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    Neues vom Wixxer
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Neues vom Wixxer
    Von Carsten Baumgardt

    Ein ungeschriebenes Filmgesetz besagt, dass eine Fortsetzung nie besser ist als das Original – wenige Ausnahmen bestätigen die Regel. Dass dies nun wahrlich nicht immer so sein muss, beweisen die beiden TV-Regisseure Cyrill Boss und Philipp Stennart im zweiten „Wixxer“-Teil „Neues vom Wixxer“. Stocherte das Autoren-Team Oliver Kalkofe, Oliver Welke und Bastian Pastewka beim ersten Teil noch etwas unbeholfen im Sujet, so erhöht das Trio im Sequel seine Trefferquote und findet den richtigen Ton für eine liebevolle Persiflage, die die legendären Edgar-Wallace-Krimis der 60er Jahre humorvoll aufs Korn nimmt.

    Chief Inspector Even Longer (Oliver Kalkofe) und Inspector Very Long (Bastian Pastewka) sind verwirrt. Drei Jahre nachdem die beiden Ermittler von Scotland Yard den berüchtigten Schwerkriminellen Wixxer aus dem Verkehr gezogen haben, taucht plötzlich in London ein neuer Wixxer auf, der die Polizisten auch gleich beim ersten Aufeinandertreffen kräftig narrt. Auf einem Friedhof entdecken sie zudem eine ominöse Todesliste, auf der sich unter anderem Inspector Very Long befindet – was nicht unbedingt zu dessen Amüsement beiträgt. Der prominenteste Name ist jedoch der von Victoria Dickham (Christiane Paul), mit der Even Longer heimlich liiert ist. Er macht sich große Sorgen um seine Angebetete. Noch größeres Kopfzerbrechen bereitet dem Chief Inspector allerdings die Aufgabe, Victorias gestrengen Vater Lord Dickham (Joachim Fuchsberger), Ex-Chef von Scotland Yard, als potenzieller Schwiegersohn zu überzeugen. Bei der Verbrecherhatz beißt indes der scharfe Eddie (Martin Semmelrogge) schnell ins Gras, während die Spur der Yard-Ermittler in die Irrenanstalt führt. Die leitet kein Geringerer als Alfons Hatler (Christoph Maria Herbst), der seinen Butler-Posten aufgab, sich zunächst gegen eine Gesangskarriere in Las Vegas entschied und seiner Passion als Irrenarzt nachkam. Longers ängstlicher Bruder Much (Christian Tramitz) ist Even auch keine große Hilfe, er behindert das Vorankommen eher und taucht immer im falschen Moment auf...

    Im Jahr 2001 stellte Michael „Bully“ Herbig die Filmwelt auf den Kopf. Aus einem Dauersketch seiner lediglich einer Insiderzielgruppe bekannten „Bullyparade“ (auf Pro7) schuf er mit seinen Partnern Rick Kavanian und Christian Tramitz mit der Karl-May-Persiflage Der Schuh des Manitu aus dem Nichts einen Monsterblockbuster, der knapp zwölf Millionen Deutsche in die Lichtspielhäuser trieb. Da sprang TV-Brachial-Satiriker Oliver Kalkofe und seine Kumpel Oliver Welke und Bastian Pastewka auf den Erfolgszug auf. So könnte man meinen... Aber die Idee zum „Wixxer“-Kinofilm hatte Kalkofe bereits im Jahr 1996, als er noch in der legendären Truppe des FFN-Frühstyxradios den Ton angab (siehe auch Kritik zu Der Wixxer). Richtig ist aber, dass Herbigs Megaerfolg den Weg für Kalkofes Kinoversion ebnete, sind die Parallelen der Projekte doch unübersehbar. Obwohl „Der Wixxer“ mit knapp 1,9 Millionen Besuchern in Deutschland ein Erfolg war, fehlte noch der letzte Schliff am Konzept, nahezu die Hälfte der Witze lief noch ins Leere. Daraus haben Kalkofe, Welke und Pastewka gelernt.

    Die Story ist natürlich auch weiterhin unwichtig und bestenfalls eine Variation von Teil eins. Dafür sind die Charaktere diesmal griffiger, die Dialoge flotter und die Witzquote höher. Selbst Oliver Kalkofe, der als Hauptdarsteller im Original kaum einen echten Lacher verbuchen konnte, legt zu. Ähnliches gilt für Oliver Welke, der mit trockenen Sprüchen als Pathologe gefällt. Kalkofes Herzensangelegenheit, Altstars aus den Wallace-Filmen an Bord zu haben, erweist sich als Treffer. So belebt Joachim Fuchsberger, der Teil eins noch aus moralischen Bedenken ablehnte, den Cast und lässt den Geist der 60er Jahre durch sein sprödes Spiel wahrhaftig werden. Auch Judy Winter, die in den frühen 70er Jahren noch unter Wallace-Veteran Alfred Vohrer drehte, stellt sich in den Dienst der Sache und ist sich für gepflegten Klamauk nicht zu schade. Die wunderbare Christiane Paul kann als simpler Love Interest hingegen nicht völlig überzeugen und ist hoffnungslos unterfordert. Der platte Gag, den ihre Mitstreiter mit Hingabe zelebrieren, ist nicht unbedingt ihr Zuhause. Eine illustre Riege von Stargästen versüßt das Vergnügen mit kleinen Auftritten. Doch das alles wäre ohne einen Mann nur halb so komisch. Wie schon im ersten Teil sorgt Christoph Maria Herbst als Alfons Hatler für die größten Brüller. Der Ausnahmekomiker spielt wieder grandios mit den Gegensätzen seines streng gescheitelten Äußeren gegenüber seinen Worten und Taten (hier hätte Dani Levy für seinen verunglückten Mein Führer besser mal genauer hingeschaut, so bleibt ihm nur ein Staunen, wie man Hitler mit Schärfe und Witz persiflieren kann). Unschlagbar sind Herbsts Auftritte als Sänger, wenn er beispielweise amerikanisches Liedgut wie Frank Sinatras „My Way“ interpretiert oder Fragen nach der Weltherrschaft abwehrt.

    Thematisch verwurstet „Neues vom Wixxer“ neben der Wallace-Vorlage quer durch den Garten die halbe Populär-Filmgeschichte. Pretty Woman, Dirty Dancing, Krieg der Sterne, „James Bond“, „Indiana Jones“ und „Bodyguard” und viele mehr werden zitiert, selbst vor dem aktuell beliebten Torture Porn à la Saw oder Hostel wird nicht halt gemacht. Die Gefahr, sich hier in Nebensächlichkeiten zu verzetteln, wird unterlaufen, da die Ausflüge immer nur sehr kurz und straff geraten sind. Die kühnsten Blüten treibt der Einfall, den Film zwischendrin einmal kurz für eine gefakte Klingelton-Werbung zu unterbrechen, in der TV-Interviewer Roger Willemsen Ware anpreist. Diese vogelwilde Absurdität hat etwas Anarchisches, das dem Film gut tut.

    Bei aller Kurzweil sitzt jedoch bei weitem nicht jeder Gag. Auf den alten „Ich-schlage-keine-Frauen“-Kalauer konnten die Autoren Beispiel gebend nicht verzichten, dazu übertreiben sie es mit der innigen Beziehung zwischen Long und Longer. Wer denn am Ende der Wixxer ist, interessiert auch nicht wirklich. Die Geschichte ist eh nur Mittel zum Zweck, möglichst viele Gagtreffer zu platzieren. Und hier landet „Neues vom Wixxer“ einen ehrlichen Punktsieg gegenüber dem Vorgänger. Dass der Film nicht annährend an die Genialität des Frühstxyradios heranreicht, ist sonnenklar. Soviel Radikalität und Wahnsinn verträgt kein Massenprodukt. Aber „Neues vom Wixxer“ unterhält dennoch gut. Damit hat er Levys Rohrkrepierer „Mein Führer“ einiges voraus. Und weil’s so schön ist, muss auch noch nicht Schluss sein. Im Abspann wird bereits der dritte Teil der als Trilogie angelegten Wixxer-Saga angekündigt... „Triple Wixx“!

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