Mein Konto
    Der Ja-Sager
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Der Ja-Sager
    Von Andreas Staben

    Als unvergleichlich überdrehter Hochdruck-Komiker avancierte Jim Carrey mit Filmen wie „Ace Ventura“, „Die Maske“ und „Dumm und dümmer“ einst zum Weltstar. Mit grotesken Grimassen und furchtlosem Körpereinsatz trat er das Erbe von Jerry Lewis an, ehe er sich in Filmen wie Die Truman Show und Der Mondmann erfolgreich auch an ernsteren Rollen bewies. Nachdem Carrey vor drei Jahren mit Dick und Jane einen interessanten Versuch unternahm, seine komischen Fähigkeiten in erwachsenere Bahnen zu lenken und so die beiden Pole seiner Karriere zusammenzubringen, kehrt er nun mit „Der Ja-Sager“ zu der Art von Filmen zurück, die ihn zum Kassenmagneten machte. Die Prämisse der Komödie, die Peyton Reed unauffällig und effizient inszenierte, erinnert an ein früheres Erfolgsvehikel Carreys: Während er als Anwalt in „Der Dummschwätzer“ nicht mehr lügen konnte und so in allerlei Schwierigkeiten geriet, stimmt er als notorischer „Ja-Sager“ nun selbst den unmöglichsten Vorschlägen zu, so dass er bald die Kontrolle über sein Leben verliert. Heute wie damals sollen diese absurden Konstrukte natürlich nur den Rahmen abgeben für die komischen Einlagen des Stars. Doch die Zeiten haben sich geändert. In „Der Ja-Sager“ wirken die Slapstick-Einlagen zuweilen wie Fremdkörper, dagegen gelingt es dem sichtbar älter gewordenen Carrey und seiner Partnerin Zooey Deschanel (The Happening, Per Anhalter durch die Galaxis), in den ruhigeren Momenten trotz aller Formelhaftigkeit sympathische Charaktere zu erschaffen.

    Der Bankangestellte Carl Allen (Jim Carrey) sitzt seit seiner Scheidung lieber vor dem Fernseher, als Einladungen seiner Freunde anzunehmen, auch die Darlehensanträge seiner Kunden lehnt er durchweg ab. Er begegnet jeder Abweichung seines täglichen Trotts mit einer Verweigerungshaltung, bis sein alter Bekannter Willie (John Michael Higgins, Evan allmächtig) ihn zur Teilnahme an einem Selbsthilfe-Seminar nötigt. Der Guru Terrence Bundley (Terence Stamp, (Wanted, Operation Walküre) beschwört vor einer enthusiastischen Anhängerschaft die Macht des Ja-Sagens und bringt Carl dazu, seine Methode auszuprobieren. Der sagt von nun an zu allem und jedem grundsätzlich „Ja“, was zunächst dazu führt, dass Carl ohne Benzin, ohne Telefon und ohne Geld in einem abgelegenen Park festsitzt. Als die lebenslustige Allison (Zooey Deschanel) anbietet, ihn auf ihrem Roller mitzunehmen, scheint sich das Blatt zum Guten zu wenden. Bald lernt Carl das Gitarrenspiel und Koreanisch, wird befördert und verliebt sich in Allison. Doch die wichtigste Lektion muss er noch lernen: die Freiheit zu nutzen, eigene Entscheidungen zu treffen.

    Eine Komödie wie „Der Ja-Sager“, die im Kern auf einer einzigen mehr oder weniger cleveren Grundidee basiert, ist kein Selbstläufer, sondern benötigt die Fähigkeit der Beteiligten, die Ausgangssituation originell und individuell auszugestalten. Jim Carrey hat dieses Talent bereits mehrfach demonstriert, seine wilden Verrenkungen verwandeln solche „Was wäre, wenn?“-Gedankenspiele wie in den besten Momenten von Bruce allmächtig in puren, fröhlichen Eskapismus. Solche von jeder Realität losgelösten Szenen gibt es in „Der Ja-Sager“ kaum, lediglich eine vom angetrunkenen Carl angezettelte Kneipenrauferei und ein irrer Ritt auf einem Motorrad im flatternden Krankenhaushemdchen folgen diesem Muster. Der Wahnsinn mit Methode, den Carrey nach wie vor wie kaum ein Zweiter beherrscht, wird dadurch ausgebremst, dass Peyton Reed (Trennung mit Hindernissen, Down With Love, „Girls United“) und seine Drehbuchautoren unbedingt auch etwas Profundes über die außerfilmische Wirklichkeit aussagen wollen. Sie versehen „Der Ja-Sager“ mit allerlei satirischen Ansätzen, die aber zum größten Teil ins Leere laufen. So bleibt die Darstellung der sektenartigen Versammlung der „Ja“-Fanatiker und ihrer Lehre auf halbem Weg zwischen Delirium und Realsatire stecken. Ähnlich unausgegoren sind Verweise auf die Auswüchse der Sicherheitspolitik in den Zeiten des Anti-Terror-Kampfs. Die Realitätsbezüge sind zu vage, um wirklich zu greifen, gleichzeitig untergraben sie aber das märchenhaft-affirmative Potenzial der Fantasie. Wenn Carl plötzlich lauter Kleinkredite bewilligt, viele Herzenswünsche erfüllt und zugleich die Wirtschaft ankurbelt, ist dies selbst angesichts einer weltweiten Finanzkrise so nur mit Schulterzucken zu quittieren.

    Gleich am Anfang stellt ein Obdachloser die Frage, die einer der Albträume des Ja-Sagers sein dürfte: „Gibst du mir dein ganzes Geld?“ Aber Carl geht es gut, er kann ein leeres Portemonnaie verschmerzen. Die Abgründe des sozialen Wandels, die Gegensätze und Gefährdungen in Krisenzeiten, die in Dick und Jane noch auf reizvolle Art aufgegriffen wurden, werden hier nur angedeutet und bleiben letztlich ausgespart. Die Rolle wirtschaftlicher Interessen bei einer millionenschweren Filmproduktion zeigt sich in „Der Ja-Sager“ indessen auf erstaunlich direkte Weise. Vielleicht war die Platzierung anderer Produkte aus dem Hause Warner als selbstironische Referenz gemeint, herausgekommen ist aber eher uncharmante Eigenwerbung, etwa wenn Carls fast schmerzhaft unlustiger Vorgesetzter Norm (der Komiker Rhys Darby) Kostümpartys mit den Mottos „Harry Potter“ und 300 veranstaltet.

    Neben Norm ist auch Carls von Fionnula Flanagan (The Others, Lang lebe Ned Devine) gespielte Nachbarin im Rentenalter mit der Vorliebe für Oralsex ohne Gebiss als missratene Nebenfigur zu verbuchen. Dagegen ist Bradley Cooper („Alias“, Er steht einfach nicht auf dich) als bester Kumpel des Protagonisten etwas mehr als der übliche langweilige Normalo, die Freundschaft zwischen Carl und ihm erscheint glaubwürdig und echt. In erster Linie ist es aber das Paar Carrey und Deschanel, das für Leben und Gefühl sorgt. Die Chemie zwischen den beiden stimmt trotz des auffälligen Altersunterschieds. Deschanel verleiht der verschrobenen Allison einen verhuschten Charme, aber auch eine gute Portion Verletzlichkeit. Die Romanze, die sich hier zwischen Foto-Jogging, Ganzkörper-Skating und einer Lebensrettung mit Gitarrenbegleitung entfaltet, ist das Herzstück des Films. Hier befreien sich die Akteure vom Korsett des Konzeptkinos und lassen die Magie des Mediums aufblitzen wie es nur echte Filmstars können.

    Möchtest Du weitere Kritiken ansehen?
    Das könnte dich auch interessieren
    Back to Top