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    Topjob - Showdown im Supermarkt
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Topjob - Showdown im Supermarkt
    Von Jan Hamm

    Als Gabriele Muccino mit Das Streben nach Glück zur ultimativen Beschwörung des amerikanischen Mythos vom Selfmade Man aufmarschierte, wurde der überbordende Kitsch des Films noch milde belächelt. Im Rückblick wirkt die große Erzählung vom sozialen Aufstieg aber geradezu prophetisch. Selten zuvor hatte Amerika die Selbstvergewisserung, ein standhaftes „Yes, we can!“, so bitter nötig, wie im Angesicht der andauernden Finanzkrise. Steve Conrad, der schon für das Drehbuch von „Das Streben nach Glück“ verantwortlich zeichnete, bleibt am Thema und tritt mit „Tobjob – Showdown im Supermarkt“ erneut als Klemptner der wunden Volksseele auf. Während seine Komödie ihren Humor zu großen Teilen aus lahmen Späßchen um Schwule, Behinderte und Schwarze zu beziehen versucht, fällt sein Näherungsversuch an den kleinen Mann und dessen Ängste überraschend empathisch aus. Vor allem aber verzichtet Conrad auf das Pathos der Will-Smith-Mär. So gelingt ihm mit „Topjob“ leicht verdauliches Entertainment mit einem aufheiternden Unterton.

    Gewissenhaft werkelt sich der herzensgute Supermarkt-Angestellte Doug Strauber (Sean William Scott, Welcome To The Jungle, Vorbilder?!) durch seinen unspektakulären Alltag. Bloß wurmt ihn, dass er sich und seiner erfolgreichen Arzt-Freundin Jen (Jenna Fischer, Die Eisprinzen) mit seinem kleinen Gehalt keine bessere Behausung finanzieren kann. Als er Wind vom geplanten Ausbau der Donaldson’s-Kette bekommt, wittert er seine Chance und bewirbt sich um das Amt des neuen Filialleiters. Blöd nur, dass der frisch aus Kanada angereiste Richard Wehlner (John C. Reilly, Die Stiefbrüder, Walk Hard) ebenfalls scharf auf die Position ist. Bis die Personalentscheidung gefällt wird, heißt es also, der Chefetage zu imponieren. Schrittweise kommen sich die Kontrahenten näher. Doch es ist klar: Es kann nur einen geben. Und so beginnen Doug und Richard damit, sich gegenseitig auszumanövrieren...

    „Topjob“ benötigt nur wenige Minuten, um seine Figuren in Stellung zu bringen und das Duell zu eröffnen. Spielerisch gelingt es Conrad, sein Publikum zu involvieren, denn Doug und Richard sind derart liebenswürdige Gesellen, dass man die Beförderung gleich beiden von ganzem Herzen gönnt. Wie sie sich abwechselnd in die Pfanne hauen, nur um gleich darauf wieder mit ihrem Gewissen zu hadern, ist einfach sympathisch. Im Bestreben, ihren Karrierewert unter Beweis zu stellen, gleichen sich die Kontrahenten ebenso, wie in der zugrunde liegenden Urangst, ihren Frauen nicht Mann genug zu sein. Mit der neuen Position hofft Doug auf genau das soziale Prestige, das ihm die wenig subtilen Demütigungen durch Jens arrogante Arzt-Kollegen ersparen würde. Richard hingegen will seiner Frau Lori (Lili Taylor, Factotum, High Fidelity) mit einem Aufstieg beweisen, seine Alkohol- und Drogensucht unter Kontrolle zu haben.

    Wenn Doug ein Haus auf Pump kauft, um ein mögliches Ausbleiben der erhofften Beförderung zu vertuschen, verortet „Topjob“ seine Erzählung unmissverständlich in der Immobilienkrise, die dem kapitalistischen Taumeln vorausging. Conrad setzt an der richtigen Stelle an, indem er die Rollenverteilung zwischen den Geschlechtern als einen möglichen Quell sozialer Ängste ausmacht. Für Doug und Richard geht es nicht um das existenzielle „Streben nach Glück“; über ein gerade noch mittelständisches Einkommen verfügen ja beide. Ein ganzer Mann aber muss für seine Frau aufkommen, so glauben die gepeinigten Kerle, während ihre Partnerinnen derweil viel mehr Wert auf eine zugeneigte und aufrichtige Beziehung legen. Kaum minder wertvoll als ein lautes „Yes, we can!“ ist die Gewissheit: Männer, eure Frauen haben euch auch ohne Manager-Gehälter lieb.

    Die üblichen Comedy-Verdächtigen Seann William Scott und John C. Reilly sorgen verlässlich dafür, dass ihre Figuren ausgewogen zwischen Tragik und Komik pendeln. Scott zeigt, dass er nicht in seiner Paraderolle als Hampelmann Stiffler aus American Pie hängen bleibt, sondern durchaus etwas transportieren kann. Und wie ein schüchterner Reilly unter dem Kopfhörer kauert, um sich heimlich in ein albernes Motivations-Hörspiel zu vertiefen, lädt zum aufrichtigen mitfühlen und mitlachen zugleich ein. Wirklich witzig ist „Topjob“ immer dann, wenn Conrad das Ego-Problem der zwei Protagonisten ausleuchtet.

    Sobald aber Doug und Jen durch die dünnen Wände ihrer Wohnung vom ruppigen Sex ihrer homosexuellen Nachbarn um ihren Schlaf gebracht werden, oder die Masturbationswut eines Mitarbeiters mit Down Syndrom für oberamtlichen Fremdscham sorgt, entgleist der Film ins Vorpubertäre. Ebenso nervtötend ist die ewig gleiche Parade überempfindlicher Afro-Amerikaner, die bei jeder noch so versehentlichen Verwendung des Wortes „schwarz“ aus der Haut fahren. Kein kleiner Lapsus, denn „Topjob“ will vor allem eine Komödie sein. Wirklich geistreiche Pointen bleiben im Fettnäpfchen-Wettlauf um die Pole Position der neuen Filiale leider aus. Als kluge Bestandsaufnahme verunsicherter Männlichkeit funktioniert der Film wiederum ausgezeichnet. Dass Conrad amerikanische Selbstvergewisserung in Zeiten der Krise auch ohne mythisches Tamtam zu inszenieren versteht, darf als gelungener Balanceakt gewertet werden.

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