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    My Own Love Song
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    My Own Love Song
    Von Lars-Christian Daniels

    Bob Dylan – seit einiger Zeit auch unter seinem Pseudonym Jack Frost bekannt – zählt nicht nur im Hinblick auf die Popkultur zweifellos zu den einflussreichsten Musikern der vergangenen Jahrzehnte. Als der französische Regisseur Olivier Dahan („La Vie En Rose") ihn 2009 bat, für seinen neuen Film „My Own Love Song" den Titelsong zu komponieren, schrieb Dylan „Life is Hard" – und fand an dem Stück später so großen Gefallen, dass daraus sein 33. Studioalbum „Together Through Life" erwuchs. In Dahans romantischem Road Movie finden sich noch einige weitere, bis dato unveröffentlichte Songs der Musiklegende. Dass „My Own Love Song" trotz des hochkarätigen Soundtracks und den namhaft besetzen Hauptrollen aber nicht über das Mittelmaß hinauskommt, liegt an Dahans schwächelndem Drehbuch: Der Filmemacher verliert seine interessanteste Figur im Mittelteil des Films aus den Augen und lässt den Schlussakkord der Geschichte unnötig melodramatisch ausklingen.

    Jane (Renée Zellweger), früher als Country-Sängerin erfolgreich und Mutter eines kleinen Sohnes, ist seit Jahren an den Rollstuhl gefesselt. Weil die depressive Ex-Musikerin ihren Sohn aufgrund ihrer Behinderung nicht alleine großziehen konnte, hat sie ihn schon im Kleinkindalter zu Adoptiveltern gegeben und ihn seitdem nicht mehr gesehen. Ihr bester Freund, der stotternde, geistig zurückgebliebene Joey (Forest Whitaker), findet beim Aufräumen in ihrer Wohnung jedoch einen Brief, in dem Janes Sohn die leibliche Mutter zu seiner bevorstehenden Kommunion in Louisiana einlädt. Da Joey selbst zu einem Vortrag seines Lieblingsautors nach New Orleans reisen will, begeben sich die beiden auf eine lange Autofahrt durchs Land. Als der Motor überhitzt und der Wagen explodiert, ist dies nur der Auftakt zu einer von zahlreichen Zwischenfällen überschatteten Odyssee, bei der Jane und Joey die von ihrem Mann sitzen gelassene Billie (Madeline Zima) und den abgehalfterten Gitarrenspieler Caldwell (Nick Nolte) kennenlernen...

    Dass Renée Zellweger über eine taugliche Singstimme verfügt, bewies sie bereits 2002 im mit sechs Oscars ausgezeichneten Musical „Chicago". In „My Own Love Song" darf die Schauspielerin ihre Gesangsqualitäten erneut unter Beweis stellen: Dahans Road Movie steuert zielstrebig auf den finalen Auftritt im Rahmen der Kommunionsfeier ihres Sohnes zu. Die dramaturgische Grundkonstellation erinnert ein wenig an die Independentperle „Little Miss Sunshine", die ebenfalls eine lange Autofahrt durch die Staaten dazu nutze, reichlich Kuriositäten ins Drehbuch einzuschleusen und die dank ihrer witzigen Figuren bis zum großen Gesangsfinale eines Schönheitswettbewerbs wunderbar unterhielt. Der Unterschied: Olivier Dahan schlägt deutlich ernstere Töne an, streut nur vereinzelt heitere Passagen in die Handlung ein und wartet mit zwei prominenten Hauptdarstellern auf, denen vor allem in der ersten Filmhälfte die ganze Bandbreite ihres Könnens abverlangt wird.

    Forest Whitaker, der sich nach dem Totalausfall „Battlefield Earth" spätestens mit seiner fantastischen Performance in „Der letzte König von Schottland" als Charakterdarsteller rehabilitiert hat, überzeugt einmal mehr auf ganzer Linie. Seine Figur ist die vielschichtigste des Films, so dass sie dem Oscar-Gewinner reichlich Spielraum bietet, den schwierigen, aber von Grund auf sympathischen Charakter auszuloten. Das Stottern steht dabei weniger im Blickpunkt als beim jüngsten Oscar-Abräumer „The King's Speech" - vielmehr ist es vor allem Joeys geistige Unreife, die hier Fragen aufwirft. Der kindliche, in den Tag träumende Junggeselle reift schnell zum Publikumsliebling und glänzt vor allem in den ruhigeren Dialogsequenzen mit Renée Zellweger, deren Figur jedoch ein ganzes Stück eindimensionaler angelegt ist.

    Umso bedauerlicher ist es daher, dass das Drehbuch Joey spätestens nach der Bekanntschaft mit Billie und Caldwell zunehmend aus den Augen verliert und stattdessen das Schicksal von Rollstuhlfahrerin Jane und das emotionale Wiedersehen mit ihrem Sohn zum Kern der Handlung macht. Überhaupt muss sich Olivier Cahan die Frage gefallen lassen, ob Billie und Caldwell als Nebenfiguren für „My Own Love Song" wirklich nötig sind – vorwärts bringen sie die Geschichte kaum. Das musiklastige Drama hat seine stärksten Momente vielmehr dann, wenn Jane und Joey alleine im Auto sitzen und sich über Engel und das Jenseits unterhalten. So aber kommt „My Own Love Song" vor allem durch die überflüssige Drogentrip-Sequenz in der Hütte des Gitarristen Caldwell aus dem Takt und findet den anfangs stimmigen Rhythmus bis zum Schluss nicht wieder.

    Der erwartungsgemäß starke Soundtrack von Bob Dylan kann dies nur bedingt kompensieren, zumal er den kitschigen Ausklang des Films in seiner Wirkung noch ungewollt verstärkt: Weniger wäre hier mehr gewesen. Da tröstet es wenig, dass Dahan sich in der letzten Einstellung doch noch auf die eigentliche Stärke seines Films besinnt - auf die ungewöhnliche Beziehung seiner beiden Hauptfiguren.

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