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    Heiße Katzen
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Heiße Katzen
    Von Björn Becher

    Bulldog Drummond ist eine der ältesten Agenten/Detektiv-Figuren in der Literatur. 1920 von Autor Herman Cyril McNeile erschaffen, wurde er schnell zum Star einer Buchreihe, die auch nach dem Tod des Autors 1938 von dessen Kollegen Gerard Fairlie bis Mitte der 50er Jahre fortgesetzt wurde, sowie einer Filmreihe, die 1951 nach 22 Filmen endete. Auch wenn die ersten Bücher wegen des deutlich zur Schau gestellten Rassismus und Antisemitismus seines Autors selbst heute noch problematisch sind, zog die Figur des Bulldog Drummond in die Literaturgeschichte ein. Comic-Genie Alan Moore (From Hell, V wie Vendetta, Watchmen) verarbeitete den Charakter wie so viele andere Literaturfiguren zum Beispiel in einem Werk seiner Die Liga der außergewöhnlichen Gentleman-Reihe (in Stephen Norringtons missratener Kinoadaption kam er allerdings nicht vor) und zudem gilt die Figur des Drummond als eines der Vorbilder für Ian Flemings Kreation seiner Agentenfigur James Bond. Und der ist schließlich der Archetyp des Geheimagenten, wozu er allerdings vor allem durch die Filmreihe wurde. Deren Erfolgsgeschichte begann Anfang der 60er als erst einmal fast jährlich ein Kassenschlager mit dem Agenten mit der Lizenz zum Töten auf den anderen folgte. Für das erfolgreiche britische Produzentengeschwisterpaar Sydney und Betty Box war klar, dass im Fahrwasser des Bond-Erfolges der beste Moment wäre, Drummond zu reaktivieren. Für zwei Filme durfte auch er noch einmal größenwahnsinnigen Welteroberern das Handwerk legen. Den Anfang machte 1967 „Deadlier Than The Male“, deutscher Titel: „Heiße Katzen“, der sich zwar als klares „Bond“-Plagiat entpuppt, aber mit seinen Spitzen gegen das große Franchise einen ungeheuren Spaß bereitet.

    Direkt hintereinander sterben zwei Menschen aus dem Umfeld von Versicherungsagent Hugh „Bulldog“ Drummond (Richard Johnson): ein Großindustrieller, der bei Drummonds Firma versichert war, sowie Drummonds alter Kriegskamerad Wyngarde (Leonard Rossiter). Schnell entdeckt der smarte Frauenheld und Träger des schwarzen Gürtels Drummond, dass die Todesfälle miteinander verknüpft sind und Wyngarde ihm kurz vor seinem Ableben noch eine wichtige Botschaft zukommen lassen wollte. Hinter den perfide durchgeführten Morden, die zuerst wie Unfälle aussehen, stecken die hübsche Mrs. Eckman (Elke Sommer) und ihre nicht minder ansehnliche und genauso hinterhältige Kollegin Penelope (Sylva Koscina). Sie arbeiten für einen größenwahnsinnigen Geschäftsmann (Nigel Green), der das Dahinscheiden von Konkurrenten als einfachsten Weg der Geldvermehrung versteht. Als Drummond der Bande auf die Schliche kommt, rückt auch er schnell in das Visier der schwer bewaffneten Killerinnen.

    Schon nach wenigen Minuten dürfte jeder Zuschauer den Bezug zu James Bond herstellen können. Die Titelmusik ist deutlich daran angelehnt, das Szenario beinahe identisch. „Bulldog“ Drummond ist ähnlich angelegt wie sein Kollege vom MI6: ein smarter Gentleman, der die Herzen aller Frauen in Sekunden erobert, Köpfchen besitzt und auch mit den Fäusten auszuteilen weiß. Und dann ist da noch Darsteller Richard Johnson. Der gleicht 007 Sean Connery nicht nur optisch ein wenig, sondern hätte fast dessen Platz eingenommen. Johnson war beim Casting von James Bond jagt Dr. No die erste Wahl. Regisseur Terence Young wollte ihn unbedingt für die Hauptrolle haben und auch die Produzenten waren überzeugt. Doch die Verhandlungen gestalteten sich als schwierig, denn Johnson war zum einen vom Drehbuch nicht zu hundert Prozent überzeugt und weigerte sich beharrlich, einen exklusiven Sieben-Jahres-Vertrag zu unterzeichnen. Da man längerfristig planen wollte, stand aber genau jenes Vertragsdetail nicht zur Disposition. So sagte Johnson schließlich ab und der Weg war frei für Sean Connery. Da ist es natürlich mehr als Ironie, dass er wenige Jahre später in dieser Mischung aus Hommage, Parodie und Trittbrettfahrt den Agenten mimt. In der deutschen Synchronisation wird die Parallelität übrigens weiter verstärkt, indem man Johnson Connerys damaligen Synchronsprecher verpasste.

    „Heiße Katzen“ hat einige Vorzüge, die den Film tragen. Zum einen gelingt die wunderbare Mischung aus Parodie und Hommage hervorragend. Vieles wirkt geklaut und könnte genauso aus einem „James Bond“-Film stammen. Man müsste teilweise nur den Namen des Protagonisten ändern, ihn von einer Versicherung zum Geheimdienst wechseln lassen und hätte Bond. Daneben gibt es aber eine ungemein parodistische Seite, die allerdings weit entfernt ist von einer Veralberungsoffensive à la Die nackte Kanone und Co. Drummond ist kein von Fettnäpfchen zu Fettnäpfchen stolpernder Chaostyp wie Frank Drebin oder Maxwell Smart (der in Get Smart demnächst auch seinen Kinoausflug bekommt), sondern höchst intelligent und mit erstklassiger Kombinationsgabe gesegnet. Trotzdem findet er in „Heiße Katzen“ fast nichts selbst heraus, sondern kommt bei seinen Ermittlungen immer nur durch Zufall voran. Höhepunkt dieses ironischen Seitenhiebs auf Bonds in den ersten Filmen auch oft zufällig wirkende Ermittlungsarbeit ist das höchst amüsante Finale, in dem Drummond bei der Rettung eines Königs eigentlich versagt und nur die Dummheit seiner Gegner ihm zur Seite steht. Ein starkes Plus von „Heiße Katzen“ ist auch die Chance zum deutlich größeren Freigeist, als es sich die „Bond“-Reihe zu jener Zeit erlauben wollte. So lasziv und tödlich wie Mrs. Eckman und Penelope war bis Dato kein Bond-Girl. Allgemein zeigt sich das Frauenbild als weiterer Seitenhieb auf den übergroßen Bruder 007. Dort waren die Damen in den ersten Abenteuern selten das starke Geschlecht, sondern ließen sich retten oder (auch mal mit sanfter Gewalt) ins Bett bringen. Hier spielen nicht nur die beiden Killerinnen mit der Männerwelt, sondern die Frauen erweisen sich des Öfteren als überlegen. Vor allem Drummonds Neffe (Steve Carlson), einem seinen Onkel nacheifernder Möchtegern-Playboy mit Sidekick-Funktion, hat so seine Probleme mit der Damenwelt. Und im Gegensatz zur „Bond“-Reihe erwähnt der Titel nicht den Helden, sondern setzt mit „Deadlier Than The Male“ ein Ausrufezeichen. Regisseur Ralph Thomas war zudem ein großer Hitchcock-Bewunderer und drehte ein Remake von 39 Stufen. Da verwundert es nicht, dass es eine starke Szene mit hohem Suspense-Faktor gibt. Besagter Moment ist ein klares Zitat an Thomas‘ Vorbild.

    Neben Hauptdarsteller Johnson fallen vor allem auch die Vertreterinnen der Damenwelt bei der Besetzung positiv auf. Die deutsche Elke Sommer (Baron Blood) und die Kroatin Sylva Koscina haben berechtigterweise einen B-Movie-Ikonen-Ruf und geizen nicht mit ihren weiblichen Vorzügen. Daneben tummeln sich noch mehr „Heiße Katzen“, von denen Virginia North übrigens später als „Mini“-Bondgirl einen Auftritt in James Bond 007 - Im Geheimdienst Ihrer Majestät hatte. Darstellerisch enttäuschend ist eigentlich nur Bösewicht Nigel Green (Ipcress – Streng geheim), der doch mitunter ein wenig wild chargiert und nie die nötige Bedrohung darstellt. Er kann aber nicht verhindern, dass sich „Heiße Katzen“, der angeblich zu Quentin Tarantinos Lieblingsfilmen zählt, insgesamt als großer Spaß entpuppt, der nicht nur 007-Fans einen Blick wert sein sollte.

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