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    Game Over - Spiel mit dem Teufel
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Game Over - Spiel mit dem Teufel
    Von Samuel Rothenpieler

    Magie, Mystik, Action, Humor und eine Brise Horror. Klingt fast nach Spiel, Spaß und Spannung. Die Regisseure Mans Marlid und Björn Stein haben einiges daran gesetzt, ihr Erstlingswerk „Storm“ so aufregend und berauschend wie möglich zu gestalten. Der Anspruch scheint kein anderer zu sein, als einen neuen Kultfilm zu erschaffen, der mit starken Charakteren, halsbrecherischer Action und comicverwandter Erzählstruktur neue Maßstäbe setzen soll. Alles, was in letzter Zeit an Innovationen und Trends den Filmmarkt überschwemmte – Comicverfilmungen, mystische Neuzeitmärchen, Martial-Arts und der Matrix-Kult – finden in „Storm“ Eingang. Der Schwede behält sich jedoch gegenüber allen Referenzen eine Besonderheit vor: Die Grundidee des Filmes ist eine künstlerische, bühnengerechte Darstellung eines rein menschlichen, kognitiven Phänomens. Das Vorhandensein eines moralischen Gewissens ist eine unangefochtene Tatsache. Doch nie zuvor hat sich jemand in ernsthafter Weise an die für gewöhnlich mit „Engelchen“ und „Teufelchen“ vermittelte Materie herangewagt. „Storm“ macht zumindest den Versuch, dem abergläubischen Kampf zweier widerstreitender Mächte um eine elende Menschenseele mit einer gewissen künstlerischen Expressivität zu begegnen.

    Donny Davidsson (Eric Ericson), genannt DD, lebt das typische Leben eines durchschnittlichen Großstädters. Sein Job als Lifestyle-Journalist verschafft ihm Zugang zu den edelsten Partys und angesagten Stockholmer Events - immer auf dem Sprung und ständig mittendrin. In dieser Glamourwelt scheint Donny nichts mehr aus der Bahn zu werfen, nichts noch aufregenderes möglich zu sein. Eines Nachts geschieht jedoch etwas unerwartet Merkwürdiges: Eine aufgewühlte Frau stürzt sich, verfolgt von dunklen Gestalten, in Donnys Taxi. Einige Sekunden und zahlreiche zerschossene Glasscheiben später ist sie wieder verschwunden. Kurz darauf wird Donny in seiner Wohnung von der geheimnisvollen Promise (Eva Röse) mit der Bitte aufgesucht, einen glänzenden Würfel in seine Obhut zu nehmen. Ist das alles vielleicht nur ein schlechter Witz? Donny, dessen Wohnung Minuten danach von den dunklen Gestalten nach dem Würfel durchwühlt wird, macht sich auf die Suche nach einem Hinweis, den er auf einer Streichholzschachtel entdeckt. „Storm“, ein beliebtes Computerspiel, soll sein Leben für immer verändern. Für Donny beginnt ein höllischer Trip, der ihn zurück in seine dunkle Vergangenheit führt.

    Völlig unbedarft und hilflos schlittert der oberflächliche Partylöwe Donny in eine andere Welt, die sein Leben bedroht. Was ist real und was nicht? Donny ist dies anfangs nicht klar. Ist er vielleicht nur gefangen in einen Computerspiel? Oder ist das alles nur ein schauriger Traum? Die Erzählstrukturen von „Storm“ sind zu komplex, um diese Fragen auf Anhieb zu beantworten. Auf diese Weise wird das Publikum mit in die Geschichte hineingerissen, ohne sich erklären zu können, was hier gerade vor sich geht. Eric Ericson ist der einzige Fixpunkt, an dem man sich orientieren kann. Die Mischung aus Mystery, Horror und Anteilen von Slapstick macht es dem Zuschauer aber nicht gerade leicht, einen roten Faden und damit einen rechten Zugang zum Film zu finden.

    Auf einmal wechseln die Schauplätze, Charaktere und Stimmungslagen und damit die Emotionen und Regungen des Zuschauers. Erst gegen Ende verdichten sich die Handlungsstränge der Geschichte annähernd zu einem Ganzen. „Storm“ erzeugt dabei einen starken Spannungsbogen, verblasst jedoch zunehmend, da die humorigen Zwischenspiele den mysteriösen und spannenden Momenten in teils unbeholfener Weise die Schlagkraft nehmen. Zuletzt mangelt es dem Film daran, über eine gute Idee hinaus noch etwas Ansprechendes zu bieten. Der sich ständig steigernde Spannungsbogen spricht zwar an, aber an einer sinnvollen Auflösung der vielen Handlungsstränge und verwandten Motive bleibt „Storm“ schuldig.Das eigentliche moralische Motiv des Filmes entpuppt sich eher als Farce, denn als anspruchsvoller Aufhänge. So lässt sich der eigentliche Kern, die bekannte Moral der Geschichte, auf eine simple Kurzform bringen: Was du nicht willst, das man dir tue, das füg auch keinem anderen zu! Nicht mehr und nicht weniger.

    Ganz offensichtlich wird kein Hehl daraus gemacht, dass „Storm“ einige markige Vorbilder besitzt. Der Look des Filmes ist eng an Matrix orientiert. Die Geschichte erinnert in Ansätzen an Filme wie Constantine und Wächter der Nacht. Die mystischen Motive und Bilder, der ewige Kampf Gut gegen Böse, dies alles scheinen unmittelbare Auswirkungen eines modernen Hypes zu sein, der jetzt schon nicht mehr aufzuhalten ist. Die entscheidende Frage ist deshalb: Kann der Film überhaupt noch mit einer eigenständigen Leistung aufwarten oder verblasst er angesichts der hochkalibrigen Vorbilder? Zwar ist der Hauptdarsteller Eric Ericson ein überaus talentierter Charakterkopf, der dem Film einen gewissen Charme verleiht, doch der Plot ist nicht annähernd so originell, wie er vielleicht im ersten Moment klingt. Vielmehr wirkt die Geschichte zweier widerstreitender Mächte, die sich um einen Abtrünnigen reißen, für solch eine Thematik zu aufgesetzt und abgenutzt. Aus dem gleichen Grunde wird man das Gefühl nicht los, dass einige Charaktere und Handlungsstränge einfach nur überflüssig sind.

    „Storm“ versucht einzig und allein durch schlichte, wenn auch brillante Optik und einer fantastischen Geschichte - in der Comicstrips, stilvolle Charaktere und tiefschwarzer Humor für einen Wiedererkennungswert mit sämtlichen Blockbustern der letzten Jahre sorgen – zu überzeugen. Das düstere Stockholm erinnert stark an Sin City von Frank Miller und sorgt für atmosphärische, beklemmende Stimmung. Der Film ist somit optisch und stilistisch durchaus ansprechend und manchmal reicht dies aus, einen durchschnittlich bis schlechten Film erheblich aufzuwerten. Alles in allem jedoch ist die erkennbare Unterfinanzierung des Filmes nicht gerade förderlich, den hehren Ansprüchen gerecht zu werden. Immer wieder zeichnen sich Low-Budget-Produktionen durch einige gute Ideen aus, besitzen aber nicht die Kapazitäten, die Sache auch bis zum Ende bruchsicher umzusetzen. Vor allem in storytechnischer Hinsicht ist der Film äußerst unausgereift. Trotzdem: „Storm“ ist alles andere als eine herbe Enttäuschung.

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