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    One Way
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    0,5
    katastrophal
    One Way
    Von Christoph Petersen

    Kai Pflaume, Johannes B. Kerner oder Jörg Pilawa – die deutsche Medienlandschaft scheint eigentlich nur noch von perfekten Schwiegersöhnen bevölkert zu sein. Auf die Dauer doch ziemlich öde. Etwas Ähnliches wird sich auch Til Schwieger gedacht haben, als er die Hauptrolle in dem Thriller „One Way“ des Schweizer Regisseur und Autoren Reto Salimbeni angenommen hat – hier verkörpert er nämlich endlich mal einen echten, verdammenswerten Unsympathen und kämpft so eisern gegen sein eigenes Schwiegersöhnchenimage an. So weit, so gut. Einziges Problem: Der Film ist trotzdem alles andere als gut. Produktion und Drehbuch liegen auf unterstem Direct-To-DVD-Niveau, während Schweigers Englischkenntnisse bestenfalls noch verhaltene Belustigung hervorrufen. Vielleicht hätte man sich bei dieser seltendämlichen Kinokatastrophe noch auf einer trashig-masochistischen Ebene amüsieren können, aber als ob ein filmischer Totalausfall nicht schon genug wäre, muss sich das Ganze auch selbst noch unheimlich ernst nehmen – vor allem wegen der superharten Vergewaltigungsszenen, die gar nicht zu dem oft unfreiwillig komischen Rest passen wollen, bleibt einem das Lachen so immer wieder im Halse stecken.

    Eddie Shneider (Til Schweiger) hat eigentlich alles, was man sich nur wünschen kann – als erfolgreicher Werbedesigner ist er für seine Firma von unschätzbarem Wert, sein Chef Russel Birk (Art Hindle) will ihn sogar zum Partner machen und mit dessen Tochter Judy (Stafanie von Pfetten, 40 Tage und 40 Nächte) bekommt er die perfekte Verlobte gleich freihaus mitgeliefert. Doch es gibt ein Problem, Eddie ist notorisch untreu. Dies wird ihm zum Verhängnis, als Eddies beste Freundin Angelina (Lauren Lee Smith) von Russels Sohn Anthony Birk (Sebastian Roberts) brutal vergewaltigt wird. Weil Anthony im Besitz von kompromittierenden Fotos ist und ihn mit diesen erpresst, steht Eddie vor Gericht nicht Angelina bei, sondern schwört stattdessen einen Meineid, um Anthony wider besseren Wissens zu entlasten. Trotzdem verliert Eddie durch die ganze Aktion seinen Job und seine Verlobte. Und als Anthony vergewaltigt und erschossen aufgefunden wird, ist mit Eddie natürlich schnell ein passender Hauptverdächtiger gefunden…

    Um die Abgründe des Drehbuchs zu offenbaren, muss man eigentlich nur kurz den General (Michael Clarke Duncan, The Green Mile, Planet der Affen, Die Insel) vorstellen: Als Angelina in ihrer Jugend von vier Männern vergewaltigt wird, entwickelt sie einen imaginären Kumpanen, den Racheengel „The General“ – ein farbiger, 1,96 Meter großer Hüne, der in Militäruniform und mit einem typischen Al-Capone-Maschinengewehr daherkommt, um die bösen Vergewaltiger in stilvoller 30er-Jahre-Scarface-Manier zu durchlöchern. Eine küchenpsychologische und total abgedrehte Herangehensweise, die in einem reinen, komplett abgehobenen Genrestreifen auch irgendwie hätte funktionieren können - aber wie schon gesagt, nimmt sich „One Way“ hierfür insgesamt einfach viel zu ernst. Wenn einem in der einen Szene wegen einer ultrahart inszenierten analen Vergewaltigung die Luft wegbleibt, möchte man in der nächsten nun mal nicht unbedingt über die unfreiwillige Komik des Films lachen müssen.

    „Urban Safari“ und „Was ist bloß mit den Männern los?“ – zwei schwache Komödien, letztere gar nur für das deutsche Fernsehen produziert, die Filmographie von Regisseur Salimbeni ließ also wahrlich keine inszenatorischen Höhenflüge erwarten. Und die bekommt man in „One Way“ nun auch tatsächlich nicht geboten. Stattdessen erwartet einen der typische Inszenierungsstil eines Sat.1-Montagabendthrillers – ein langweiliger Close-Up wechselt sich mit der nächsten uninteressanten Totalen ab, Einfälle jeglicher Art sucht man vergebens und mit Kino hat das Ganze sowieso kaum etwas zu tun. Zwischendurch gibt’s zumindest immer mal wieder kurze Schwenks über die New Yorker Skyline – die Macher scheinen ausgesprochen stolz darauf zu sein, dass ihr Film in dieser Metropole spielt. Emotional und dramaturgisch geht die Thrillergeschichte auch nicht auf, was einen ganz einfachen Grund hat: Wenn Eddie nach der Hälfte des Films plötzlich zum Opfer der Verschwörung wird und wir als Zuschauer von nun an Sympathien für ihn entwickeln sollen, klappt das leider so gar nicht, weil man ihn – zu Recht – weiterhin für einen egoistischen Arsch hält, bei dem man kaum Probleme damit hätte, wenn er nun bis zum Ende seiner Tage ins Kittchen wandern würde.

    Nachdem er zuletzt in Wo ist Fred? wirklich überzeugen konnte, betätigt sich Til Schweiger (Barfuß, King Arthur) in „One Way“ mal wieder als Falschspieler (und in der OV vor allem als –sprecher). Wenn man sich die Aufs und Abs seiner Filmographie ansieht, muss man ganz einfach feststellen, dass Schweiger weder dramatische Rollen noch der Dreh in englischer Sprache sonderlich gut zu liegen scheinen. Eric Roberts (Dead Or Alive, National Security – in der deutschen Fassung von Heiner Lauterbach gesprochen) und die meisten seiner Kollegen haben „One Way“ anscheinend nur als Möglichkeit für schnell verdientes Geld begriffen, reißen ihre Rollen auf „Dallas“-Soap-Niveau herunter. Positive Ausnahmen sind hier lediglich Michael Clarke Duncan, der allerdings eh nur die Aufgabe hat, möglichst cool rüber zu kommen, und Lauren Lee Smith (Der letzte Kuss), die als einzige wirklich überzeugen kann. Insgesamt ist „One Way“ ein klarer Fall für die hinterste Videotheken-Ecke, wo er in aller Ruhe verstauben kann, ohne dass ihm ein größeres Publikum zum Opfer fallen würde. Dass der Streifen dennoch in unsere Kinos kommt, hängt natürlich nur mit dem Namen „Til Schweiger“ zusammen – dumm nur, dass gerade er eines der Hauptprobleme dieses unterirdisch produzierten und inszenierten Ärgernisses ist.

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