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    Command Performance
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,5
    enttäuschend
    Command Performance
    Von Alex Todorov

    Wäre die Welt ohne die Produzentenbrüder Danny und Avi Lerner und damit ohne solche Direct-to-Garbage-Blinsen wie „Shark Attack 3: Megalodon” oder „Skeleton Man“ ein besserer Ort? Wahrscheinlich würden auch ohne die beiden Geschmacksresistenzler nicht Milch und Honig fließen, wohl aber weniger Kunstblut. Natürlich ist es ein Einfaches draufzuhauen und niederzumachen, daher ein kleiner Perspektivwechsel. Man könnte beiden zweifelsohne eine soziale Ader unterstellen, bieten sie doch aus der Gunst gefallenen Mimen wie Casper Van Dien (Starship Troopers), Stephen Baldwin (Die üblichen Verdächtigen), Lorenzo Lamas („Rengade“) oder nun verstärkt auch Val Kilmer ein Rundum-Paket martialischen Frustabbaus. In jenem Kosmos, in dem diese Ruhmverblühten ihr Anger Management vollziehen dürfen, gilt Südosteuropa als beliebige Kulisse entweder für Italien, Moskau oder jeden anderen Lokus der Welt, der die Produktionskosten übersteigt. Des Weiteren hausen dort ausschließlich massakerorientierte Warlords und in den Terrorismus getriebene Verlierer des Ostblockzerfalls. Südosteuropa als Eingabemaske von Destruktionsfantasien. Zu den eben erwähnten Akteuren gehört selbstredend auch Dolph Lundgren (Universal Soldier, The Expandables). Das ist der schwedische Hüne, dessen Foto allein Einbrecher in die Flucht treibt (wahr!) und dessen Müslimarke „Erbarmungslos“ heißt (ist zwar gelogen, klingt aber irgendwie stimmig). Lundgren macht für den in Fankreisen heiß erwarteten „Command Performance“ wieder den Alleinunterhalter – im Film als Haudrauf, in der Produktion als Regisseur und Co-Autor. Resultierte diese Personalunion zuletzt im Falle von Missionary Man in solider B-Kost, ist „Command Performance“ unterm Strich enttäuschend. Es hilft halt nichts, zu wissen, dass der Typ, der da Menschen Messer in Köpfe steckt, nicht doof, vielleicht sogar wirklich smart ist, wenn der Film halt wirklich doof und so gar nicht smart daherkommt.

    Joe (Dolph Lundgren) ist Drummer einer Rockband, die noch einmal die Möglichkeit bekommt, sich auf großer Bühne zu präsentieren. Als Vorband der amerikanischen Popschnitte Venus (Melissa Ann Smith) spielt sie in Anwesenheit des russischen Präsidenten (Hristo Shopov) und dessen Töchtern für eine Schar Glücklicher sowie vor Millionen von Fernsehzuschauer. Doch während des Auftritts des Hauptacts stürmen Terroristen unter der Führung des ultrabrutalen Kasov (Dave Legeno) den Saal, mähen zahllose Zuschauer nieder und nehmen den Präsidenten und das verbliebene Publikum als Geiseln. Schnell ein anwesendes Kamerateam zur Sendung der Lösegeldforderung und Kondition – alle paar Minuten wird eine Geisel erschossen – eingespannt und schon scheint alles nach Plan zu laufen. Aber da wissen die finsteren Terroristen noch nicht, dass Drummer Joe in seiner Vergangenheit die harte Schule einer Bikergang durchlief und folglich befähigt ist, es mit einer Hundertschaft von Terroristen aufzunehmen. Doch auch Kasow hat noch ein As im Ärmel…

    Die Idee zum Plot kam Lundgren, als er von einem Konzert hörte, das Madonna für den ehemaligen russischen Präsidenten Putin und dessen Töchter gab. Schnell noch ein bisschen von Van Dammes „Sudden Death“ (Stirb langsam-Vergleiche verbieten sich) beigemischt, sich selbst in Lederklamotten geworfen und fertig ist der Film. Parallelen zur Geiselnahme im Moskauer Dubrowka-Theater des Jahres 2002 könnten wohl auch eine Inspiration gewesen sein. Lundgren wohnt zweifelsohne das Potential zur coolen Drummersau inne und er nährt so die Hoffnung auf ein spaßiges Trashfest. Umso verwunderlicher, dass Joe die Aura eines 7/4-Taktes für ein ungeübtes Ohr versprüht. Zwar sind die Actionszenen gewohnt routiniert, doch wenn es darum geht, lässigen Umgang unter Musikern zu imitieren, zucken einem die Augenbrauen. Hinzu kommt, dass der dramaturgische Bogen nur schemenhaft zu erahnen ist. Die „große Wendung“ ist schlicht, dass Kasow nicht das Lösegeld, sondern Rache am Präsidenten möchte. Wer den Film von Beginn an schaut und nur halb so schlau wie das Drehbuch ist, dem ist das kaum als Überraschung zu verkaufen.

    Nicht fehlen darf der obligatorische, absolut uneingebundene Handlungsstrang – in diesem Fall eine TV-Reporterin, die durch die Konzerthalle irrt. Als Zuschauer befällt einen die gleiche Ratlosigkeit, die wohl die Autoren umgab. Zu viele Szenen sind unklar, was ihren Zweck betrifft, da sie weder Handlung noch Charakterzeichnung stützen. Besonders amüsant, aber auch frappierend ist, wie sich Filme solchen Kalibers Machtstrukturen und Autoritätsketten imaginieren. Das sieht dann immer so aus wie Kinder, die sich beim Gangsterspielen in Boshaftigkeit und Durchtriebenheit übertreffen wollen und deshalb ganz finster dreinblicken. Ärgerlich ist auch die krude, oberflächliche politische Bettung in die Geschichte Russlands. Da ist es fast sympathisch, wie Direct Contact sich irgendeine Festung irgendeines durchgeknallten Generals irgendwo auf dem Balkan fabulierte.

    Nachdem Sofia in Hitman für St. Petersburg herhalten musste, dient die bulgarische Metropole nun als Moskau-Ersatz. Bereits „Direct Contact“ wie auch der bald erscheinende Universal Soldier: Regeneration wurden in Sofia gedreht und entsprechend – siehe Inglorious Basterds für deutsche Schauspieler – dürfen auch einige bulgarische Mimen mitwirken. Hristo Shopov, der Pontius Pilatus aus Mel Gibsons Die Passion Christi, hat als in Geiselhaft sitzender Präsident keine Möglichkeit sich auszuzeichnen, ebenso wenig Zachary Bacharow als Lundgrens Sidekick. Einzig Dave Legeno vermittelt als Oberschurke aufgrund seiner Physis eine bedrohliche Präsenz. Auch sein lautes, von sämtlichen Subtilitäten befreites Spiel ist dem Film angemessen. Man mag nur erahnen, wie deplatziert ein Hans Gruber in „Command Performance“ sein würde. Für den Augenschmaus sorgt die schauspielerisch unbegabte kanadische Popsängerin Melissa Ann Smith und in einigen Jahren wahrscheinlich Lundgrens Tochter Ida, die gemeinsam mit Robin Dodson als Olsen-Twins-Plagiat die Töchter des Präsidenten spielt.

    Lerners Nu Image hat wieder zugeschlagen! Einmal meint Joe, auf seine Band angesprochen: „We don’t practice, we just perform.” Gleiches gilt wohl auch für die Filmproduktion. Noch einen Bumerang gefällig? Als das Popsternchen ihn fragt, weswegen seine Band für sie als Vorgruppe auftritt, wenn er ihre Musik doch so verachtet, meint er schlicht: „It pays the rent.“ Sprach Drummer Joe, und man hört doch nur Lundgren. Vielleicht sind es auch selbstreferenzielle Töne voller Ironie, allein der Film gibt es nicht wirklich her.

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