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    Outlander
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,5
    enttäuschend
    Outlander
    Von Jan Hamm

    Das Schöne an Sagen und Mythen ist, dass sie immer wieder neu erzählt werden können. Anders als bei modernen Geschichten gibt es keine verbindlichen Urfassungen und so wird seit je her munter drauflos interpretiert, um Altbekanntes neu zu erzählen. Der altnordische Sagenkreis ist dabei ein beliebter Fundus, aus dem sich schon Tolkien für seine "Der Herr der Ringe"-Saga ausgiebig bediente. Das zentrale und älteste noch zurückverfolgbare Epos daraus ist Beowulf, das bereits als Vorlage für zahlreiche filmische Deutungen diente: Da waren etwa der gleichnamige Sci-Fi-Trash mit Christopher Lambert und Robert Zemeckis' CGI-Orgie Beowulf. Außerdem gab es den billig produzierten, aber stark erzählten Beowulf und Grendel mit 300-Star Gerard Butler und natürlich "Der 13te Krieger", der den Mythos mit der historischen Geschichte des arabischen Reisenden Ahmad Ibn Fadlan verband. Jetzt gesellt sich mit "Outlander" eine weitere Spielweise dazu, die sich als wüster Mix aus Sci-Fi und düsterer Fantasy verkauft. Tatsächlich wird hier nochmal ein ganz neuer Blickwinkel auf eine vertraute Geschichte ermöglicht, aber abgesehen von der guten Grundidee scheitert "Outlander" an seiner uninspirierten Inszenierung und hat weder als unterhaltsamer Trash noch als blutiges Epos viel zu bieten.

    Im Norwegen des 7. Jahrhunderts nach Christi Geburt stürzt ein brennender Komet vom Himmel. Tatsächlich ist es ein Raumschiff, dessen Pilot Kainan (Jim Caviezel, Die Passion Christi) den Absturz nur knapp überlebt. Mit Hilfe eines intelligenten Computers macht er sich mit der Beschaffenheit des Planeten, des Landes und der Sprache vertraut. Das bringt ihm vorerst jedoch wenig, da der Wikingerprinz Wulfric (Jack Huston, Shrooms) ihn überrumpelt und gefangen nimmt. Im Dorf des alten Königs Rothgar (John Hurt, V wie Vendetta) wird Kainan für den grausamen Überfall auf ein nahes Dorf verantwortlich gemacht. Doch bevor ihm der kurze Prozess gemacht wird, schält sich eine feuerspeiende Kreatur aus der Nacht und setzt das Dorf in Brand. Kainan offenbart den staunenden Wikingern, dass er derjenige war, der das Ungeheuer mitgebracht hat - und er derjenige sein wird, der es zur Strecke bringt. Gemeinsam mit der Königstochter Freya (Sophia Myles, Tristan und Isolde) und dem rivalisierenden Barbarenfürst Gunnar (Ron Perlman, Hellboy) nimmt die bunt zusammengewürfelte Truppe den Kampf gegen die Bestie auf...

    Was für eine amüsante Idee! "Outlander" interpretiert den Mythos derart, dass die Wikinger einfach keine Begriffe für außerirdische Lebensformen hatten und sich die Bedrohung somit innerhalb ihrer eigenen Glaubenswelt zurechtlegen mussten. Dass Grendel und der Drache ursprünglich verschiedene Wesen waren - geschenkt. Leider hört der Spaß damit aber auch schon auf. Der Film ist ein einziges Lehrstück verpasster Chancen. Das beginnt damit, dass Autor Dirk Blackman und Regisseur Howard McCain nichts mit dem Zusammenprall der beiden Welten anzufangen wissen. Die Sprach- und Kulturbarriere zwischen Kainan und den Wikingern wird direkt zu Beginn unelegant via Lern-Upgrade a la Matrix beigelegt und spielt danach keine Rolle mehr.

    Um eine atmosphärisch dichte Darstellung der Wikinger-Ära, wie sie John McTiernan mit dem "13ten Krieger" gelang, scheren sich die beiden ebensowenig. Stattdessen zelebriert "Outlander" Albernheiten wie ein Trinkspiel, bei dem zwei Kontrahenten auf hochgehaltenen Schildern im Kreis laufen und springen müssen. Das ist weder lustig noch Handlung oder Ambiente in irgendeiner Weise zuträglich. Albern bleibt es auch weiterhin, denn natürlich darf ein Comic-Relief-Charakter nicht fehlen. Hier ist es der ulkige Glatzkopf Olaf (Ted Ludzik, Mr. Magoriums Wunderladen), der eine Reihe peinlicher Oneliner beisteuert. Das harmoniert keineswegs mit der düsteren Stimmung, die "Outlander" durch mangelnde Selbstironie, ein paar Splatterszenen und das betont ernste Spiel von Jim Caviezel eigentlich etablieren will.

    Der Spaßfaktor der Monsterhatz bleibt ohnehin gering, da alle Zutaten irgendwo schon mal da waren. Es wurden derart viele Kleinigkeiten aus anderen Filmen übernommen, dass man sie kaum noch zählen kann. Als Hommage geht das selten durch, zu oft wird dreist geklaut. Da gibt es beispielsweise einen Charakter namens Boromir, den Wikingerprinzen im Karl-Urban-Gedächtnislook, und ein neugeschmiedetes Schwert als einziges Kraut, das gegen die Kreatur gewachsen ist. Tolkien lässt grüßen. Die Fantasy-Sketchparade ist dazu noch ziellos inszeniert. Die hektischen Kampfsequenzen (seit den Bourne-Filmen hip) verdecken mehr als sie zeigen und sind auf Dauer anstrengend. Die Schilderung des Monsters, dessen Design verdächtig an Das Relikt erinnert, ist vorhersehbar und wenig bedrohlich. Wer Beowulf kennt, weiss bereits, dass das Monster gute Gründe hat, sich die Dorfbevölkerung vorzuknöpfen. Das "Outlander"-Ungetüm wirkt mit seiner geschmacklos an Holocaust-Bilder erinnernden Herkunftsgeschichte aber lediglich mitleiderregend.

    Bei so vielen Verfehlungen fällt es kaum noch ins Gewicht, dass die unpräzise angeleiteten Darsteller sich entweder in fiesem Overacting verlieren oder einfach gar nicht schauspielern. Charaktergesichter wie John Hurt werden verheizt, der in Die Passion Christi noch meisterlich agierende Jim Caviezel behält seinen einen Gesichtsausdruck fast die ganze Spieldauer über bei und Ron Perlmans Figur ist eine einzige Knallchargennummer. "Outlander" kann sich nicht entscheiden, ob er episch oder trashig sein will, und ist dann allzu oft nichts von allem. Nicht einmal ein paar imposante Aufnahmen des norwegischen Szenarios (gedreht wurde ohnehin in Kanada) haben es in den Film geschafft.

    "Outlander" versucht sich an zu vielen Referenzen und ist dabei handwerklich zu schwach, um überzeugen zu können. Nahezu alle Konventionen des Unterhaltungskinos werden lustlos abgespult - und das bei einem Film, der durch seine ungewöhnliche Genremixtur so offensichtlich darauf ausgelegt ist, einfach Spaß zu machen. Schade um den tollen Cast und die gute Grundidee, aus der nichts gemacht wurde. "Outlander" reiht sich mit Schwerter des Königs und Pathfinder in die Riege misslungener Fantasyfilme ein und ist ein Beleg dafür, dass eine Sage zwar spannend uminterpretiert werden kann, ohne einen guten Geschichtenerzähler dahinter aber noch nichts gewonnen ist.

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