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    Itty Bitty Titty Committee
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Itty Bitty Titty Committee
    Von Christoph Petersen

    Nach ihrer Mitarbeit am Drehbuch zu David Finchers The Game und einigen Kurzfilmen legte Regisseurin Jamie Babbit 1999 mit der lesbischen, quietschbunten, satirisch angehauchten Indie-Romantik-Komödie „Weil ich ein Mädchen bin“ ein Langfilmdebüt vor, das auf den einschlägigen Festivals hervorragend ankam und selbst in Deutschland eine Kinoauswertung erfuhr. Doch statt ihr neugewonnenes Renommee zu nutzen, um weiter im Independent- und Undergroundmetier zu wüten, zog es Babbit zum finanziell lohnenswerteren Fernsehen. Episoden solch unterschiedlicher Hitserien wie „Malcom mittendrin“, „Nip/Tuck“, „Alias“, „Gilmore Girls“ und „The L Word“ gingen seither auf ihr Konto. Mit der radikal-feministischen Satire „Itty Bitty Titty Committee“ ist Babbit nun zu ihren unabhängigen Wurzeln zurückgekehrt – ein Wagnis, das sich für den Kinobesucher definitiv auszahlt: Das Ergebnis ist ein schamloser, bissiger und selbstbewusster Funfilm, der offensiv seine emanzipatorischen Botschaften raushaut und dabei trotzdem unheimlich viel Spaß macht.

    Anna (Melonie Diaz) ist frustriert – obwohl sie gerne aufs College gehen würde, hängt sie in ihrem Job als Empfangsdame in einer Schönheitsklinik fest. Hoffnung keimt auf, als sie eines Nachts der charismatischen Sadie (Nicole Vicious) begegnet, die den Eingang der Klinik mit Anti-Brustvergrößerungs-Parolen vollsprayt. Sadie lädt Anna zu einem Treffen ihrer Frauen-Guerilla-Gruppe „Clits In Action“ (kurz C.I.A.) ein. Das Ziel der Truppe ist, mit Hilfe von künstlerisch ambitionierten Untergrundaktionen feministische Werte zu propagieren – etwa, indem viel zu dürre Schaufensterpuppen kurzerhand durch realistischer proportionierte Modelle ersetzt werden (Motto: „Women come in all shapes!“). Doch die Bewegung hat mit zwei großen Problemen zu kämpfen. Zum einen werden ihre Aktivitäten von den Medien kaum wahrgenommen. Zum anderen ist Anna tierisch in Sadie verschossen, welche wiederum unter der strengen Fuchtel ihrer etablierten, älteren Professorinnen-Freundin Courtney (Melanie Mayron) steht. Diese unglückliche Liaison hat das Zeug dazu, die C.I.A. in ihren Grundfesten zu erschüttern…

    „Mösen, macht mobil!“ Seine stärksten Momente hat „Itty Bitty Titty Committee“ immer dann, wenn die C.I.A. eine ihrer Aktionen starten: Da wird eine Pro-Homo-Ehe-Demonstration gecrasht – aber nicht etwa, um für Lesbenrechte einzutreten, sondern um die Institution der Ehe gleich ganz abzuschaffen (die Nummer endet übrigens mit einem gepfefferten Faustschlag in die Fresse einer reaktionären Christentante). Seinen Höhepunkt findet die Frauenpowerbewegung schlussendlich in der Sprengung des Washington Monuments, das zu sehr an ein Phallussymbol erinnert und so für die männliche Dominanz in der Gesellschaft steht. Nebenbei führt die Satire pointiert festgefahrene Geschlechterklischees ad absurdum: Auf die Frage, ob sie denn nun froh sei, endlich aus dem Krisengebiet heraus zu sein, antwortet die lesbische Irakkriegsveteranin: „No, I like to blow things up!“ Auf die Frage, warum Lesben aus der Army geworfen werden: „The Men are envious, because we get more pussy.“ Angenehm ist auch, dass der Film sein modernes Frauenbild zwar selbstbewusst und offensiv vorträgt, dabei aber nicht den billigen Weg einschlägt und das männliche Personal zu dümmlichen Witzfiguren degradiert.

    Getragen werden die satirischen Elemente von einer romantischen Komödie. Dass die Liebesgeschichte zwischen Anna und Sadie auch emotional voll einschlägt, ist dabei vor allem den beiden überzeugenden Hauptdarstellerinnen zu verdanken: Melonie Diaz (Fell The Noise) hat sich zuletzt in Michel Gondrys Hobbyfilmer-Komödie Abgedreht, in dem ihr als kecke Waschfrau mit Schauspielambitionen die Sympathien der Zuschauer zuflogen, zum ersten Mal einem größeren Publikum präsentiert. Doch auch in dem zuvor abgedrehten „Itty Bitty Titty Committee“ stellte die hübsche Amerikanerin puertorikanischer Abstammung ihr komödiantisches Talent bereits eindrucksvoll unter Beweis. Nicole Vicious, die optisch ein wenig an Jenna Elfman in der Sitcom „Dharma & Greg“ erinnert, blieb der große Durchbruch zwar bislang noch verwehrt – nichtsdestotrotz sieht sie nicht nur verdammt heiß aus, sondern entpuppt sich auch als wandlungsfähige Schauspielerin: Gegenüber Anna ist sie die selbstbewusste, flippige, treibende Kraft, doch sobald Freundin und Finanzier Courtney ins Spiel kommt, mimt Vicious genauso gekonnt auch das Duckmäuschen mit Mutterkomplex.

    Fazit: Subversiv, sexy und saukomisch - Jamie Babbit ist mit „Itty Bitty Titty Committee“ eine herrlich rebellische Frauenpowersatire gelungen.

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