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    Der Generalmanager oder How to sell a Tit Wonder
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Der Generalmanager oder How to sell a Tit Wonder
    Von Stefan Ludwig

    Martin Baldauf ist ein Phänomen. Mit seiner Unnachgiebigkeit, seinen wasserfallartigen Redeschwällen und seiner überzogenen Dreistigkeit zieht er den Zuschauer in seinen Bann. Regisseur Steffen Jürgens verfolgte den Ex-Manager von Busenwunder Lolo Ferrari über mehrere Jahre mit der Kamera und fasst die Highlights nun in seiner aufschlussreichen Dokumentation „Der Generalmanager oder How To Sell A Tit Wonder“ zusammen. Der selbsternannte Generalmanager tingelt mit dem operierten Pseudo-Kunstwerk durch das deutsche „Unterschichtenfernsehen“, tritt zum Beispiel in der Talkshow von Bärbel Schäfer auf. Nach Lolo Ferraris Tod versucht Baldauf nach einer kurzen Anstands-Verschnaufpause, die ebenfalls mit üppiger Oberweite ausgestattete Engländerin Ashley Bond als Klientin zu ködern. Es ist wahrhaft ein Genuss, ihm bei seinem grandiosen Scheitern zuzusehen – so makaber sich das auch anhören mag.

    Nur drei Wochen nach dem mysteriösen Ableben von Lolo Ferrari, dessen genaue Umstände bis heute ungeklärt sind, tritt ihr Manager Martin Baldauf in einer Talkshow auf, in der die neue Lolo Ferrari gesucht wird. Er möchte sich nicht zu den Chancen der Kandidatinnen äußern, behauptet er. Wie wenig diese Aussage jedoch mit echter Trauer zu tun hat, beweist sein nächster Coup: Er tourt mit Ashley Bond durch Deutschland, um auch sie mit einem ähnlichen Titten-Konzept zum Star zu machen. Das Motto: Was zählt, sind die Brüste.

    Schnell macht sich beim Zuschauer Verwunderung breit: Kann es diesen Manager, der in sein Telefon bellt, als würde er einen A-Promi-Megastar vertreten, obwohl er in Wahrheit mit einem C-Sternchen mit Riesenmöpsen von einer Dorfdisco zur nächsten tingelt, wirklich geben? Immer wieder wähnt man sich in einer Mockumentary, einer gefakten Dokumentation. Zu abstrus ist der Wahnsinn, den der Egomane Baldauf zur Methode macht. Doch diesen sich selbst überschätzenden Manager gibt es, so unglaublich es auch scheinen mag, tatsächlich.

    Zu Beginn der Dokumentation widmet Regisseur Steffen Jürgens einen längeren Prolog dem Busenwunder Lolo Ferrari. Mit der Aufstockung ihrer Oberweite auf sagenhaften 130 Zentimeter hatte sie den Grundstein für eine zweifelhafte Karriere gelegt. 22 Schönheitsoperationen ließ sie sich von ihrem 15 Jahre älteren Mann Eric Vigne bezahlen. Im Alter von 32 Jahren starb sie unter bisher ungeklärten Umständen. Die Staatsanwälte gingen von Ersticken aufgrund ihrer Silikonimplantate als Todesursache aus. Der Ex-UN-Polizist Martin Baldauf begann als Fahrer bei Lolo Ferrari, bevor er zu ihrem Manager aufstieg. Er vertrat das „menschliche Kunstwerk“, wie er sie selbst nannte, mit einer polternden Art und fast schon bewundernswerten Penetranz.

    Baldauf steht immer im Mittelpunkt. Als er sich selbst als hyperaktive Nervensäge vorstellt, die zu viel redet und fürchterlich nervös ist, trifft er den Nagel auf den Kopf. Er ist unheimlich stolz darauf, dass er zu den jüngsten Managern Europas zählt. Eigentlich wäre er selbst gern ein Star. Doch sein lächerliches Auftreten, das von einem Wirrwarr aus Lügen und Selbstüberschätzungen bestimmt ist, das er selbst nicht entwirren könnte, spricht eine andere Sprache. In Wahrheit steht Baldauf immer im Schatten seiner Erotikstars und kann in keinem Moment daraus hervortreten. Doch nicht nur Baldauf, auch Steffen Jürgens schlägt in Sachen Penetranz bisweilen über die Stränge. Selbst in Momenten, in denen Baldauf die Kamera gerne wegdrehen möchte, hält der Regisseur voll drauf. Hier wird die Grenze zwischen Dokumentation und öffentlicher Demütigung mehr als einmal überschritten.

    Nach Lolo Ferraris Tod suchte Baldauf eine Nachfolgerin. Nur fünf Wochen Verschnaufpause lagen zwischen Ferraris Ableben und seiner Promotiontour mit Ashley Bond quer durch Deutschland. Doch Bond ist zu schlau, um sich vom hektischen Baldauf um den Finger wickeln zu lassen. Nach wenigen Tagen ist die Operation „Neues Busenwunder für Deutschland“ gescheitert. Es ist überraschend aufregend, dieses grandiose Scheitern als Zuschauer hautnah mitzuerleben. Baldauf möchte mit Bond einen Song produzieren. Dafür nutzt er das Studio des Produzenten von Schlagerbarde Jürgen Drews, den Baldauf zu seinen Freunden zählt (ob Drews, der im Film einige Male zu sehen ist, das Verhältnis auch als freundschaftlich bezeichnen würde, steht auf einem ganz anderen Blatt). Der Produzent entgegnet auf die Frage nach Bonds musikalischen Fähigkeiten, die Figur sei ein Brett. Damit stehen die Präferenzen fest.

    Fazit: „Der Generalmanager oder How To Sell A Tit Wonder“ ist als Chronik des grandiosen Scheiterns eines größenwahnsinnigen Tittenmanagers jedem zu empfehlen, der aus seiner Schadenfreude keinen Hehl macht. Spätestens wenn Martin Baldauf bei einem Anwalt, der die Managementverträge aufsetzen soll, die Brüste von Ashley Bond mit einer Hundeleine ausmisst, ist endgültig klar, dass dieser Mann nur abstürzen kann. In Hamburg bestellt Baldauf verschiedene Medien zu einem Fotoshooting, wobei er jeder einzelnen Zeitung eine exklusive Story verspricht. Selbst als ihn die erschienenen, sehr wütenden Journalisten ordentlich zur Sau machen, bellt er in sein Handy, als hätte er einen Weltstar zu verkaufen. Das wirkt auf den Zuschauer wie die pure Farce. Kann es dieser Mann mit seiner egozentrisch-schrägen Rumpelstilzchen-Tour wirklich ernst meinen? Ja, er kann! Pech für ihn, Glück für den amüsierten Zuschauer.

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