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    The Call 2
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    The Call 2
    Von Nicole Kühn

    Von einem Genrewerk wie Renpei Tsukamotos „The Call 2“ ist sicherlich kein Meilenstein der Filmgeschichte zu erwarten, aber der Grusel-Thriller wartet immerhin mit einigen Akzenten und Feinheiten auf, die aus dem altbekannten Plot um mysteriöse Serienmorde eine interessante Variation machen und sich nicht auf die Darstellung möglichst perverser Grausamkeiten beschränken. In den Gefilden des auf der Stelle tretenden Horrors und auch im Hinblick auf den Asia-Horror ist der Film also durchaus eine Bereicherung für den Direct-To-DVD-Markt.

    Als in Tokio nach einem mysteriösen Handytelefonat ein Mann grausam ermordet wird, kommt schnell die Erinnerung an die schreckliche Mordserie auf, die ein Jahr vorher Angst und Schrecken verbreitet hat. Spätestens der zweite Todesfall macht klar, dass der Schrecken wieder da ist. Wie damals wird den Opfern ihr bevorstehender und unausweichlich erscheinender Tod per Anruf angekündigt. Allerdings ist dieses Mal etwas anders: Hatten in der ersten Mordserie alle Opfer ein rotes Bonbon im Mund, so fehlt dieses nun. Stattdessen findet sich in der Lunge der Leichen feiner Staub. Detective Motomiya (Renji Ishibashi) steht vor einem Rätsel. Die Spur jedoch führt die unter tiefen Schuldgefühlen leidende und auf eigene Faust ermittelnde Takako (Asaka Seto) in eine entlegene Bergbaugegend nach Taiwan. Mit ihr auf der Suche nach dem Geheimnis der tödlichen Anrufe ist die junge Kyoko (Mimura), die ebenfalls eine Todesbotschaft erhalten hat, mit ihrem Freund Naoto (Yu Yoshizawa). Durch hartnäckiges und unerschrockenes Forschen stoßen die drei unter anderem auf die Jahre zurückliegende schaurige Geschichte eines kleinen Mädchens, das auf bestialische Weise ermordet wurde.

    Atmosphärisch an den ersten Teil The Call anknüpfend, schafft diese Fortsetzung das seltene Kunststück, zeitgleich mit einer Neuauflage nach bekanntem Strickmuster auch das Original mit in die neue Handlung zu integrieren. Geschickt werden die Elemente beider Storys miteinander verwoben, ohne preiszugeben, in welchem Handlungsstrang man sich gerade befindet. Das sorgt zwar an manchen Stellen für Verwirrung, an anderen aber so regelmäßig für Aha-Effekte, dass man nicht aus dem Geschehen aussteigt. Die Nebenhandlungen legen mit allerlei grausigen Geschichten Fährten zum Kern des Rätsels, bleiben in sich jedoch vorerst ohne befriedigende Auflösung. Der Spannungsaufbau funktioniert trotz dieser drohenden Verzettelung in Unwesentlichem auch für Genrekenner bis zum Finale, weil die Erwartungen an Schock- und Gruseleffekte erfüllt werden, gleichzeitig aber jegliche Wiederholung vermieden wird. Eine Ausnahme bilden die Telefonanrufe mit dem Unheil verkündenden, an eine Spieluhr erinnernden Klingelton, und die erzielt gerade durch die gnadenlose Wiederkehr des Gleichen eine schaurige Spannung. Damit schickt Regisseur Renpei Tsukamoto den Zuschauer in einen Irrgarten der angedeuteten Erklärungsmuster, aus dem er ihn erst mit der letzten Einstellung entlässt.

    Positiv überraschend ist die Wendung ins Kriminalistische mit einem Schuss Suspense, die vor allem in der zweiten Hälfte neue Akzente setzt und die puren Horrorelemente in den Hintergrund rückt. Obwohl die Figur der unter dem Kindheitstrauma, sich für den gewaltsamen Tod der Zwillingsschwester verantwortlich zu fühlen, leidenden Takako haarscharf an der Unglaubwürdigkeit der Übertreibung entlang schlittert, folgt man der jungen Frau willig in ihrer Suche nach Vergebung, die sie in der Lösung des Falles zu finden hofft. Ihre Begleiter, das junge Paar Naoto und Kyoko, sind durch eine unschuldige, intensive Liebe einander verbunden und dafür fleißig in die Schule aufopferungsvollen Heldentums gegangen. Ob sie zur Belohnung auch ein klassisches Happy End bekommen?

    Es ist nicht die erste Riege an Darstellern, die sich in diesem Theater des Grauens durch das Dickicht von Schuld und Sühne, Rache und Vergebung kämpft. Die Leistungen sind dennoch durchaus passabel. Entsprechend verhält sich die Kamera, die den Ereignissen als neutraler Beobachter beiwohnt, ohne nennenswerte eigene Akzente zu setzen. Den Darstellern rückt sie selten wirklich auf die von Perlen des Angstschweißes benetze Haut und gibt ihnen damit auch relativ wenig Raum. Einige Einstellungen markieren immerhin ein nettes Spiel mit den Bildern, die in der modernen Welt so bestimmend sind. Die inhaltliche Verwebung mit dem ersten Teil wird durch das erneute Auftreten von Detective Motomiya und dem in größeren Nebenrollen japanischer Filme viel beschäftigten Renji Ishibashi (unter anderem zu sehen in Shinobi) auch personell verstärkt. Allerdings bleibt seine Rolle im aktuellen Fall ein wenig unterbelichtet, wenn auch nicht unbedeutend. Da sich der Film Zeit nimmt, zumindest in groben Zügen auch die Beziehungen unter den Personen darzustellen, statt von einer blutigen Gräueltat zur nächsten zu hetzen, zeigt er in einigen kleinen Details auch typisch asiatische Gepflogenheiten. Wie die zarte Liebe zwischen Kyoko und Naoto angesichts des drohenden Todes nahezu überirdischen stark wird, spiegelt die Beziehungsnormen auch des modernen Japan ganz nebenbei wieder. Auch die Szene im Polizeirevier zeugt von den streng reglementierten Verhaltensvorschriften innerhalb der klaren Hierarchien.

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