Mein Konto
    My One and Only
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    My One and Only
    Von Daniela Leistikow

    Er habe in seinem Leben wahrscheinlich nur ein halbes Dutzend ähnlich gute Drehbücher wie das zu seinem neuen Film „My One And Only“ gelesen, so Regisseur Richard Loncraine, der mit seiner Komödie in letzter Minute den Wettbewerb der Berlinale 2008 vervollständigte. Eigentlich war die Anmeldefrist bereits abgelaufen, aber nachdem die Organisatoren den Film gesehen hatten, kam „My One And Only“ auf die Warteliste und glücklicherweise dann auch noch in die wichtigste Sektion des Programms, erzählte Loncraine auf der Pressekonferenz freudestrahlend. Viele Zuschauer dürften die Vorführungen der Komödie mit einem ebenso breiten Lächeln verlassen. „My One And Only“ unterhält durch geistreiche Späße, tolle Schauspieler, schöne Kostüme, den guten Soundtrack – und nicht zuletzt durch ein in der Tat hervorragendes Drehbuch.

    New York, 1954. Die Ehe von Dan (Kevin Bacon) und Ann Devereaux (Renée Zellweger) ist am Ende. Sie erwischt den semi-prominenten Bandleader beim Fremdgehen und packt daraufhin zuerst ihre schicke Garderobe und dann ihre Söhne George (Logan Lerman) und Robbie (Mark Rendall) in einen brandneuen Cadillac, um auf die Jagd nach Ehemann Nummer drei zu gehen. George nervt die Naivität seiner Mutter, die auf Probleme mit dem Spruch „Alles wird sich schon zum Besten wenden“ reagiert. Robbie beschäftigt sich hauptsächlich damit, seiner Mutter die zum Outfit passenden Handtasche auszusuchen. Doch seit Ann zuletzt auf der Suche nach einem Mann zum Heiraten war, hat sich einiges verändert. Gewalttätige Psychopathen wie Colonel Harlan (Chris Noth, Sex and The City) scheinen nun in der Überzahl zu sein und auch die alte Maxime „All the good ones are taken“ wird ein ums andere Mal bestätigt, während Ann von Stadt zu Stadt zieht und immer verzweifelter nach einem Versorger für sich und ihre Söhne sucht...

    Überaus amüsant erzählt „My One And Only“ die Geschichte des jungen George Hamilton (Der Pate III, „Liebe auf den ersten Biss“), der mit „Crime & Punishment, USA“ 1959 seinen Durchbruch als Schauspieler hatte, und als Teenager tatsächlich mit Mutter und Halbbruder quer durch die USA tingelte. Das Drehbuch von Charlie Peters wiederum wanderte schon seit zehn Jahren von Schreibtisch zu Schreibtisch. Kein großes Studio wollte den Film finanzieren. Das Budget von „My One And Only“ war daher eher klein, doch das macht sich nur selten bemerkbar. Produzent Aron Ryder, der schon für Überraschungserfolge des Independent-Kinos wie Memento und Donnie Darko verantwortlich war, hat die Gabe, aus begrenzten finanziellen Ressourcen das Bestmögliche herauszuholen.

    Aber auch ein Film, der von Anfang bis Ende Spaß macht, kann kein Kassenschlager werden, wenn niemand von ihm Notiz nimmt. Da ist die Mitwirkung einer Oscar-Gewinnerin wie Renée Zellweger (Ein verlockendes Spiel, Bridget Jones - Schokolade zum Frühstück) bei "My One And Only" natürlich ein Ass im Ärmel, mit dem Interesse geweckt werden kann. Und Kevin Bacon (Mystic River), der nach Filmen wie „Hollow Man“ seine besten Zeiten schon hinter sich gehabt zu haben schien, ist seit seiner starken Nebenrolle in Frost/Nixon auch wieder eher ein Grund, ins Kino zu gehen. Abseits des Star-Appeal sind auch die neuen Gesichter Logan Lerman (Todeszug nach Yuma) und Mark Rendall (30 Days Of Night, Charlie Bartlett) passend ausgewählt sowie vor allem überaus talentiert.

    Renée Zellweger kann in der Rolle der oberflächlichen Mutter, die sich zu einer selbstständigen Persönlichkeit entwickelt, all ihre schauspielerischen Vorzüge ausspielen. Ob schick, kess und wortgewandt als New Yorker Society-Lady oder mit dem Schürhaken einen Angreifer vertreibend – Miss Zellweger haucht ihrer Figur eine Wärme ein, die uns trotz aller ihrer Unzulänglichkeiten immer auf der Seite von Ann Devereaux stehen lässt. Kevin Bacon ist zwar nur in wenigen Szenen zu sehen, bleibt aber mit seiner charismatischen Darstellung jederzeit präsent. Mark Rendall schafft es den sensiblen Robbie, trotz der Theater-, Accessoire- und Mode-Vernarrtheit der Figur, nie als Klischee-Homosexuellen erscheinen zu lassen. Wo andere Schauspieler vielleicht in schrille Überspitzung verfallen wären, ist Rendalls Robbie einfach nur witzig und sympathisch. Zu guter Letzt verkörpert Logan Lerman den aufmüpfigen George so charmant, dass man ihm seinen teils verletzenden Humor niemals übel nimmt.

    Wenn George gegen Ende erzählt, was der Familie auf ihrer Reise quer durch Amerika alles widerfahren ist, fällt auf, wie vielfältig die Geschichte war. Eine solche Story ist nicht leicht zusammenzuhalten, „My One And Only“ wirkt dennoch stets wie aus einem Guss. Dazu trägt auch das stimmige Bild der 50er Jahre bei, an dem der Soundtrack und vor allem die Kostüm-Designerin Helen Butler mit ihrem gelungenen Balanceakt zwischen Retro-Kitsch und klassischer, auch heute noch inspirierender Garderobe einen großen Anteil haben.

    Fazit: „My One And Only“ hat schon allein für den großen Spaß, den er bereitet, eine hohe Wertung verdient. Geistreiche Dialoge, witzige Situationen und eine abwechslungsreiche Story zeichnen das Drehbuch aus, in das unverständlicherweise mehr als zehn Jahre lang kein Studio investieren wollte. Gute Darsteller, beeindruckende Kostüme und schwungvolle Musik sorgen dafür, dass das Versprechen der guten Vorlage auf der Leinwand auch eingelöst wird. „My One And Only“ ist sicher der unterhaltsamste Film im Wettbewerb der 59. Berlinale. Aber Qualitäts-Entertainment ohne politische Botschaft setzt sich bei renommierten Filmfestivals leider nur in den seltensten Fällen durch.

    Möchtest Du weitere Kritiken ansehen?
    Das könnte dich auch interessieren
    Back to Top