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    Die Kunst zu gewinnen - Moneyball
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,5
    hervorragend
    Die Kunst zu gewinnen - Moneyball
    Von Christoph Petersen

    Kaum jemand begeistert sich in Deutschland für Baseball. Deshalb haben Filme über die US-Nationalsportart hierzulande auch kaum eine Chance, ein größeres Publikum zu finden. Und was interessiert die Menschen noch weniger als Baseball? Genau, Statistiken! Bei einem Fußball-Bundesligaspiel wird zwischendurch vielleicht mal die Ballbesitzverteilung oder die Anzahl der Torschüsse eingeblendet, aber in der amerikanischen Baseball-Profiliga wird wirklich jeder Fliegenschiss in gigantischen Zahlenkolonnen festgehalten und ausgewertet. Nun ist „Die Kunst zu gewinnen – Moneyball" nicht nur ein Film über Baseball, sondern ein Film über Statistiken im Baseball - schlechtere Vorzeichen sind also schwer denkbar. Und trotzdem ist Bennett Millers auf einer wahren Begebenheit basierendes Sportdrama einer der Filme, die man in diesem Jahr auf gar keinen Fall verpassen sollte, denn „Moneyball" erweist sich als ebenso mitreißendes wie aufschlussreiches Meisterstück.

    Als General Manager des finanzschwachen Major-League-Teams Oakland Athletics steht der Ex-Baseballstar Billy Beane (Brad Pitt) jedes Jahr vor demselben Problem. Die reichen Clubs luchsen ihm alle seine guten Spieler ab und er muss mit dem wenigen Geld, das ihm zur Verfügung steht, versuchen eine konkurrenzfähige Mannschaft zusammenzubekommen. Das ändert sich erst im Jahr 2002, als Beane auf den schüchternen Harvard-Absolventen und Wirtschaftsforscher Peter Brand (Jonah Hill) trifft. Dieser hat ein System entwickelt, mit dem er Baseballer einzig und allein nach ihren Spielstatistiken bewertet. So findet er preisgünstige Spieler, die von anderen Teams trotz guter Werte verschmäht werden, zum Beispiel weil sie merkwürdig werfen oder ein Problem mit ihrer Einstellung haben. Beane lässt sich auf das Experiment ein und baut eine Mannschaft allein auf der Grundlage von Brands Formeln zusammen. Zunächst wird das Duo dafür von allen Seiten belächelt, doch dann legt das Team die längste Siegesserie in der Geschichte des amerikanischen Profibaseballs hin. Doch wird es auch zum Gewinn der Meisterschaft reichen?

    Der Name des Mannes, der vermutlich am meisten zum Gelingen des Films beigetragen hat, steht nicht in großen Lettern auf dem Poster, sondern klein unten rechts in der Ecke: Drehbuchautor Aaron Sorkin hat erst in diesem Jahr einen Oscar dafür bekommen, dass er das Sachbuch „The Accidental Billionaires" zu einer brillanten Kinobiographie verarbeitet hat. Das Ergebnis: David Finchers Meisterwerk „The Social Network" über die Gründung von Facebook. Auch „Die Kunst zu gewinnen - Moneyball" basiert auf einem Sachbuch und mit Unterstützung von Co-Autor Steven Zaillian („Schindlers Liste") gelingt es Sorkin erneut, den eigentlich staubtrockenen Stoff mit brillant pointierten Dialogen und ohne grobe Vereinfachungen so für die Leinwand aufzuarbeiten, dass das Ergebnis gar nicht mehr unzugänglich, sondern spannend, emotional und ungemein kurzweilig ausfällt. Sorkin hat einfach ein Talent dafür, das Publikum selbst mit komplexen Themen wie Unternehmensgründungen oder Baseballstatistiken mitzureißen.

    Brad Pitt („Fight Club", „Inglorious Basterds") ist neben Johnny Depp der aktuell größte Filmstar auf diesem Planeten. Und nun zeigt er wieder einmal, warum er zu Recht an der Spitze steht - das liegt nämlich keinesfalls nur an seiner schlagzeilenträchtigen Beinahe-Ehe mit Angelina Jolie. Er spielt in „Die Kunst zu gewinnen - Moneyball" keinen Baseballstar und keinen Star-Trainer, sondern den Manager eines vergleichsweise armen Proficlubs - auf deutsche Verhältnisse übertragen also so etwas wie den Uli Hoeneß von Arminia Bielefeld. Klingt unspektakulär, aber dank Pitt wird auch diese Rolle zu einem Ereignis. Er verkörpert den Macher mit so viel Charisma und Leidenschaft, dass man ihm gerne überall hin folgt und sich von seinen Ideen überzeugen lässt. Für diese Leistung wäre zumindest eine Nominierung für den Oscar als bester Hauptdarsteller verdient... allerdings könnte es auch sein, dass sich die Oscar-Wähler noch einmal an Pitts starken Part als cholerischer Familienvater in „The Tree of Life" erinnern und diesen dann gewissermaßen stellvertretend für beide Rollen auswählen.

    An der Seite von Brad Pitt in Höchstform zu bestehen, ist sicherlich nicht einfach. Trotzdem leistet auch Jonah Hill herausragende Arbeit. Der eher auf komische Rollen („Superbad", „Männertrip") festgelegte Mime stiehlt dem Superstar Pitt als scheuer Statistik-Nerd, der im Laufe des Films ein stattliches Selbstbewusstsein entwickelt, etliche Szenen. Und auch wenn er die Rolle absolut ernsthaft spielt, ist es doch immer wieder ziemlich lustig, wenn er als baseballunerfahrener Milchbubi, der frisch von der Uni kommt, den alten Hasen und etablierten Scouts den Weg in die auf mathematischen Formeln basierende Zukunft weist. In einer kleinen, aber aufsehenerregenden Rolle als sturer Coach Art Howe, der sauer auf seinen Chef ist und die Mannschaft deshalb nie so aufstellt, wie es die Statistik eigentlich verlangt, setzt zudem Philip Seymour Hoffman („Capote") immer wieder prägnante Glanzlichter.

    Fazit: Auch wenn die Handlung fast ausschließlich abseits des Feldes stattfindet, ist „Die Kunst zu gewinnen – Moneyball" einer der besten Sportfilme überhaupt... und deshalb auch für Baseballmuffel ein unbedingtes Muss.

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