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    Saw V
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Saw V
    Von Carsten Baumgardt

    Alle Jahre wieder... kommt das Christuskind. Auf eine nicht ganz so lange Tradition kann eine Cash Cow aus den Vereinigten Staaten zurückblicken, die seit vier Jahren die Kinoleinwände heimsucht und die Kassen heftig klingeln lässt. Die Rede ist von der mittlerweile zum Franchise ausgewachsenen Saw-Reihe. Für die Produzenten erfüllt der in den USA alljährlich zu Halloween startende Horror-Reißer eine ähnliche Funktion wie der Weihnachtsmann. Trotz geringen Budgets spielten die ersten vier Teile weltweit im Schnitt 138 Millionen Dollar ein. Dass sich das Niveau der Serie mit Ausnahme des kultigen Originals mehr oder minder im Mittelmaß eingependelt hat, stört die Fans nicht weiter, weil sich die Marke „Saw“ längst verselbstständigt hat. Mit „Saw 5“ gibt nun Stamm-Ausstatter David Hackl sein Regiedebüt. Der vierte Aufguss ist zwar weiterhin hartes Horror-Kino, das allerdings nicht wie einige Vorgänger die Gewaltpornographie bis zum Exzess übertreibt und generell passabel unterhält.

    Obwohl Serienkiller Jigsaw (Tobin Bell) schon seit einiger Zeit nicht mehr unter den Lebenden weilt, wird „sein Werk“, quasi in dritter Generation, fortgeführt. Nach der ebenfalls abgetretenen Amanda hat Detective Hoffman (Costas Mandylor) das Ruder übernommen und sich von Jigsaw davon überzeugen lassen, dessen mörderisches Treiben fortzusetzen. Hoffman schnappt sich fünf Menschen - die Feuerinspektorin Ashley (Laura Gordon), die Baubehördenmitarbeiterin Luba (Meagan Good), die Stadtplanerin Brit (Julie Benz), den Journalist Charles (Carlo Rota) und den reichen Junkie Mallick (Greg Bryk) - und sperrt sie in eine typische Jigsaw-Versuchsanordnung. Klar: Die fünf haben irgendetwas falsch gemacht. Nach alter Jigsaw-Manier sollen sie nun den Wert des Lebens schätzen lernen, so denn sie die vier tödlichen Räume, durch die sie wie Schlachtvieh getrieben werden, überstehen. Hoffman gerät derweil immer mehr in Bedrängnis. FBI-Profiler Strahm (Scott Patterson) ist Jigsaws Erben dicht auf den Fersen. Nachdem er selbst in eine Falle tappt und sich unter Qualen befreien kann, ist sein Ehrgeiz nur noch größer. Außerdem hegt er bereits den Verdacht, dass jemand aus internen Polizeikreisen in die Jigsaw-Morde verwickelt sein könnte.

    Als Saw Ende 2004 (in den USA) bzw. Anfang 2005 (in Deutschland) auf den Markt kam, war der Film eine Sensation. Der dreckige, für gerade mal 1,2 Millionen Dollar gedrehte Bastard von einem Horrorfilm traf den Nerv einer neuen Generation von Horrorfans, die im Kino genug von weichgespültem Mainstream-Grusel hatten. „Saw“ setzte auf eine ultraharte Gangart, die James Wan und Leigh Whannell gnadenlos bis zum grandiosen Schlusstwist durchzogen. Was einmal originell ist, verliert natürlich in der stumpfen Wiederholung an Strahlkraft. Aber zumindest die Markenzeichen der Serie pflegte Nachfolge-Regisseur Darren Lynn Bousman (Saw 2, Saw 3, Saw 4) konsequent und garantierte so das Interesse der Fans. Zum Beispiel Jigsaw: Obwohl der mit Allmachtsfantasien hausieren gehende Schwachmat bereits in Teil 3 krepierte, ist er aus dem Franchise nicht wegzudenken. Punkt zwei: Härte. Bousman drehte noch einmal an der Goreschraube und legte vor allen Dingen in Teil 2 und 3 ein ordentliches Pfund Blutwurst nach, bis der Zuschauer diese am liebsten wieder ausgespien hätte. Als Konstante Nummer drei sind die zumeist tödlichen Todesapparaturen zu sehen, die im Einfallsreichtum ihrer Konstruktion bis in den fünften Teil kaum Verschleißerscheinungen zeigen. Der Rest ist dezente Variation.

    „Saw 5“ knüpft direkt an den Vorgänger an und will vor allem eines sein: selbstreferenziell. Der Film ist in drei Ebenen aufgeteilt. An der einen Front kämpfen die fünf Opfer in der Falle um ihr Überleben. An einer anderen macht FBI-Mann Strahm Jagd auf Jigsaw-Jünger Hoffman. Ein weiterer Handlungsstrang, der fast schon wie ein „Making Of“ anmutet, beleuchtet in Rückblenden das Geschehen der ersten vier Teile und fügt diesen weitere Nuancen hinzu. Hier darf sich Jigsaw Tobin Bell als eine Art Serienmörderguru ordentlich austoben. Das macht diesmal zwar mehr Sinn als in den Teilen zuvor und ein paar Löcher werden auch gestopft, trotzdem funktioniert jeder der vorherigen Teile auch ohne das neue Wissen aus „Saw 5“ genauso gut. Im Endeffekt bleibt der einzige Grund für die Rückschau, eine glaubhafte Ausrede für das Auftreten von Charakterschädel Bell zu installieren.

    Unstrittig ist: Ohne Tobin Bell wäre „Saw“ zahnlos. Weder Amanda (Shawnee Smith) noch der aktuelle Chefsäger Costas Mandylor („Picket Fences“) können den Meister ersetzen. Dennoch muss Bell mit gebremstem Schaum aufspielen, weil er in den Rückblicken mehr Mentor als Folterknecht ist - zumal seine Leinwandzeit nicht übermäßig üppig ausfällt. Und doch wirft Mandylor nicht halb soviel Charisma in die Nierenschale wie Bell. Überhaupt mangelt es „Saw 5“ mit der genannten Ausnahme an charakterlichen Schwergewichten. Auch ein Scott Patterson („Gilmore Girls“) bleibt als Hauptjäger recht farblos. Daneben spielt sich höchstens noch „serie,6“-Star Julie Benz (John Rambo) halbwegs ins Gedächtnis, die weiteren Darsteller sind lediglich Blutfutter. Aber Ex-Ausstatter David Hackl stellt sich bei seiner ersten Regiearbeit gar nicht mal ungeschickt an. Vor allem führt er „Saw“ endgültig aus der Sackgasse, den Blutzoll immer höher ansetzen zu müssen, indem er wieder mehr Wert auf eine homogene Inszenierung legt, wodurch das Franchise nicht vollends in Torture-Porn-Stückwerk zerfällt.

    Selbst wenn die Originalität der „Saw“-Sequels dem Erstling nie das Wasser reichen konnten, so gilt dies nicht unbedingt für die Folterfallen. Im fünften Teil geht es gleich zu Beginn mit einem Poe‘schen Pendel zur Sache. Später werden Köpfe von Hälsen getrennt, Extremitäten zermalmt, der Fluss von Elektrizität getestet und dem Adlerlass eine völlig neue Bedeutung gegeben: Es gibt einiges Neues von der Folterfront. Wer bisher mit der „Saw“-Reihe zurecht kam, wird sich auch im neuen Aufguss nicht langweilen, zumal die verschiedenen Stränge recht gut miteinander harmonieren und wieder mehr wie aus einem Guss wirken. Auf der Negativseite läuft der obligatorische Schlusstwist diesmal nahezu ungebremst ins Leere. Er kündigt sich zu früh und zu offensichtlich an.

    Fazit: „Saw 5“ ist gewiss kein Kindergeburtstag, aber dennoch der bisher - mit Ausnahme des Originals - unblutigste Film der Reihe. Dafür wirkt die Handlung diesmal wieder einen Tick eleganter, ohne dabei Innovationspreise zu gewinnen. Was bleibt, ist ein solider B-Horrorfilm, der die Fangruppe bedient und alle anderen, die sowieso noch nie etwas mit „Saw“ anfangen konnten, garantiert nicht bekehren wird. Auch wenn mittlerweile vermehrt Stimmen laut werden, es sei nun endlich mal genug, ist ein Ende doch noch lange nicht in Sicht. Solange die Filme noch derart profitabel sind, wird weitergekurbelt. Saw 6 ist bereits angekündigt. Dann darf sich Chef-Cutter Kevin Greutert auf dem Regiestuhl versuchen. Und bis aus dem harten Kern der Crew jeder einmal die Zügel in der Hand hielt, können noch einige Jahre vergehen…

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