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    While She Was Out
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    While She Was Out
    Von Christoph Petersen

    Meir Zarchis „I Spit On Your Grave” (1978) ist die Mutter aller Woman-Revenge- Movies. Eigentlich suchte die Schriftstellerin Jennifer Hills die Einsamkeit, um in Ruhe einen Roman zu vollenden. Doch in einem abgelegenen Örtchen wird sie von vier Männern vergewaltigt, gedemütigt und beinahe getötet. Im Gegensatz zu ihren Kolleginnen in den sonstigen Horrorfilmen ist Jennifer jedoch nur zu Beginn ein hilflos kreischendes Blondchen. Nach den Vergewaltigungen feiert sie ein fulminantes Comeback als fatalistischer Racheengel. Sie macht Jagd auf ihre Peiniger und verstümmelt sie auf brutale Weise. In der Tradition dieses Kultklassikers steht nun auch „While She Was Out“. Und auch wenn der Film auf einer Kurzgeschichte des Autors Edward Bryant basiert, so hat doch mit Susan Montford endlich einmal eine Frau auf dem Regiestuhl eines Woman-Revenge-Movies Platz genommen. Dieser Umstand ist dem Thriller deutlich anzumerken. Die Regisseurin erspart ihrer Protagonistin Della zumindest die körperliche Demütigung und geht gleich zum Rachepart über. Außerdem begnügt sie sich nicht damit, nur Verbrecher in die ewigen Jagdgründe zu schicken. Sie zieht gleich gegen die versammelte Männerwelt zu Felde.

    Heiligabend. Hausfrau Della (Kim Basinger) hat den ganzen Tag ihre zwei Kinder gehütet. Trotzdem macht ihr Mann Kenneth (Craig Sheffer), ein Finanzmakler mit Geldproblemen, ihr schwere Vorwürfe, weil überall im Haus Kinderspielzeug herumliegt. Am Abend gilt es noch einige Besorgungen für die Bescherung am nächsten Morgen zu machen. Della fährt gestresst zum örtlichen Einkaufszentrum, um Geschenkpapier und Ähnliches einzukaufen. Als ein auffälliger Wagen zwei der raren Parkplätze zustellt, platzt ihr der Kragen. Sie klemmt dem Fahrer einen Zettel mit einigen klaren Worten hinter den Scheibenwischer. Doch das hätte sie lieber nicht getan. Das Auto gehört einer Clique von Kleinkriminellen, deren Anführer Chuckie (Lukas Haas) keinen Spaß versteht. Die Gangster versperren Della den Weg und jagen ihr Angst ein. Dabei löst sich versehentlich ein Schuss, der das Gehirn eines Wachbeamten quer über den Bürgersteig verteilt. Es ist klar, dass Chuckie und seine Leute keinen Zeugen am Leben lassen können. Im allgemeinen Durcheinander gelingt Della die Flucht in einen nahegelegenen Wald. Doch die jugendlichen Nachwuchskiller sind ihr dicht auf den Fersen...

    Einer der Produzenten von „While She Was Out“ ist niemand Geringeres als der Oscar-nominierte Guillermo del Toro (für Pans Labyrinth). Das mutet im ersten Moment merkwürdig an. Doch genau wie in den Filmen von del Toro (Blade 2, Hellboy, Hellboy - Die goldene Armee) schwingt auch hier etwas Märchenhaftes mit. Dellas Odyssee ist eine lose Neuadaption des Grimm‘schen Märchens „Rotkäppchen“. Die Killer-Teenies orten ihr Opfer - ähnlich wie ein großer, böser Wolf - mittels ihres Parfümgeruchs. Und statt eines roten Käppchens schleppt Della einen strahlend roten Werkzeugkasten mit sich herum, dessen Inhalt sie durchaus einzusetzen versteht. Etwa wenn sie einem ihrer Opfer mit einem Radkreuz erst den Schädel einschlägt und es ihm dann durch die Nase bis ins Gehirn hämmert.

    So weit, so ordentlich. Doch Susan Montford hat sich mehr Gedanken gemacht, als es in diesem Genre eigentlich üblich ist. Zu Beginn fährt Della mit ihrem Wagen aus der umzäunten Wohnsiedlung, in der sie mit ihrer Familie lebt. Diese Metapher bringt den Film auf den Punkt. Denn für eine verheiratete Frau können beide Seiten des Zauns die Hölle auf Erden bedeuten. Draußen hausen die Hillbillys, die sie vergewaltigen und umbringen wollen. Drinnen wartet das Arschloch von einem Ehemann, um sie weiter zu unterdrücken. Wer schon zu Hause so viel erträgt, dem kann auch eine kleine Mörderhatz durch den finsteren Wald nichts mehr anhaben. Und wer im Wald schon vier Teenager erlegt, der macht auch vor der eigenen Haustür nicht halt. Frauen sind eben doch die besseren (und stärkeren) Männer.

    Als Kim Basinger (Batman, 8 Mile, Final Call, The Sentinel) 1998 den Oscar für ihre Rolle in Curtis Hansons L.A. Confidential in Empfang nahm, wird sie kaum damit gerechnet haben, dass sie zehn Jahre später einer Bande Halbstarker Schraubenzieher in den Schädel rammen würde. Doch die Ex-Gattin von Alec Baldwin macht ihre Sache dennoch erstaunlich gut. Sie überzeugt als starke Frau, die in ihrer trostlosen Ehe gelernt hat, Schmerzen zu ertragen. Es gibt nur eine einzige Szene, in der Dellas Emotionen hervorbrechen. Doch dieser Ausbruch dauert nur wenige Sekunden, dann pinkelt sie - wie ein richtiger Mann - hinter den nächsten Busch. Gegen so eine Frau haben eine läppische Handvoll Milchbubis, egal wie groß ihre Knarren sind, eben einfach keine Chance. Lukas Haas (Last Days, Brick, Alpha Dog) gibt den Gangleader Charlie angenehm zurückhaltend. Zwar ist ihm jederzeit anzumerken, dass seine Rolle vom Wahnsinn getrieben wird. Trotzdem verzichtet er auf übertriebenes Gehabe.

    Fazit: Die fatalistisch-feministische Version von „Rotkäppchen“ – „While She Was Out“ ist ein dreckiges Woman-Revenge-Movie im Exploitation-Stil der 70er Jahre: gradlinig, humorlos und knallhart. Freunde des Genres sollten aufgrund der Märchenparallelen und des Frauenpower-Subtextes ruhig einen Blick riskieren.

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