Mein Konto
    Birdy
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Birdy
    Von Gregor Torinus

    Zwischen seiner avantgardistischen Rockoper „Pink Floyd – The Wall" (1982) und dem grandiosen Thriller „Angel Heart" (1987) drehte Alan Parker das heute ein wenig in Vergessenheit geratene Psychodrama „Birdy" (1984), das auf dem gleichnamigen Roman von William Wharton basiert. Auf den ersten Blick handelt es sich dabei um einen Film, in dem Regisseur Parker das amerikanische Vietnam-Trauma behandelt. Doch eigentlich, ist der Krieg nur Aufhänger für eine ebenso ungewöhnliche, wie sehenswerte Charakterstudie, die einen jungen Mann der am liebsten ein Vogel wäre, zeigt. So lächerlich das klingen mag, so brillant ist diese Geschichte erzählt. Insbesondere Hauptdarsteller Matthew Modine glänzt in der Rolle des schrulligen Außenseiters Birdy, dessen extreme Andersartigkeit zu einem Plädoyer für Freiheit und Individualität wird.

    In „Birdy" wird in Rückblenden erzählt, wie sich der großmäulige Prolet Al Columbato (Nicolas Cage) und der schüchterne Sonderling Birdy (Matthew Modine) in ihrer Jugend kennen lernen und trotz ihrer Verschiedenartigkeit Freundschaft schließen. Birdy ist bereits in seiner Jugend ein fanatischer und leidenschaftlicher Vogelexperte und träumt davon, selbst fliegen zu können. Zunehmend ist ihm die Welt seiner gefiederten Freunde näher, als die der Menschen. Dieser Zustand wird nach dem Kriegseinsatz ins Extreme gesteigert: Mit schweren Verletzungen kehren die Freunde aus Vietnam zurück. Doch während Als Gesichtsverletzungen offensichtlich sind, gibt Birdys Zustand den Ärzten Rätsel auf. Völlig in sich zurückgezogen hockt er in einer Zelle der Psychiatrie der US-Army. Als kein Arzt mehr weiter weiß, wird Al zu Hilfe gerufen. Gelingt es diesem nicht seinen Freund in die Wirklichkeit zurück zu holen, soll Birdy in einer anderen Anstalt dauerhaft ruhig gestellt werden.

    Für einen Hollywoodfilm zeigt „Birdy" eine ganz außergewöhnliche, fast schon europäisch zu nennende Sensibilität. Nicht die eigentliche Handlung steht im Vordergrund, sondern der Versuch, den Zuschauer in die Welt eines Grenzgängers wie Birdy hineinzuversetzen. Das gelingt zum einen durch den von Nicolas Cage gespielten Al, der im Gegensatz zu Birdy eine Normalität verkörpert, mit der sich der Zuschauer so weit identifizieren kann, dass er zusammen mit Al eine Reise in Birdys Welt antreten kann. Vor allem aber ist es Matthew Modine, der die rätselhafte Persönlichkeit Birdys gleichermaßen verrückt, wie liebenswert erscheinen lässt. Wichtiger als logische Erklärungen sind in „Birdy" die Emotionen der Figuren, die durch die Bilder deutlich werden und immer wieder durch ihre poetische Kraft beeindrucken.

    Wie Ridley und Tony Scott gehört Allan Parker zu einer Generation britischer Filmemacher, die aus der Werbung kommen und die Ästhetik des Hollywoodfilms auf diese Art und Weise geprägt haben. Ihr gemeinsamer Hang zur optischen Überstilisierung wird ihnen dabei gerne vorgeworfen. Dabei sind sowohl Parker, als auch die Scott-Brüder filmische Visionäre, deren visuelles Können außer Frage steht. Dass sie dabei durch ihre Arbeit in der Werbebranche gelernt haben die Verführungskraft der Bilder zu nutzen, spricht nicht gegen sie. Sie beherrschen schlicht und ergreifend ihr Handwerk und setzen es offensiv ein: Wenn z.B. Birdy, von blauem Licht beschienen wie ein Vogel nackt auf dem Boden seiner Zelle kauert, ist dieses Bild trotz allem Kitsch ein ergreifendes Mahnmal gegen den Krieg.

    So gelingt Parker gerade durch seine expressive Bildsprache das Porträt eines sensiblen Mannes, der sich aufgrund erlebter Kriegsgräuel aus der ungeliebten Realität in seine eigene Welt zurückzieht. Am Ende versteht zumindest sein Freund Al, dass Birdy auf seine Art aufrichtiger und ehrlicher zu sich selbst ist, als die Militärärzte die nur deshalb an der Heilung seines Freundes interessiert sind, damit das Ansehen der Army keine Beeinträchtigung erfährt.

    Fazit: Alan Parkers „Birdy" ist das berührende Porträt eines durch das Vietnam-Desaster traumatisierten Mannes, der sich in eine Phantasiewelt flüchtet. Bildgewaltig inszeniert und exzellent gespielt ist „Birdy" auch heute noch ein ergreifendes Plädoyer gegen den Krieg.

    Möchtest Du weitere Kritiken ansehen?
    Das könnte dich auch interessieren
    Back to Top