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    Amerikas geheimer Krieg in Laos
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Amerikas geheimer Krieg in Laos
    Von Carsten Baumgardt

    Der Vietnamkrieg (von 1965 bis 1975) ist das Trauma der US-amerikanischen Volksseele und in der Kinohistorie bereits aus allen erdenklichen Blickwinkeln beleuchtet worden. Was in Laos passierte, ist hingegen bis heute kaum im öffentlichen Bewusstsein verankert, weil dieser Krieg gegen Vietnams Nachbarn von den USA streng im Verborgenen geführt wurde und so gut wie keine Fernsehbilder verfügbar sind. Von 1960 bis 1975 infiltrierte der amerikanische Geheimdienst CIA den südostasiatischen Staat mit seinen Agenten und zettelte einen Konflikt an, der in seinen Auswirkungen auf die Zivilbevölkerung beispiellos ist. Die Amerikaner schmissen Millionen Tonnen Bomben auf Laos – also mehr als in Deutschland und Japan zusammen während des gesamten Zweiten Weltkriegs niedergingen. Filmemacher Marc Eberle folgt in seiner sorgsam recherchierten Dokumentation „Amerikas geheimer Krieg in Laos“ alten Spuren und zeichnet mithilfe von Zeitzeugen und vieler bisher unveröffentlichter Aufnahmen aus den CIA-Archiven ein scharfes Bild eines fast vergessenen Kapitels der Geschichte nach.

    Bereits der Untertitel von Eberles Film, „Die größte Militäraktion der CIA“, bringt das Thema bereits prägnant auf den Punkt. Als Basis dienen erschütternde Fotos, die der Reporter Philip Blekinsop 2003 im laotischen Dschungel schoss. Die einheimische Guerilla-Armee des Bergvolks der Hmong führt selbst nach dem Ende des Vietnamkriegs – von den USA längst im Stich gelassen - immer noch einen aussichtslosen Kampf gegen das kommunistische Regime. Während Bud Spencer und Terrence Hill eine solche Situation in ihrem Abenteuer-Klamauk Zwei Asse trumpfen auf, in dem ein japanischer Soldat noch Jahrzehnte nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs seine Stellung hält, noch grotesk auf die Schippe nahmen, ist ein solch merkwürdig-beängstigender Zustand in Eberles Dokumentation nun bitterere Realität. Allein Blekinsops mit dem World Press Award ausgezeichnetes Foto der verzweifelt klagenden Hmong-Kämpfer geht bereits schwer an die Nieren. Der australische Fotograf wird, wie er glaubhaft berichtet, die klagenden Laute dieser Gruppe niemals vergessen. Vergessen kann auch die Zivilbevölkerung nicht. Die USA haben das offiziell neutrale Laos in ein Minenfeld verwandelt, das vor gefährlichen Blindgängern nur so wimmelt und mit dem giftigen Entlaubungsmittel Agent Orange verseucht ist. Kein Land der Erde musste bisher stärkere Angriffe über sich ergehen lassen. In den Jahren 1964 bis 1973 bombardierten die Amerikaner Laos rund um die Uhr. Bei 580.000 Flügen ließen sie 2,1 Millionen Tonnen Bomben auf das „Land der Elefanten“ niederprasseln – 24 Stunden am Tag, neun Jahre lang. Das entspricht einer Bombe alle acht Minuten.

    Die Amerikaner wollten in dieser hochgeheimen Aktion, die selbst am eigenen Kongress vorbeigeschleust wurde, den für Nordvietnam so eminent wichtigen Ho-Tschi-Minh-Pfad zerstören, der den Nachschub der Vietcong sicherte und mitten durch Laos führte. 1962 baute die CIA in Long Cheng einen Luftwaffenstützpunkt, der auf keiner Landkarte der Welt erschien, aber mit 40.000 Einwohnern zur zweitgrößten Stadt des Landes heranwuchs. Die Landepiste avancierte in der Hochzeit zum verkehrsreichsten Flugplatz der Welt, von dem 400 Bomber täglich in die Lüfte stiegen. Finanziert hat die CIA diese monströse Operation mit verdeckten Drogengeschäften, die größtenteils über den Tarntransportdienst „Air America“ abgewickelt wurden.

    Eberle, der dem Pfad bis in die Ruinen von Long Chen folgt, entwirft ein präzises Bild der damaligen Situation und stellt die zentralen Personen der ungeheuerlichen Militäroperation vor. Neben dem gefürchteten laotischen Widerstandsführer Vang Pao kommen dabei unter anderem der Journalist Fred Branfman, der Historiker Alfred McCoy, der „Air America“-Pilot Charlie Weitz und das Kriegsopfer Sousath Phetrasy zu Wort. Die Rückblicke zeigen aber nicht nur die Bitterkeit der Bevölkerung. Gerade die beteiligten amerikanischen Geheimdienstler und Militärs sehen mitunter fast schon mit Wehmut auf diese turbulente Zeit zurück, in der sie in Wildwest-Manier machen konnten, was ihnen gerade in den Sinn passte. Geschickt spannt Eberle einen Bogen zu heutigen Kriegen wie den in Afghanistan oder im Irak und macht am Fallbeispiel Laos noch einmal mehr als deutlich, dass sich auch die Amerikaner hemmungslos der Mittel der Propaganda bedienen, um die Öffentlichkeit ruhig zu stellen.

    Fazit: Marc Eberle wählt für seine Dokumentation „Amerikas geheimer Krieg in Laos“ einen stilistisch klassischen Weg und fährt gut damit. Der Regisseur lässt in seiner sehr sorgfältig montierten Bildermischung aus seltenen Archivaufnahmen, Fotos und aktuellen Einstellungen einen lange Zeit vergessenen Krieg wieder auferstehen und vermittelt so einen realistischen Eindruck des Grauens.

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