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    Survival of the Dead
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Survival of the Dead
    Von Florian Schulz

    Zombievater George A. Romero feierte in diesem Jahr seinen siebzigsten Geburtstag und starke vierzig davon trägt der Horror-Altmeister sein schweres Erbe nun bereits auf dem Rücken: Die Nacht der lebenden Toten begründete mit einem Paukenschlag ein ganzes Genre und nicht wenige Epigone haben sich im Fahrwasser der Horror-Punktlandung ans Schaffen gemacht und ihrer Ikone mit frischen Ingredienzen immer wieder den Schneid abgekauft. Im jüngsten Fall gelang Breck Eisner mit The Crazies gar ein Triumph in Romeros eigenen vier Wänden. Die gewaltige Metapher des seelenlosen Menschenkörpers trotzt dabei jeder Witterung. Sinnbild für diese Konstanz ist Romero selbst, dessen Handschrift nach wie vor unverkennbar ist. Mit Land Of The Dead und Diary Of The Dead mehrten sich jedoch die Stimmen, die dem Auteur kreativen Leerlauf konstatierten. Dennoch lässt sich der einstige Visionär nicht lumpen: In „Survival Of The Dead“ wandeln die Toten nun zum sechsten Mal unter seiner Regie. Das Ergebnis trägt ein Janusgesicht, denn einem erfrischend morbiden und bildgewaltigen Setting steht leider auch viel Ideenlosigkeit gegenüber.

    Eigentlich sollte es die letzte Zuflucht vor der epidemischen Hölle sein: Doch nun häufen sich auch auf der idyllischen Insel Delaware die Infektionen durch den namenlosen Zombievirus. Obwohl Krisensituationen eigentlich zusammenschweißen sollten, treibt die Bedrohung einen weiteren Keil zwischen die verfeindeten Clans der O'Flynns und der Muldoons. Denn Patrick O’Flynn (Kenneth Welsh) sieht nur eine Möglichkeit, die Seuche einzudämmen: Mit wütendem Mob im Schlepptau geht er gegen den wachsenden Zombieanteil in der Bevölkerung vor. Sein Widersacher Shamus Muldoon (Richard Fitzpatrick) hingegen bevorzugt die sanfte Tour und möchte die Untoten domestizieren, bis ein Gegenmittel gefunden ist. O’Flynn zieht nach einem Scharmützel den Kürzeren und landet im Exil. Doch bald schon kreuzen sich seine Wege mit denen einer militärischen Eliteeinheit, die in der Insel eine letzte Bastion gegen den Virus gefunden zu haben glaubt…

    Nach einer uninspirierten Eröffnungsszene gewinnt „Survival Of The Dead“ schnell an Fahrt: Wir erleben, wie sich der Konflikt der beiden Clans in kammerspielartiger Dramaturgie zuspitzt, ehe er im wütenden Eklat explodiert. Das zentrale Motiv sitzt, die Exposition macht Lust auf mehr und Romero erweist sich tatsächlich als guter Geschichtenerzähler. Was nun folgt, erfordert jedoch erst einmal eine gehörige Portion Sitzfleisch. Der Plot nimmt wieder die Fährte der Eingangssequenz auf und zieht sich zäh wie Kaugummi. Eine Identifikation mit den schematischen Charakteren fällt dabei reichlich schwer und das menschenleere Setting setzt kaum Akzente, zumal auch der Spannungsaufbau nicht so recht gelingen mag. Das ändert sich aber schlagartig, sobald die Truppe sich anschickt, auf die rettende Insel überzusetzen. Ein packend inszenierter Stellungskampf zwischen den Fraktionen entbrennt und eine ganze Meute Untoter wird im Sperrfeuer aufgerieben. Anschließend geht es auf ins gelobte Land und hier zeigt sich nun, welches Potenzial in „Survival Of The Dead“ tatsächlich steckt.

    Die idyllische Insel erweist sich als morbides Paradies, als irdisches Abbild ewiger Dualismen und als Schauplatz eines erbitterten Kampfes. Ob ethisch, religiös oder gar mythologisch; von der Euthanasie über mormonischen Eifer bis hin zum Dilemma von Skylla und Charybdis – der finale Akt eröffnet mehrere Deutungsebenen. Das Setting entfaltet sich als umfangreicher Bilderkosmos und bedient sich der Motivik des Westerns ebenso wie der symbolischen Imprägnierung der Körper. „I don’t get the torture porn films. They’re lacking metaphor.“ So urteilte der Filmemacher einst schelmisch über den Trend zur ausgestellten Physis. Romero selbst befeuert wie eh und je die sinnbildlichen Aspekte exzessiver Körperlichkeit und läuft damit in „Survival Of The Dead“ streckenweise wieder zu Höchstform auf. In einer zentralen Sequenz - im Laufe derer die rastlose Tochter des Verstoßenen, irgendwo zwischen Leben und Tod lavierend, ihren Hunger an einem Ross stillen soll - gerät die Situation zum Spektakel: Wer ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein. In diesem symbolträchtigen Rahmen wird die Militärtruppe dann glücklicherweise zu Nebendarstellern degradiert.

    Herausgeknurrte Oneliner und karikatureskes Militärgepose auf einer Seite, zwei charismatische Antagonisten mit viel Esprit auf der anderen – auch darstellerisch gilt: Wo viel Licht ist, ist auch viel Schatten. Liefert Alan van Sprang (Saw 3) als muffiger Sarge noch eine solide Leistung, so agieren die übrigen Rekruten durchweg auf besserem Statistenniveau. Kenneth Welsh (Aviator, The Day After Tomorrow) und Richard Fitzpatrick (Der blutige Pfad Gottes) hingegen punkten mit stimmigen Charakterdarbietungen und es ist nur konsequent, dass Romero ihnen die letzte Szene gewidmet hat, die er übrigens noch einmal herrlich metaphorischen in epischer Breite auffährt. Irgendwo zwischen den beiden Polen bewegt sich die darstellerische Leistung von Kathleen Munroe („Let Him Be“) als Jane O‘Flynn, die sich der Frage nach der einzig wahren Gangart der Untoten auf originelle Weise entziehen darf.

    Fazit: „Survival Of The Dead“ zeigt einen Gründervater im künstlerischen Dilemma: Routiniert-einfallslose Versatzstücke stehen einer entfesselten Bildsprache gegenüber. Vor allem in der zweiten Filmhälfte lässt der Horror-Veteran immer wieder durchblicken, wohin die Reise gehen könnte und auch Splatter-Fans können wieder reichlich goutieren. Letztlich ist der augenzwinkernde Titel dann auch selbstreferenziell zu lesen: Romeros Tote sind einfach nicht totzukriegen.

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