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    Planet 51
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Planet 51
    Von Jens Hamp

    Im Februar 2008 sandte die NASA den Beatles-Song „Across The Universe“ in Richtung des Polarsterns aus. Das 2,5 Billiarden Kilometer entfernte Ziel wird das Lied voraussichtlich in 431 Jahren erreichen. Nun hebt auch einer der Pilzköpfe selbst ab. Irgendwie zumindest: George Harrison wollte als großer Monty-Python-Verehrer unbedingt, dass die Comedy-Truppe ihren zweiten Spielfilm Das Leben des Brian produziert bekommt und gründete daher mit Denis O’Brien die HandMade Studios. Bis zu Harrisons Ausstieg Mitte der Neunziger zeichnete das Produktionsstudio für viele britische Erfolge („Time Bandits“, „Mona Lisa“) verantwortlich, danach wurde nur noch mit Guy Ritchies Filmdebüt Bube, Dame, König, GrAs nach den Sternen gegriffen. Diesen Winter wollen die HandMade Studios in Zusammenarbeit mit den Spaniern von Illion Animation Studios endlich wieder durchstarten. Die einst für die „Commandos“-Spielereihe verantwortlichen Computerkünstler huldigen mit „Planet 51“ dem Science-Fiction-Kino der Fünfziger Jahre – aufgrund mangelhafter Figurenzeichnung stürzt der Animationsfilm aber in einen tiefen Krater der Belanglosigkeit.

    In der menschenleeren Wüste Nevadas lagert die amerikanische Regierung abgestürzte Raumschiffteile und deren tote Besatzungsmitglieder. Soweit die allseits bekannte Verschwörungstheorie über die Area 51. Aber was muss dann erst auf Planet 51 los sein? Dort soll Astronaut Chuck Baker (Stimme: Dwayne „The Rock“ Johnson, Daddy ohne Plan, Welcome To The Jungle) nämlich eine Fahne hissen – und platzt völlig verschreckt in eine außerirdische Grillparty. Die in einem lattenzaunweißen Städtchen lebenden Aliens sind mindestens ebenso verängstigt wie Chuck und glauben, eine Invasion stehe bevor. Als die Armee der grünen Männchen schließlich schwere Geschütze auffährt, ist einzig der jugendliche Lem (Justin Long, Stirb langsam 4.0, Voll auf die Nüsse) mutig genug, dem menschlichen Besucher zu helfen…

    Der erste Blick auf „Planet 51“ ist äußerst verlockend. Die an die nostalgisch-verklemmten Fünfziger erinnernde Alienstadt wird völlig von klassisch-außerirdischen Formen dominiert. Kreisrunde Autos schweben über dem Boden, die Behausungen haben bullaugenartige Fenster und Türen, die Mattscheiben sind rund, aus der Vogelperspektive erinnert die Stadtstruktur an Kornkreise und die Dächer sind optisch an fliegende Untertassen angelehnt. Dazu wird das außerirdische Leben mit grell leuchtendem Essen und Miniatur-Aliens als Haustieren äußerst verspielt angereichert.

    Allerdings ist das detailverliebte Design-Pulver schnell verschossen. Das Regisseurgespann Jorge Blanco, Javier Abad und Marcos Martinez beschränkt sich bereits nach wenigen Minuten auf ein Spiel mit runden Formen. Ansonsten plündern die Spanier munter die Filme anderer Animationsstudios. Der Steine sammelnder Roboter Rover könnte glatt ein Verwandter von Wall-E sein, die Militärbasis im Finale befindet sich in der Cars-Wüste, und die grünen Männchen erinnern frappierend an den miesepetrigen Oger Shrek.

    Sicherlich kann man einer kleineren Animationsproduktion visuelle Schwächen noch verzeihen, jedoch ist „Planet 51“ auch inhaltlich ziemlich belanglos. Natürlich ist es ein wunderbarer Einfall, das Invasionsszenario aus der umgekehrten Perspektive zu erzählen. Abgesehen von diesem cleveren Schachzug tritt die von Joe Stillman (Oscar-Nominierung für das „Shrek“-Drehbuch) geschriebene Handlung ideenlos auf der Stelle. Während die Zombie-Hommage Shaun Of The Dead vor Details überbrodelt und mit den Genreversatzstücken munter jonglierte, hält sich die Außerirdischen-Parodie viel zu sklavisch an das Schema alter B-Science-Fiction-Filme und gipfelt in einer langweiligen Actionhatz. Die öde Geschichte wird einzig mit kleinen Pipi-Witzchen, altbekannten Anspielungen auf Klassiker wie E.T. - Der Außerirdische sowie für einen Familienfilm völlig ungeeigneten Gewaltdarstellungen (Aliens werden vaporisiert, Schnecken zermanscht) „aufgepeppt“.

    Das Todesurteil für den Film ist jedoch die unzulängliche Figurenzeichnung. Während die Pixar-Studios selbst einem granteligen CGI-Rentner Tiefe und nachvollziehbare Gefühle entlocken (Oben), sind die Bewohner von „Planet 51“ seelenlose Körperhüllen. Lem ist unsterblich in Neera (Jessica Biel, Next, Chuck und Larry) verliebt und muss sich mit einem Hippiekonkurrenten herumplagen. Szenen, die diese Zuneigung glaubhaft unterstreichen, bleiben aber völlig aus. Noch oberflächlicher ist Astronaut Chuck Baker gezeichnet. Er ist ein Schaumschläger, der unvorbereitet in das Abenteuer hineinschliddert. Weitere Charakteristika gibt es nicht. Nie wird der Versuch unternommen, die Figuren zu etwas Besonderem machen, so dass sie dem Zuschauer ans Herz wachsen könnten.

    „There’s no space like home.“

    Für die einen ist es ein harmloser Animationsfilm, für die anderen der längste Werbespot der Welt: Wenn selbst auf dem fernen Planeten eines animierten Films ein irdischer Schokoriegel beworben werden muss, ist die Speerspitze des Product Placements erreicht. Vielleicht waren Jorge Blanco, Javier Abad und Marcos Martinez aber auch schon im Vorfeld skeptisch hinsichtlich der Qualität ihres Werks und wollten so wenigstens etwas von dem Produktionsbudget (immerhin 60 Millionen US-Dollar) durch Reklame wieder einspielen. Denn unter dem Strich ist der Ausflug auf „Planet 51“ trotz einiger interessanter Ansätze nur eine bedeutungslose Nummernrevue ohne jeden Esprit oder Erinnerungswert.

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