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    Kill Me Please
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,5
    enttäuschend
    Kill Me Please
    Von Ulf Lepelmeier

    Als Regisseur Olias Barco („Snowboarder") von dem Schweizer Verband Dignitas hörte, der medizinisch-assistierten Selbstmord anbietet, aber aufgrund von rechtlichen Problemen ohne festen Standort operiert, kam ihm eine Idee: ein Film über eine fiktive Euthanasieklinik. Dem so spannenden wie heiklen Grundthema nähert sich Barco im Rahmen einer tiefschwarzen Komödie, die er auf Satiren wie „Das große Fressen" oder „Mann beißt Hund" zu beziehen versucht. Doch die Prägnanz und die Klasse dieser Vorbilder erreicht er mit „Kill Me Please" nicht. Vielmehr entwickelt sich der Schwarzweißfilm zur fragwürdigen Farce. Bloß die Jury des internationalen Filmfests in Rom amüsierte sich über den wirren Castingshow-Verschnitt über eine Todesklinik, in der die Klienten sich vor dem gestrengen Dr. Krueger ins Zeug legen, um das eigene Traumableben ermöglicht zu bekommen – und vergab den „Goldenen Marc Aurel" an Barcos Film. Warum? Das wird wohl ihr Geheimnis bleiben.

    Irgendwo in der Schweiz, in der Nähe eines entlegenen Dorfes, befindet sich die Suizid-Klinik von Dr. Krueger (Aurélien Recoing). Der Arzt nimmt nach einem strengen Auswahlverfahren zahlungsfähige Lebensmüde auf, um ihnen nach intensiven Gesprächen über ihren Todesentschluss einen würdevollen Abgang nach eigenen Vorstellungen zu ermöglichen. Ein opulentes letztes Mahl oder das Ableben während des Sexualaktes sind dabei oft geäußerte Wünsche. Doch während die Klienten sich zahlreich bei Dr. Krueger um dessen Selbstmorderlaubnis bemühen, hat das Finanzamt ein Auge auf die Klinik geworfen. Und die Dorfbewohner sind auch nicht gerade erfreut über die moralisch fragwürdige Spezialklinik in unmittelbarer Nachbarschaft. Nach einem Brand, der ein Menschenleben kostet und bei dem die Nahrungsvorräte der Klinik vernichtet werden, beginnt das geregelte Klinikprozedere außer Kontrolle zu geraten...

    Was der gehässige Dieter Bohlen für „Deutschland sucht den Superstar" darstellt, wird hier durch den weitaus behutsamer sprechenden, keineswegs aber minder selbstgefälligen Dr. Krueger repräsentiert. Die Kandidaten senden dem Arzt Bewerbungsvideos zu, auf denen sie die Beweggründe ihres Todeswunsches darlegen. Wenn Dr. Krueger nicht gerade nach seinen Klienten schaut, sichtet er diese Seelenstriptease-Dokumente und wählt nach eigenem Gutdünken und unter besonderer Berücksichtigung der finanziellen Lage der Kandidaten einige „Glückliche" aus. So skurril die Ausgangslage ist, so verschroben sind dann auch die Lebensmüden, die aufgescheucht vor einem ausbrechenden Feuer flüchten, um anschließend zu beklagen, dass sie selbst noch nicht das Zeitliche gesegnet haben. Ganz im Sinne dieser Szene schwankt Barcos Groteske konstant zwischen Geschmacklosigkeit, halbgar-schrulliger Komik und überzogener Dramatik hin und her.

    Eine Krankenschwester wird lebendig in einem Sarg eingeschlossen; dann wieder begeht ein Klient Selbstmord - ohne Dr. Kruegers Segen, der die Motive des Kunden für falsch hält und ihm daher noch ein schallendes „Vivo" entgegenschreit. Nur in wenigen Szenen wie dieser kommt „Kill Me Please" über das Niveau einer besonders makabren Castingshow hinaus und es blitzen Spuren einer bissigen Satire auf. Doch wenn dann schließlich noch das fröhliche Morden losgeht, verliert sich Regisseur Barco gänzlich in einem hysterischen Szenario, in dem ein Todeswilliger nach dem anderen dann eben doch nicht selbstbestimmt in die ewigen Jagdgründe eintritt. Die Schwarzweiß-Bilder verleihen dem Film dabei eine eigenwillig-düstere Note, die zu den überzeichneten Figuren und den absurden Vorkommnissen nicht vollends passen will – die strenge Optik lässt das Geschehen schlichtweg als zu bedeutungsschwanger erscheinen.

    Bei so einer Prämisse bleibt den Darstellern wenig mehr übrig, als exzessiv zu leiden und überhaupt hemmungslos zu übertreiben. Nur Aurélien Recoing („Mein liebster Alptraum") verzieht als Dr. Krueger fast keine Miene. Da der selbstgefällige Doktor aber neben dem viel zu früh dahinscheidenden liebestrunkenen M. Demanet (Benoît Poelvoorde) auch schon die charismatischste Erscheinung im Todeskabinett ist, fehlt es der Satire an einer interessanten Persönlichkeit, die das Publikum hinter sich vereinen könnte. Einzig das Zweiergespann aus Bouli Lanners („Eldorado") und Saul Rubinek („Erbarmungslos") sorgt in den gemeinsamen Szenen für ein paar humorige Momente und weckt so zumindest kurzzeitig Interesse am chaotischen Leinwandtreiben.

    Fazit: „Kill Me Please" funktioniert nach dem Muster einer fragwürdigen TV-Castingshow und könnte genauso gut „Italien sucht den Superselbstmörder" heißen. Regisseur Olias Barco führt in seiner morbiden Satire durchgeknallte Todesjünger vor, ohne dabei wirklich zu schocken, zu berühren oder wenigstens zu amüsieren.

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