Farah Khans Bollywood-Mega-über-super-hat-alle-Rekorde-gebrochen-Blockbuster „Om Shanti Om“ hatten die leicht blauäugigen Organisatoren der diesjährigen Berlinale ganz offensichtlich nicht gerechnet. Anstatt den Film im großen Berlinale-Palast vorzuführen, hatten sie ihn unbedarft in das verhältnismäßig kleine Kino International abgeschoben. Mehr als 20.000 Anfragen zum Besuch von Superstar Shah Rukh Khan sind bei den Mitarbeitern insgesamt eingegangen, die Tickets für die Premiere waren in sieben (!) Minuten ausverkauft und auch die Karten für die eilig angesetzte Zusatzvorstellung (von 0.15 bis 3.00 Uhr, also mitten in der Nacht) waren in Rekordzeit restlos vergriffen. Um die zahlreichen Fragen der in Bollywood-Clubs wohlorganisierten Fans zu beantworten, wurde von den Veranstaltern gar eine eigene Khan-Website ins Netz gestellt – ein einmaliger Vorgang in der Geschichte des Festivals. Ganz offensichtlich hat das Bollywood-Fieber, das seit einigen Jahren in Deutschland grassiert, seinen Höhepunkt immer noch nicht erreicht.

    Bollywood in den 1970er Jahren. Om (Shah Rukh Khan) ist ein junger Schauspieler, der sich in der glitzernden Filmmetropole als Nebendarsteller durchschlägt. Sein großer Traum ist es, selbst einmal ein gefeierter Kinoheld zu sein. Verknallt ist Om in Shanti (Newcomerin Deepika Padukone), den weiblichen Superstar dieser Epoche. Natürlich will die berühmte Schönheit mit dem Kleindarsteller nichts zu tun haben. Erst als Om sie bei Dreharbeiten heroisch aus einer tödlichen Feuersbrunst rettet, freunden sich die beiden an. Doch mehr ist nicht drin, denn Shanti ist heimlich mit dem skrupellosen Filmproduzenten Mukesh Mehra (Arjun Rampal) verheiratet. Weil sie schwanger ist und mit der Ehe endlich an die Öffentlichkeit treten will, was Mehras nächstes Filmprojekt zerstören würde, sperrt dieser seine Frau in ein brennendes Haus. Wieder kommt Om zur Hilfe, doch diesmal zu spät. Shanti stirbt und auch Om haucht bei dem Rettungsversuch seinen letzten Atemzug aus. 30 Jahre vergehen. Om wurde mittlerweile als Om Kapoor, dem angesagtesten Bollywood-Star 2007, wiedergeboren und sinnt nun auf Rache…

    „Om Shanti Om“ und Paul Thomas Andersons There Will Be Blood feierten auf der Berlinale zur selben Zeit ihre Deutschlandpremiere. Ein interessanter Zufall, denn unterschiedlicher als Shah Rukh Khan (Pardes, Swades, Kabhi Alvida Naa Kehna) und Daniel Day-Lewis können zwei Schauspieler nicht sein. Während Khan mit seiner Rolle als bekanntester Kinostar der Welt offensiv umgeht und sich extrem viel Zeit für seine Fans nimmt, lebt der schafzüchtende Lewis mit seiner Familie zurückgezogen in Irland. Doch auch auf der Leinwand gibt es krasse Gegensätze. Wo man bei Lewis´ energetischer Darstellung des psychotischen Öl-Barons nur Staunen kann, kommt Khan nach eigenen Angaben mit gerade einmal vier Gesichtsausdrücken hin. Doch auch wenn es mit seiner Schauspielkunst nicht allzu weit her ist, gelingt ihm doch eines perfekt – er weckt Emotionen. Während man zu Lewis´ Leinwandcharakter emotional nie wirklich durchdringt, immer etwas außen vorbleibt, fühlt und fiebert man bei Khan von der ersten Sekunde an mit – ganz egal, was für hanebüchene Wendungen die Story auch einschlagen mag.

    Und absurde Twists gibt es bei „Om Shanti Om“ gleich en masse. Immerhin beginnt der Film als farbenfrohe Reminiszenz an das Bollywood-Kino der 70er Jahre, bevor er sich als Romanze entpuppt, nur um kurz darauf in ein Melodram umzuschlagen. Nach der Intermission geht es dann mit einer Komödie weiter, die als Thriller fortgeführt wird, bevor das Ganze dann in einem geisterhaften Finale mündet. Für seinen Kinoeintritt bekommt man hier sechs Filme zum Preis von einem. Dabei ist das Geschehen aber mit einer solch wunderbaren Selbstironie inszeniert und gespielt, dass man dem Film seine Sinnlosigkeit kaum vorwerfen kann. Da soll Om Kapoor beispielsweise einen taubstummen, blinden Krüppel ohne Arme und Beine spielen. Natürlich muss ein Bollywood-Star in seinem Film aber tanzen. Und so wird kurzerhand eine Traumsequenz erdacht, in der der Krüppel von einem Leben mit Gliedmaßen fantasiert. Zum brüllen komisch. Das Ergebnis sind 168 Minuten ununterbrochene Party im Kinosaal, die wie im Flug vergehen.

    Fazit: „Om Shanti Om“ ist nicht nur der erfolgreichste indische Film aller Zeiten, er macht auch noch richtig Laune. Für Fans gilt also: „Unbedingt ansehen!“ Als besonderes Schmankerl gibt es für Experten eine Tanzszene, in der mehr als 30 (!) Bollywood-Stars heutiger und vergangener Zeiten Gastauftritte absolvieren. Für Bollywood-Hasser gilt natürlich auch hier: „Wir sollten lieber draußen bleiben!“

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