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    Eden Lake
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Eden Lake
    Von Carsten Baumgardt

    Die Spezies Redneck findet sich eigentlich im amerikanischen Hinterland, wo wenig Sonne scheint und die kleinen Gehirne der Bush-wählenden Bewohner im Dickicht des finsteren Waldes nicht ausreichend belüftet werden. Verirrt sich dort jemand Ortsfremdes, kann das schnell Leib und Leben kosten. Debüt-Regisseur James Watkins macht es nun möglich, diese ausgesprochen ungesellige Sorte Mensch auch im ländlichen England anzutreffen. Sein grimmiger Survival-Horrorthriller „Eden Lake“ gefällt zwar durch eine gesunde Härte und einen ordentlichen Punch, zieht sein Konzept aber nicht konsequent genug durch.

    Eden Lake: ein beschaulicher See irgendwo im englischen Nirgendwo. Steve (Michael Fassbender) will seiner Freundin, der Kindergärtnerin Jenny (Kelly Reilly), dieses idyllische Plätzchen bei einem Ausflug zu Füßen legen, um später auch noch um ihre Hand anzuhalten. Doch schon die Anreise aus London sorgt für leichte Irritationen. Die Bewohner des See-nahen Dorfes, wo die beiden zunächst übernachten, sind Fremden gegenüber alles andere als freundlich eingestellt. Aber das ist schon wieder vergessen, als das Paar am nächsten Tag am abgelegenen Eden Lake sein Zelt aufschlägt. Die Zweisamkeit erfährt jedoch ein abruptes Ende, als eine Gruppe von Dorfjugendlichen wenige Meter neben Steve und Jenny am See Stellung bezieht. Steves Versuch, die Störenfriede zur Räson zu rufen, schlägt fehlt. Die Halbstarken machen sich einen Spaß daraus, stehlen Steves Auto und sein Handy. Als er sie zur Rede stellen will, werden Messer gezückt, es kommt es zu einem Handgemenge, in dem der Hund der Einheimischen getötet wird. Steve und Jenny suchen das Weite, doch die jungen Dörfler formieren sich zu einem tobenden Mob, der das Paar um ihr Leben fürchten lässt…

    Manchmal wird die Fiktion von der Realität überholt. Dies ist nun auch Regisseur James Watkins (Drehbuch zu „Descent 2“) passiert. Auf dem Fantasy Filmfest, bei dem seinem Debüt „Eden Lake“ die Ehre des Eröffnungsfilms zuteil wurde, erklärte der Engländer in Hamburg, dass die Meldungen der vergangenen Monate über ausufernde Jugendgewalt in Großbritannien dem Film eine pikante Note gäben – schließlich war die übersteigerte Gewaltbereitschaft der Halbstarken eigentlich als Fantasy-Element gedacht. Unfreiwillig hat sich Watkins damit ein Problem eingehandelt, das seinem Horror-Reißer zu schaffen macht.

    Die Mischung aus krachendem, fiesem, bluttriefendem Genrefilm und Sozialdrama will sich nicht so recht zusammenfügen. Die beiden Pole stören sich vielmehr gegenseitig, weil „Eden Lake“ zwar in einer erschreckenden Realität verankert ist, aber immer dann am besten ist, wenn er sein Redneck-Szenario ohne soziale Animositäten im Hintergrund durchdrückt. Der Film packt vor allem dann erbarmungslos zu, wenn sich seine Figuren jeglicher sozialer Fesseln entledigen und einfach nur das böse Szenario auf das Publikum losgelassen wird. Mob jagt Paar, es geht um Leben und Tod. Durch den Unterbau der sozialen Ödnis in der namenlosen englischen Provinz bekommt „Eden Lake“ einen Hauch von Problemfilm, der aber hinderlich wirkt, weil dieser Konflikt nur als Staffage und Vorwand dient, die Kids als böse zu stilisieren und ihre Gewaltbereitschaft von der Leine zu lassen.

    Die Exposition, die zum Beispiel der des 2007er Fantasy-Filmfest-Beitrags Timber Falls eins zu eins gleicht, ist alles andere als originell. Aber darauf kommt es im Genre nicht an. Sie muss vielmehr stimmig sein, was zum Teil gelingt. Bis das erste Blut fließt, nimmt sich Watkins einiges an Zeit. Er inszeniert seine beiden Protagonisten als überglückliches, perfektes Turteltäubchenpaar, um genügend Sympathien zu erzeugen, damit das Publikum später mitleiden, -hoffen und -bangen kann. Das funktioniert jedoch nur zur Hälfte. Die wunderbare Kelly Reilly (L’Auberge Espagnole, Stolz und Vorurteil, Lady Henderson präsentiert) kann sich durch ihre Ausstrahlung sämtliches Mitgefühl erspielen, während ihr Leinwandpartner in dieser Hinsicht zu kurz kommt. Der in Deutschland geborene und in England lebende Michael Fassbender (300, „Band Of Brothers“) soll zwar von Watkins als Mann, der sich dem jugendlichen Terror widersetzt, darstellt werden, steht im Endeffekt aber eher als Schlappschwanz da, der sich nicht durchsetzen kann. „Fuck off, yuppie cunts“, prangt gesprüht auf dem Werbeplakat für den geplanten Häuserbau am Eingang zum Eden Lake. Es entsteht der Eindruck, als ob diese uncharmante Warnung direkt und persönlich an Steve gerichtet sei.

    Ist der erste Blutzoll entrichtet, fährt Regisseur Watkins einige tatsächlich harte Szenen auf, die dem Zuschauer in der Magengegend eine gewisse Robustheit abfordern. Genau wie die Situation zwischen den Jugendlichen und dem Paar eskaliert, ufert auch die Gewalt in eine brutale Hetzjagd aus, in der jeder seine Grenzen überschreitet. Watkins versteht es, Nervenkitzel zu verbreiten und eine griffige Spannung zu etablieren.

    Fazit: „Eden Lake“ ist ein mittelmäßiger Horror-Thriller, der als solides Genre-Kino für Fans einen Blick wert ist, aber durch einige Unstimmigkeiten Potenzial verschenkt.

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