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    Choral des Todes
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Choral des Todes
    Von Tim Slagman

    Was haben „Die purpurnen Flüsse“, „Das Imperium der Wölfe“ und Sylvain Whites „Choral des Todes“ gemeinsam? Sie basieren allesamt auf Thrillern von Jean-Christophe Grangé und ähneln sich zudem frappierend: Bizarre Mordmethoden, die dramaturgisch kaum zwingend sind, impulsive, prügelnde Polizisten, Schatten der Vergangenheit, die düster über der Gegenwart schweben – all dies verleiht den drei Filmen eine Atmosphäre, die recht erfolgreich an die Geschichten desillusionierter Cops und Gangster aus den 70er Jahren anknüpft. Den französischen Adaptionen der Grangé-Bestseller ist dabei auch gemein, dass sie Hollywood-Stil mit europäischem Kino verknüpfen. Genau da verheddert sich aber Sylvain White („Stomp The Yard“, „The Losers“) bei „Choral des Todes“. Der franko-amerikanische Regisseur nimmt allzu plumpe Anleihen bei Tagespolitik und Historie und stolpert gleichzeitig über die Fäden seines wirren Verschwörungsplots.

    Der traumatisierte und von Psychopharmaka abhängige Interpol-Agent Frank Salek (JoeyStarr) ermittelt gegen einen Ring von Menschenhändlern. Dabei fällt ihm eine Namensliste in die Hände, auf der ein jüngst auf bizarre Weise ermordeter Kinderchorleiter aus einer Pariser Kirchengemeinde steht. Das Opfer erlitt einen Herzinfarkt in Folge des Platzens seiner Trommelfelle. Eine blutige Fußspur neben der Leiche stammt von Schuhen der Größe 36. Ist also ein Kind der Mörder? Der pensionierte Polizist Lionel Kasdan (Gérard Depardieu) kannte den Pfarrer persönlich und lässt sich auch durch die abweisende Art Saleks nicht davon abhalten, privat zu ermitteln. Weil Kasdan auch den zweiten Namen auf Saleks Liste kennt, arbeitet das ungleiche Duo schließlich widerwillig zusammen. Dabei geraten sie bald in eine irrwitzige Geschichte um Nazi-Größen in Chile, eine Söldner-Armee namens Blackstream und die Chefanklägerin des Internationalen Strafgerichtshofes.

    Die Bezüge zur Realität sind in „Choral des Todes“ offensichtlich. Blackstream ist natürlich eine Anlehnung an die in Verruf geratene Privatarmee Blackwater und flüchtige Nazi-Funktionäre, die sich gemütlich in Lateinamerika niedergelassen haben, gab es auch in der Realität zuhauf. Noch nie war eine Grangé-Geschichte so nah an der Wirklichkeit, doch bei der Filmadaption erweist sich dies als Problem. Der Plot von „Choral des Todes“ ist hoffnungslos überfrachtet, zumal die Tatsachen teilweise arg verdreht werden. Vor allem gelingt es Sylvain White und seinem Co-Autor Laurent Turner aber nicht, glaubwürdige Verbindungen zwischen all den Machenschaften zu ziehen, die sie zu Recht anprangern möchten. Der Plot von „Choral des Todes“ ist trotz der realen Hintergründe nicht nur unwirklich, sondern auch phantasielos und unglaubwürdig.

    Wo immer White sich Ruhe nimmt von dieser hysterischen Dramaturgiemaschine, gelingen ihm dagegen intensive Szenen. Von dem wuchtigen, Ehrfurcht – und womöglich sogar Angst – gebietenden Inneren der Kirche, in der der erste Mord stattfindet, hätte man gerne mehr gesehen. Auch mit Kasdans Blick aus seiner einsamen Wohnung über das nächtliche Lichtermeer von Paris erzählt der Regisseur in nur einem Bild viel über diese Figur, einen Witwer und Besessenen, der seiner Frau am Sterbebett versprochen hatte, den Job hinzuschmeißen und der doch nicht von der Jagd auf das Böse lassen kann.

    Wie schon bei „Die purpurnen Flüsse“ und „Das Imperium der Wölfe“ gibt es auch hier eine hochkarätige Darstellerriege: Wie seine Vorgänger Jean Reno und Vincent Cassel brilliert auch Gérard Depardieu: Schon rein körperlich ist er prädestinierte Ruhepol inmitten der bisweilen hektischen Handlung. Mit sparsamen Gesten und Blicken macht er die Trauer und Zerrissenheit seiner Figur deutlich. Die Dämonen in seinem Partner Salek sind hingegen – dramaturgisch konventionell – ein mühsam behauptetes Geheimnis, das langsam enthüllt wird. Der Rapper JoeyStarr („Poliezei“) beweist einmal mehr, dass er auch ein erstklassiger Schauspieler ist: Geschickt deutet er immer wieder an, wie es unter der nur scheinbar ruhigen Oberfläche seiner Figur brodelt, in ihm ein Feuer lodert, das ihn zu verzehren droht.

    Fazit: Auch diese Verfilmung eines Thrillers von Jean-Christophe Grangé überzeugt durch ausgezeichnete Darsteller, die jedoch in Sylvain Whites Thriller „Choral des Todes“ vergeblich gegen einen haarsträubend konstruierten und überfrachteten Plot anspielen.

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