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    Solomon Kane
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Solomon Kane
    Von Jan Hamm

    Das Geheimnis des Stahls mag uns nach wie vor Rätsel aufgeben, dafür aber wissen wir seit John Milius' Testosteron-Orgie „Conan - Der Barbar", was das Beste im Leben eines Mannes ist: „Den Feind zu verfolgen, ihn zu vernichten und sich zu erfreuen am Geschrei der Weiber!" Mit diesen markanten Zeilen erfuhr die 1932 von Pulp-Autor Robert E. Howard erschaffene Figur ein halbes Jahrhundert später eine Renaissance und inspirierte zahlreiche Neuinterpretationen - vom TV-Schund bis zum Online-Rollenspiel. Inwiefern die Version von Milius und Co-Autor Oliver Stone nun dem Geist der Howard-Vorlage entspricht, ist diskutabel. In jedem Fall aber haben die beiden eine Ikone aus der Taufe gehoben - und das nicht zuletzt dank Arnold Schwarzeneggers infantil-würdevoller Leinwandpräsenz. Ob Michael J. Bassett mit seiner Adaption des weniger bekannten Howard-Stoffes „Solomon Kane" auf lange Sicht vergleichbares gelingt, darf bezweifelt werden. Dafür fehlt seinem Film die archaische Eleganz des Milius-Werkes und es liegt das längst zum Nostalgie-Objekt erhobene maskuline Körperkino der 80er in zu weiter Ferne. Dennoch ist Bassett mit seinem unapologetischen B-Movie eine grimmige, mit biblischer Metaphorik vollgestopfte Erlösungsmär in kalten Winterbildern gelungen, die von einem umwerfend charismatischen James Purefoy ohne falsche Verlegenheit ausgespielt wird.

    Plündernd zieht Piratenfürst Solomon Kane (James Purefoy, „Rome") durch die Lande, gefürchtet selbst von den eigenen Männern. Und die Quittung lässt nicht lange auf sich warten. Gevatter Tod höchstpersönlich schält sich aus den Schatten, um Kanes Seele zu kassieren. Mit letzter Kraft kann der Verdammte seinem Schicksal entrinnen und sich in einer britischen Monastei verschanzen. Ein Jahr lang übt Kane sich in Demut - bis er aufgefordert wird, den sicheren Hafen zu verlassen und die lauernden Blicke des Leibhaftigen vom geistlichen Treiben seiner Brüder fort zu lenken. Im Chaos pestilenzgeplagter Winterlandschaften trifft der geläuterte Söldner auf William Crowthorne (Pete Postlethwaite, „Kampf der Titanen"), der ihn in den Kreis seiner Familie aufnimmt und auf einen Trek in die Neue Welt einlädt. Doch ganz so leicht lässt sich der Teufel nicht ausmanövrieren. Marodierende Schergen unter dem Befehl des Schwarzmagiers Malachi (Jason Flemyng, „Der seltsame Fall des Benjamin Button") überfallen die Crowthornes, verschleppen Tochter Meredith (Rachel Hurd-Wood, „Das Parfum") und zwingen einen verzweifelten Mann des Friedens, einmal mehr zur Klinge zu greifen...

    In bester Conan-Tradition steht auch „Solomon Kane" vor einem Mysterium, dessen Entschlüsselung existenzielle Dringlichkeit hat. Unter der Federführung Bassetts ergründet der Titelheld nicht das Geheimnis des Stahls, sondern das der Gnade Gottes. Und in beiden Fällen hat das wenig mit Howards frühen Pulp-Episoden zu tun, die im Weird-Tales-Magazin neben den Kurzgeschichten seines Freundes H.P. Lovecraft publiziert wurden. Ähnlich wie damals Milius und Stone emanzipiert sich auch Bassett von der Vorlage und gibt mit einer griffigen Exposition seine eigene Version der ursprünglich simpel gezeichneten Dämonenjäger-Figur vor: einen gepeinigten Mann, der nach der Reinigung seiner verdorbenen Seele strebt. Freilich wäre ein Sword-&-Sorcery-Streifen wenig wert, würden sich nach dem pazifistischen Intermezzo nicht sofort wieder die Klingen kreuzen. Doch Bassetts schlanke Narration feilt die tragischen Untertöne des Kriegermönchs weiter effizient aus, etwa im Gespräch mit Ersatzbeichtvater William oder wenn Kane erschrocken realisiert, wie bedrohlich er einem traumatisierten Bauernmädchen gegenüber auftritt.

    Es ist nur konsequent, dass Kanes Suche nach Erlösung über christliche Motive auserzählt wird. Im 16. Jahrhundert etablierte der Mystiker Johannes vom Kreuz die „dunkle Nacht der Seele" als Ausdruck einer spirituellen Krise. Er sprach von der unerträglichen Einsamkeit des Gläubigen, der die Stimme seines Gottes nicht länger vernimmt und darüber seine sinnstiftende Weltdeutung einbüßt. Auch bei Bassett bleibt der himmlische Vater stumm. Der Zweifel nagt, bis Kane schließlich meint, die personifizierte Reinheit in Gestalt Merediths in diesem Meer verfallender Glaubensmonumente verloren zu haben. Ornamentiert wird das zentrale Motiv durch biblische Referenzen - sei es in der bereits im Namen des Protagonisten angelegten Kain-und-Abel-Variante, im an Hiob gemahnenden Härtetest durch den Verlust der Familie, oder gleich in einer Kreuzigungssequenz, deren Anordnung die Hinrichtung Christi auf dem Hügel Golgatha nachstellt.

    Bassetts Inszenierung zielt selbstbewusst auf christliches Pathos ab - und verleiht Kanes spiritueller Irrfahrt so eine bemerkenswerte Tragweite. „Solomon Kane" kennt dabei keine postmoderne Ironie, kein spätaufklärerisches Wegblinzeln: Der große Entwurf Religion bleibt als Bühne für Kanes dunkle Nacht der Seele intakt. Spielerisch webt Bassett diese ehern bedeutsamen und tief in der abendländischen Erzählkultur verwurzelten Motive in Howards Sword-&-Sorcery-Szenario ein, ohne den trashigen Aspekt des Films zu leugnen. Dass das Finale effekthascherisch ausfällt und „Solomon Kane" keinen profilierten Antagonisten aufweist, ist verschmerzbar. Denn konzeptionell steht der Streit des tragischen Heroen gegen sein diabolisches Alter Ego im Mittelpunkt - ein Konflikt, den James Purefoy nuanciert vom bußfertigen Pilger bis zum entfesselten Berserker abbildet. Sein raubeinig-charmanter Auftritt sorgt dafür, dass die eigensinnige Howard-Adaption keine theologische Abhandlung im dreckigen Genre-Gewand bleibt, sondern zudem auch noch eine Menge Spaß macht.

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