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    Kill Switch
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    0,5
    katastrophal
    Kill Switch
    Von Björn Becher

    Steven Seagal kann es nicht lassen. Ein Direct-to-DVD-Film folgt auf den anderen und so steht mit „Kill Switch“ schon wieder ein neuer Streifen mit dem einstigen Action-Heroen ins Haus. Unter der Regie des Filmdebütanten und TV-Serien-Regisseurs Jeff King („Relic Hunter“, „The Black Donnellys“) verkörpert Seagal einen harten Cop auf Serienkillerjagd. Das Drehbuch hat Seagal laut den Credits komplett selbst geschrieben und statt irgendwo in Osteuropa wurde diesmal in Vancouver gedreht. Untermalt ist die in Memphis spielende Story mit zum Handlungsort passender Blues-Musik, auch wenn Seagal es unterlässt, die Gitarre selbst zu schwingen. Genutzt hat das alles Nichts. Der miserabel inszenierte und langweilige Thriller, in dem der fett und träge gewordene Seagal laufend gedoubelt wird, ist ein neuerlicher Karrieretiefpunkt für den abgehalfterten B-Movie-Star.

    Im Alter von zehn Jahren musste Jacob King (Steven Seagal) mit ansehen, wie sein Zwillingsbruder an ihrem gemeinsamen Geburtstag von einem Serienkiller (Finn Michael) die Kehle durchtrennt wurde. Heute jagt King als Polizist selbst Serienmörder. Mit seinem Partner Storm Anderson (Chris Thomas King) gelang es ihm gerade erst, den Bombenbauer und Messerstecher Billy Joel Hill (Mark Collie) dingfest zu machen, doch für ein paar vergnügliche Momente mit Kollegin Celine (Karyn Michelle Baltzer) bleibt King trotzdem keine Zeit. Denn der psychopathische Ritualkiller Lazarus (Michael Filipowich) treibt sein Unwesen und hinterlässt an seinen Tatorten immer astrologische Zeichen, deren Bedeutung King nicht entschlüsseln kann. Da er und Anderson in dem Fall nicht vorankommen, wird ihnen die junge FBI-Agentin Frankie Miller (Holly Dignard) als Unterstützung zugeteilt. Unliebsame Einmischung kann King eigentlich gar nicht ausstehen, doch kurz darauf hat er noch ein Problem mehr: Weil er Hill bei dessen Verhaftung zu hart angefasst hat, wird der wieder frei gelassen und tötet innerhalb einer Stunde gleich drei Menschen. Von nun an macht Hill Jagd auf alle, die King nahestehen…

    Mit „Kill Switch“ versucht Steven Seagal, den Fokus nach zuletzt reinen Actionproduktionen wieder verstärkt auf den Thriller-Aspekt zu legen und eine Art zweiten Glimmer Man abzuliefern. Orientiert an David Finchers Sieben und Zodiac werden gleich zwei Serienkiller gejagt. Der Ermittlungsarbeit der Polizisten wird dabei viel Raum eingeräumt. Dazu gibt es die fast schon obligatorischen Rückblenden, die Seagals Charakter mehr Tiefe verleihen sollen, was aber selten so miserabel funktioniert hat wie hier. Seagals Drehbuch ordnet dabei alles einem Ziel unter: Den Film auf eine Laufzeit von über neunzig Minuten zu strecken. Da erwischt King den Serienkiller fast, liefert sich mit ihm eine lange, ziemliche hanebüchene Verfolgungsjagd inklusive einem guten Dutzend Schusswechseln, doch im letzten Moment kann der Killer entkommen. Allerdings lässt er seine Brieftasche zurück. Was stellt Detective King nun mit der Identität und Adresse des Killers an? Erst einmal nichts. Er geht nach Hause, macht Feierabend und veranlasst am nächsten Tag ein paar DNA-Tests, um sicherzustellen, auch wirklich den richtigen Mörder zu haben. Erst dann sucht er dessen letzten bekannten Wohnort auf. Dumm nur, dass dieser so die Zeit hatte, dort noch eine Leiche zu platzieren, seine Sachen zu packen und zu verschwinden.

    Als echtes Ärgernis erweisen sich die Actionszenen. Diese sind etwas rarer als in Seagals vorherigen Filmen gesät, weil „Kill Switch“ doch mehr Thriller als Actionfilm sein will. Das ist auch ausnahmsweise mal gut so, denn so miserabel war die Action in noch keinem anderen Film des Kampfkolosses. Das fängt mit der Inszenierung an. Die Prügeleien sind mit Wackelkamera gefilmt, hektisch geschnitten und laufen zudem beschleunigt ab, um mehr Action vorzugaukeln als wirklich da ist. Irgendwer kam zudem auf die Idee, dass es cool aussehen könnte, wenn zwischendrin immer mal wieder einige Frames entfernt werden. Natürlich tut es dies ganz und gar nicht. Ein weiteres, bis zum Exzess durchexerziertes Stilmittel ist die Wiederholung. Da werden manche Szenen fast ein Dutzend Mal aus verschiedenen Perspektiven immer und immer wieder abgespult. So auch die erste Auseinandersetzung zwischen Seagals Charakter und dem Psychopathen Billy Joel Hill: Zweiterer wird mit einem Roundkick von Seagal aus dem Fenster befördert, was der Zuschauer sich dann gleich noch Mal und noch Mal und noch Mal und… anschauen darf.

    Die Schwächen versucht Regisseur Jeff King mit viel Brutalität zu überspielen, wobei „Kill Switch“ hier selbst für Seagal-Filme neue Maßstäbe setzt. Hier befindet sich der Cop mit den Killern in Sachen Brutalität durchaus auf Augenhöhe: Ein widerspenstiger Zuhälter wird zu Verhörzwecken gezwungen, in eine Thekenkante zu beißen, was durch zusätzliche Klapse auf den Rücken den Ausbruch einiger Zähnen zur Folge hat. Die Actionszenen macht Seagal nur noch selten selbst und der Einsatz von Stuntdoubles wird kaum noch kaschiert. Ein gutes Beispiel hierfür ist die finale Konfrontation mit Lazarus. Da gibt es einen von der Seite gefilmten Fight, bei dem „Seagal“ nur zur Hälfte im Bild ist, doch das reicht schon, um zu merken, dass hier nicht Seagal selbst kämpft. Trotz wiederholter hektischer Schnitte auf Seagals Gesicht, ist der Einsatz eines Doubles deutlich zu erkennen. Der trägt nämlich nicht einmal die gleiche Frisur und hat zudem ein deutlich faltenfreieres Gesicht. Immerhin stimmt die Haarfarbe. Phasenweise lässt Seagal sogar seine Stimme doublen. Gerade zu Beginn wird er immer wieder deutlich hörbar von einem anderen Sprecher synchronisiert. Da hatte der alte Nuschler wohl mal wieder keine Lust, seine (selbstgeschriebenen!) Dialoge anständig aufzusagen.

    In „Kill Switch“ umgibt sich Seagal mit zwei namhaften Tennessee-Musikern. Der leider im Sommer 2008 verstorbene Isaac Hayes bekleidet eine viel zu kleine Rolle als Leichenbeschauer. Seagals Partner wird von Blues-Legende Chris Thomas King, der auch in Wim Wenders‘ Musik-Doku The Soul Of A Man vorkommt. Es ist Kings dritter Auftritt als Schauspieler. In Ray und bei seiner wunderbaren Performance in O Brother, Where Art Thou? spielte er das, was er ist, nämlich einen Musiker. Nun versucht er sich als Polizist und die Frage „Warum nur?“ ist mehr als berechtigt. Die Besetzung der White-Trash-Psychopathen fällt mit Mark Collie (The Punisher) und Michael Filipowich (Geständnisse - Confessions Of A Dangerous Mind) mäßig aus. Beide überziehen maßlos und der Zuschauer wünscht sich einen der guten alten Seagal-Antagonisten zurück. Es muss ja nicht gleich Tommy Lee Jones (Alarmstufe: Rot sein. Darsteller, die nur die Hälfte des Kalibers eines William Forsythe (Deadly Revenge) oder eines Henry Silva (Nico) haben, wären ja schon ein riesen Fortschritt. Aber das erreichen Collie und Filipowich nicht einmal gemeinsam. Die einzige größere weibliche Rolle, die von Holly Dignard verkörperte unerfahrene und querschießende FBI-Agentin, ist für den Fortgang der Story eigentlich komplett unerheblich.

    Fazit: „Kill Switch“ ist definitiv ein Anwärter auf den Titel „Schlechtester Steven-Seagal-Film“. Das Werk ist nicht nur durchweg mies. Regisseur King verzapft auch noch ein Ende, das dem allen noch einmal die Krone aufsetzt. Dieses und steht in keinem Zusammenhang zum vorherigen Geschehen und ist zudem so dämlich, dass es hier nur mit einer milden Spoilerwarnung verraten werden kann: King verlässt Memphis und taucht plötzlich in einem schicken Landhaus auf, wo ihn eine russische Ehefrau und zwei Söhne erwarten. Die Frau entblättert sich und lockt King ins Bett. Soll dies suggerieren, dass er ein Doppelleben (also auch das Leben seines toten Zwillings) führt? Oder das es überhaupt keinen Zwilling gab und King schizophren ist? Oder soll diese Szenen gar nichts aussagen und wurde nur wegen der Titten integriert? Oder hatte Seagal noch Material von einem anderen Dreh übrig, das er noch verbraten wollte? Who the fuck knows? Über mögliche Interpretationen des Endes, die ihr gerne im Forum posten könnt, freuen wir uns trotzdem!

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