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    Auf brennender Erde
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Auf brennender Erde
    Von Roger Förster

    Nicht erst als Charlize Theron 2004 den Oscar für ihre Darbietung der Serienmörderin Aileen Carol Wuornos in „Monster" erhielt, wurde gehöhnt, dass die Academy sich wohl weniger von tollem Schauspiel als eher bloßem Mut zur Hässlichkeit beeindrucken ließe. Im Fall Theron muss entgegengehalten werden, dass ihre Leistung aber keineswegs nur darin bestand, sich drei Stunden täglich ihren Maskenbildern auszusetzen. Vielmehr schaffte sie es mit ihrem packenden Auftritt als gedemütigter Racheengel Aileen, die mittelprächtige Inszenierung des Films zumindest phasenweise zu überspielen. Im Bezug auf Guillermo Arriagas Drama „Auf brennender Erde" gilt dies einmal mehr: Auch hier tragen die Schauspieler - allen voran Theron - einen Film, der ansonsten wenig zu bieten hat.

    Alles beginnt mit einem brennenden Trailerwagen, der von den Liebenden Gina (Kim Basinger) und Nick (Joaquim de Almeida) als Versteck vor ihren jeweiligen Ehepartnern gebraucht wurde – und nun zur tödlichen Falle wird. Brandstifterin Mariana (Jennifer Lawrence), Ginas Tochter, kommt nach der Beerdigung ausgerechnet Nicks Sohn Santiago (J.D. Pardo) immer näher – und überredet ihn, mit ihr nach Mexiko zu fliehen. Jahre später kämpft eine so mysteriöse wie selbstzerstörerische Frau namens Sylvia (Charlize Theron) mit ihren inneren Dämonen...

    In den 90er Jahren begegneten sich Drehbuchautor Guillermo Arriaga und Regisseur Alejandro González Inárritu an einer Universität in Mexiko. Aus dieser Begegnung entstanden „Amores perros", „21 Gramm" und „Babel". So verwundert es auch nicht, dass Arriagas Regie-Debüt „Auf brennender Erde" zumindest in Bezug auf die episodische Erzählstruktur deutliche Parallelen zu diesen Filmen aufweist. Bloß, Drehbuch-Schreiberei und Inszenierung sind zwei vollkommen verschiedene Angelegenheiten – und so wirkt seine sich spannend lesende Erzählung auf der Leinwand schließlich ziemlich fad. Die größte Schwäche seines Films: Die eigentlich tieftraurige Geschichte wird so distanziert und unempathisch geschildert, dass eine emotionale Beteiligung am tragischen Schicksal der Figuren zum Glücksspiel wird.

    An den Schauspielern liegt das nicht. Theron ist als selbstkasteiende Sylvia einmal mehr hervorragend: Liebe scheint diese promiskutive Frau nicht empfinden zu können, während ihr Sex bloß als Ventil ihrer enormen Anspannung dient. Die für „Winter's Bone" oscarnominierte und nicht minder intensiv spielende Jennifer Lawrence als Mariana wechselt gekonnt zwischen pubertierendem Teenie-Rebell und verantwortungsbewusster Tochter. Kim Basinger dreht dagegen richtig auf; ihre Gina ist eine völlig verunsicherte Frau, die in der Liebe zu einem anderen Mann Halt sucht und dabei ihre Familie vernachlässigt. Die Männer müssen hinter den drei Damen zurückstehen; ihre Rollen sind ohnehin eher als Stichwortgeber für die Frauen gedacht.

    Es wirkt dabei fast, als ob Arriaga vor seinem eigenen Drehbuch Angst bekommen hat: Anstatt diese dunklen Seelen und ihre Kämpfe mit sich selbst zu zeigen, tritt die Kamera immer dann einen Schritt von den komplexen Frauenfiguren weg, wenn es geboten wäre, ganz nah dran zu bleiben. So werden ihre Schicksalsschläge leider allzu oft beliebig, was kaum zu ihren traumatischen Hintergründen passen will. Damit wird das Potenzial des Drehbuchs und der starken Darstellerriege verschenkt. Arriaga hat sein abwechslungsreiches, von Zeitsprüngen und Perspektivwechseln geprägtes Skript als langatmig vor sich hinplätschernden Film inszeniert. Ob Arriaga nach „Auf brennender Erde" wohl weiterhin für Alejandro González Iñárritu texten darf? An dessen aktuellem Film, „Biutiful" mit Javier Bardem, war er bereits nicht mehr beteiligt...

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