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    Rettet Trigger!
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Rettet Trigger!
    Von Christoph Petersen

    In der Regel ist es immer dasselbe Bild: Ein Reiterhof, saftige grüne Wiesen und jede Menge Sonnenschein. Doch das norwegische Pferdeabenteuer „Rettet Trigger!" durchbricht diese Genreklischees auf die radikal möglichste Weise: Hier treibt sich das Pferd mitten in der Stadt herum, und zwar nicht als niedliches Zirkus-Anhängsel, sondern auf heruntergekommenen Basketballplätzen und verworrenen, mehrspurigen Hauptstraßen. Ein Pferdemärchen trifft auf soziale Realitäten – auf Nimmerwiedersehen ländliches Idyll, willkommen trostlose Großstadt! Ein ebenso moderner wie spannender Ansatz, der dem Film eine Reihe wirklich gelungener Szenen beschert. Dennoch gelingt es Regisseur Gunnar Vikene nicht, aus der guten Idee auch einen durchgehend überzeugenden Film zu machen. Und dies liegt vor allem an der jungen Heldin Alise, die mit ihrem ständigen Gejammer eher nervt und den Zuschauer so nicht unbedingt zum Mitfiebern animiert.

    Um bei ihren Freundinnen Eindruck zu schinden, behauptet die 11-jährige Alise (Ann-Kristin Somme) stets, gut reiten zu können und sowieso eine Pferdekennerin durch und durch zu sein. Doch in Wahrheit ist Alise ein waschechtes Stadtkind. Mit ihren Eltern und ihrem Babybruder wohnt sie in einer kleinen Wohnung in einer grauen Vorstadtsiedlung. Die Pferde auf dem Bauernhof ihres Opas Lasse (Sven Wollter) sind schon vor vielen Jahren verschwunden. Nun muss der Großvater seinen Hof endgültig aufgeben und in die Stadt ziehen. Er soll in ein Altersheim kommen, bis dahin wird er aber erst einmal übergangsweise in Alises Zimmer einquartiert. Natürlich ist sie über den unerbetenen Mitbewohner gar nicht erfreut. Doch dann entdeckt sie ein ausgerissenes Springpferd auf einem Basketballplatz. Das Tier ist vollkommen verängstigt und aufgebracht. Mit der Hilfe von Lasse gelingt es, das Pferd zu einem Hof in der Nähe zu bringen. Aber da hat das Opa-Enkelin-Gespann die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Der zwielichtige Besitzer Mr. Hiort (Thor Michael Aamodt) will das Pferd für geisteskrank erklären und schlachten lassen, um so eine immense Versicherungssumme für den störrischen Gaul zu kassieren. Die einzig verbleibende Chance ist, dass Lasse das Pferd innerhalb von zwei Tagen zähmt. Doch für den alten Mann ist die Aufregung zu viel, er bricht zusammen und landet im Krankenhaus. Nun ist es an der ängstlichen Anfängerin Alise, ihre (noch?) nicht vorhandenen Reitkünste unter Beweis zu stellen...

    Regisseur Vikene schafft es auf dreierlei Weise, aus seinem tristen Setting Kapital zu schlagen. Zum einen funktionieren die Einheitsbrei-Plattenbausiedlung wohl für erheblich mehr Kinder als Identifikationspunkt als dies beim typischen Bauernhof der Fall wäre. Zum anderen nutzt Vikene die eher trostlose Atmosphäre geschickt für den ernsten Teil seiner Geschichte. Immerhin werden neben der actionreichen Befreiung Triggers auch Themen wie schwere Krankheit und Tod behandelt. Schließlich gibt die trostlose Vorstadt-Umgebung auch noch den visuellen Stil des Films vor. Es kommt sowieso nur ausnahmsweise mal vor, dass ein Regisseur seine Cinemascope-Bilder ansprechend zu füllen versteht. Bei Kinderfilmen ist dies gar noch seltener der Fall. Doch Gunnar Vikene zaubert einige wirklich gelungene Sequenzen in dem ausladenden, schwer zu stemmenden 1:2.35-Format hervor. Vor allem die verregneten, stürmenden Reitszenen zu Beginn stechen positiv heraus. Nur der düster-intensive Trigger-gegen-U-Bahn-Untergrund-Showdown schießt über das Ziel hinaus. Für die jüngeren Pferdenarren unter den Kinobesuchern ist er eine ganze Ecke zu extrem geraten.

    In „Rettet Trigger!“ gibt es einen der besten Gags, den ein Kinderfilm der jüngeren Vergangenheit zu bieten hat: Ein blökendes Schaf demonstriert mit einem Pappschild für die Rechte der Wölfe. Ein anarchischer Geniestreich! Sowieso ist es super, dass in einem Film, der auf junge Kinobesucher zugeschnitten ist, ein 11-jähriges Mädchen mit Inbrunst Demonstrationen besucht. Leider ist dieses Mädchen nicht Alise, die Heldin des Films, sondern ihre beste Freundin Rebecca. Alise hingegen steht eher für eine Angsthasenmentalität, die immer wieder prominent in den Vordergrund gerückt wird. Sicherlich ist es nicht per se schlecht, mal eine etwas andere Heldin zu zeichnen. Doch auf Dauer ist das weinerliche Gehabe, gerade da Alise sich häufig auch noch als besserwisserisch und altklug herausstellt, nervig und lädt nicht gerade zur Identifikation ein. Dazu macht der Film auch noch den Fehler, dass Alise ihre Angst im Showdown zu plötzlich und quasi aus dem Nichts heraus überwindet. Eine langsamere, schrittweise Annäherung an das Pferd wäre um einiges Glaubwürdiger und dramaturgisch sinnvoller gewesen. So bleibt am Schluss die Überzeugung, dass die Idee der Macher, eine nicht ganz so konforme, nicht ganz so tolle Protagonistin zu wählen, zwar nicht falsch ist, man sich aber doch lieber die schlagfertige Rebecca als flippige Vorstadt-Amazone gewünscht hätte.

    Fazit: „Rettet Trigger!" profitiert von dem für ein Pferdeabenteuer ungewöhnlich tristen Randbezirk-Setting und seinen ausfüllenden Cinemascope-Bildern. Doch die enervierende Heldin, mit der man sich nur widerwillig identifiziert, schmälert das Sehvergnügen.

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