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    50/50 - Freunde fürs (Über)leben
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    50/50 - Freunde fürs (Über)leben
    Von Ulf Lepelmeier

    Nur ganz besonders abgebrühte Menschen dürften eine Krebs-Diagnose zum Anlass nehmen, ein eigenes Drogenimperium aufzubauen, so wie Walter White (Bryan Cranston) in AMCs Hitserie „Breaking Bad". Zumeist geht die tragische Offenbarung vielmehr mit maßloser Verzweiflung oder gar totaler Selbstaufgabe im Angesicht kräftezehrender Therapiemaßnahmen und unmittelbarer Todesängste einher. Regisseur Jonathan Levine („All the Boys Love Mandy Lane") erzählt in seiner Ernsthaftigkeit und Humor hervorragend ausbalancierenden Tragikomödie „50/50", wie der an Krebs erkrankte 27-jährige Adam und sein Umfeld mit seiner 50-prozentigen Überlebenschance umzugehen versuchen und wie sie sich gemeinsam dem Kampf gegen die schwere Krankheit stellen.

    Der überkorrekte Adam (Joseph Gordon-Levitt) bewohnt mit seiner Künstler-Freundin Rachael (Bryce Dallas Howard) ein kleines Haus in Seattle und wird jeden Tag von seinem besten Freund Kyle (Seth Rogen) zur Arbeit abgeholt. Aufgrund von Rückenschmerzen und Kurzatmigkeit sucht Adam einen Arzt auf, der ihn mit einer seltenen Wirbelsäulenkrebs-Diagnose konfrontiert. Der junge Mann nimmt die Hiobsbotschaft erst einmal gefasst auf und verzweifelt auch dann nicht, als er im Internet von seiner nur 50-prozentigen Überlebenschance erfährt. Eher widerwillig geht Adam zur psychologischen Beratung, bei der er keine erfahrene Expertin, sondern die nette aber gänzlich überforderte Studentin Katherine (Anna Kendrick) antrifft. Diese Stimmung weicht jedoch schon bald tiefer Besorgnis, als ihm die Haare ausfallen und sich seine gestresste Freundin von ihm abzugrenzen beginnt. Und so schickt sich der lebenslustige Schwerenöter Kyle an, den Lebenswillen seines besten Freundes zu retten...

    Wie in der Kifferkomödie „The Wackness" kommt Levine auch in „50/50" nicht um Klischees herum, schafft es aber trotzdem, seinem gradlinigen Film frisch zu erzählen und die Stärken seiner talentierten Besetzung voll auszuspielen. Dem Regisseur findet dabei genau die richtige Balance zwischen Ernsthaftigkeit und Humor. So herrscht durchweg eine positive Grundstimmung vor und es darf immer wieder herzlich gelacht werden, ohne dass Levine die Krankheit dabei verharmlosen würde. Das Drehbuch zu „50/50" basiert lose auf Autor Will Reiser („Da Ali G show") eigenen Erfahrungen. Auch Reiser musste in jungen Jahren gegen einen bösartigen Tumor ankämpfen. Unterstützt wurde er damals von seinem Freund Seth Rogen, der ihn später auch darin bestärkte, ein Drehbuch über diese schwere Zeit zu verfassen. Rogen steht ihm nun auch hier in der quasi autobiographischen Rolle des Kyle zur Seite.

    Hauptdarsteller Joseph Gordon-Levitt („Inception") gibt den zurückhaltenden, grundsympathischen Protagonisten so überzeugend, dass man einfach mitfühlen muss, wenn er die unterschiedlichen Phasen seiner Krebserkrankung durchlebt. Von der anfänglichen Verdrängung bis hin zur Wut und Verzweiflung kurz vor der Operation arbeitet Gordon-Levitt die Facetten seiner Figur heraus, ohne dabei auf große Gesten zurückzugreifen. Anna Kendrick, die sich bereits in „Up in the Air" neben George Clooney behaupten konnte, verkörpert die verunsicherte Psychologiestudentin Katherine hervorragend. Obwohl sie bei ihren Therapieversuchen in zahlreiche Fettnäpfchen tritt, ist Katherine so charmant, dass man ihr ihre Anfängerfehler einfach nicht übel nehmen kann. So wird auch nachvollziehbar, warum ihr Adam immer wider eine Chance einräumt, ihr theoretisches Psychologie-Wissen an ihm zu erproben.

    Mit dem starken Zusammenspiel der beiden Jungstars sowie Kendricks komödiantischem Talent bieten die Therapiestunden dann auch die komischen Highlights der Tragikomödie. Für den etwas derberen Humor ist Komödienfachmann Seth Rogen („Beim ersten Mal") zuständig, der Adams beständig sprücheklopfenden Freund Kyle mit einer gehörigen Portion Witz und Herz verkörpert und damit viele Lacher auf seiner Seite hat. Trotz ihrer kurzen Leinwandzeit steuert auch Anjelica Huston („Die Royal Tenenbaums") als Adams energische Mutter Diane schauspielerische Glanzmomente bei. Und Bryce Dallas Howard („The Village - Das Dorf") gelingt es sogar, der egoistischen Rachael noch einen sympathischen Zug zu verleihen.

    Fazit: „50/50" macht seinem Namen alle Ehre! Auf witzige und dabei immer respektvolle Weise gelingt es Levine und seiner tollen Besetzung, die Hochs und Tiefs eines jungen Menschen mit einer möglicherweise todbringenden Krankheit abzubilden – und das jeweils ganz ohne Klamauk und Melodramatik!

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