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    Lissi und der wilde Kaiser
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,5
    enttäuschend
    Lissi und der wilde Kaiser
    Von Daniela Leistikow

    „Franz.“ – „Sissi.“ – „Franz, mir ist so fad.“ – „Sissi, sollen wir den Feldmarschall zum Freischuss abgeben, äh, zum Abschuss freigeben?“ Wer die Bullyparade kennt und liebt, den wird bei diesem klassischen Wortwechsel aus der Persiflage „Sissi – Wechseljahre einer Kaiserin“ die Vorfreude packen: Nach dem „Schuh des Manitu“ wurden viele Sissi-Fans herb enttäuscht, als die Crew des TRaumschiffs in der demokratischen Publikums-Abstimmung um Herbigs nächsten Film das Rennen machte. Nun ist es endlich soweit: In dem Animationsfilm „Lissi und der wilde Kaiser“ wird durch den Park von Schloss Schöngrün paniert... äh flaniert und nicht nur der Feldmarshall, sondern sogar Eiskunstläufer zum Abschuss freigegeben – nur unterhalten wird leider bei weitem nicht auf dem Niveau, das sich so mancher Fan von „Sissi – Wechseljahre einer Kaiserin“ vorgestellt haben mag.

    La Dolce Vita auf Schloss Schöngrün: Tagsüber schießt das Franzerl seiner Lissi die Schoklad-Kugeln per Golfschläger in den Mund, abends gibt sich die Kaiserin bei einer Performance à la Moulin Rouge verführerisch und ganz nebenbei sorgt der Feldmarschall dafür, dass immer genug Geldscheine im Schloss sind, um das Feuerchen im Kamin in Gang zu halten. Schlemmen, Flanieren und auch mal fünf Minuten „durch-regieren“: Das Leben könnte so perfekt sein, wäre da nicht der Yeti, der nach einem Sturz in eine Gletscherspalte dem Teufel die schönste Frau der Welt verspricht, wenn Belzebub das Leben des haarigen Griesgrams verschont. Also entführt der Yeti Lissi und Franz nimmt in Begleitung von Feldmarschall und Kaiserin-Mutter sofort die Verfolgung auf, um seine große Liebe zu retten. Doch die Botschaft, die Lissi ihrem Franz zukommen lässt, wird das rosarote Weltbild des Kaisers gehörig ins Wanken bringen...

    Was die Gags betrifft, ist „Lissi und der wilde Kaiser“ alles andere als wild: Ein harmloser - weil zahnloser und lahmer - Königstiger ist das passende Bild, will man die Lacher in Herbigs viertem Film (Debüt: „Erkan & Stefan“) beschreiben. Das Überraschungsmoment des Absurden, das Filme der Marke Bullyparade zu einem Riesenerfolg wie Der Schuh des Manitu oder einem immer noch unterhaltsamen Film wie TRaumschiff Surprise - Periode 1 machte, fehlt „Lissi und der wilde Kaiser“ fast völlig. Der Yeti fasst es an Anfang, Mitte und Ende des Films passend zusammen: „Nicht gut!“ – genau das sind viele Lacher, die Story und die Animation. Die Frisuren übertreffen in ihrer Beton-haftigkeit locker jede Drei-Wetter-Taft-Werbung, die Kleidung ist so starr, als wäre sie mit drei Kilo Stärke gewaschen und von der Ausdrucksfähigkeit der animierten Gesichter mag man gar nicht erst anfangen. Zugegeben, es gibt in Deutschland keine großen Studios wie Pixar, die den Animationsfilm mit immensen Budgets und technischen Höchstleistungen perfektioniert haben. Aber der Witz, der sollte schon qualitativ hochwertig sein – will man das großes Publikum, das ein Bully Herbig-Film in die Kinosäle locken wird, nicht enttäuschen.

    Woran also fehlt es „Lissi und der wilde Kaiser“? Zuallererst scheint die Liebe zum Sissi-Film und damit die Fähigkeit, diesen liebevoll und gekonnt zu persiflieren, nicht ganz so groß zu sein, wie die zum Der Schatz im Silbersee oder der originalen „Star Trek“-Crew um Kirk und Co. Und die Entscheidung, „Lissi und der wilde Kaiser“ als Animationsfilm zu drehen, war kein guter Schachzug für diesen Teil des Bully-versums: Die schwach animierten Figuren können die Mimik und Gestik der Figuren von „Sissi – Wechseljahre einer Kaiserin“, die den Großteil der Komik dieser Sketche ausmachte, einfach nicht so rüberbringen, wie ein echter Bully, Rick Kavanian oder Christian Tramitz. Hätte man besser einen Realfilm drehen sollen, anstatt sich auf die Geduldsprobe Animationsfilm einzulassen und drei Jahre in die Fertigstellung von „Lissi und der wilde Kaiser“ zu investieren? Dass diese Frage gestellt werden würde, war Herrn Herbig von Anfang an klar:

    „Natürlich werden die Leute nach jedem denkbaren Grund fragen, warum ich die Lissi nicht leibhaftig gespielt habe. Für einen kurzen Sketch im Fernsehen hätte ich mir das vielleicht auch noch mal vorstellen können. Aber für einen großen Film auf der großen Leinwand (...)? Da kann ich in der Rolle einer schönen Frau einfach nicht überzeugen! Natürlich hatte ich auch Angst vor der Kussszene mit Christian Tramitz. Das hätten die Leute auch nicht wirklich gern gesehen. Die meisten, zumindest...“

    Gerade das hätte bestimmt mehr Menschen zum lachen gebracht, als viele Möchtegern-Gags des fertigen Animationsfilms. Sicher, es wäre anstrengend gewesen, sich mit fast 40 in Sissis Korsett zu zwängen und trotz Atemnot und zentnerschwerer Perücke auf dem Kopf einen Drehtag als Schauspieler und Regisseur erfolgreich hinter sich zu bringen – soweit eine weitere mäßig überzeugende Begründung Herbigs, warum ein Lissi-Realfilm nicht zu realisieren war. Doch genau das hätte das Potential der Persiflage bei weitem besser ausschöpfen können: Bei einem CGI-Film ist es unmöglich, dank kreativer Chemie zwischen den drei Hauptdarstellern während des Drehs neue Gags zu improvisieren. Zudem lassen sich viele Lacher aufgrund eines eingeschränkten Budgets und somit begrenzter technischer Möglichkeiten im CGI-Film auch erst gar nicht realisieren, wie Bully Herbig einräumt:

    „Trotzdem passiert es dir immer noch, dass du den Animatoren etwas vorspielst, was du wahnsinnig komisch findest. Und siehst dann eine Gruppe Menschen, die einfach nur kollektiv den Kopf schütteln. In solchen Momenten kannst du nur ganz schnell sagen. Okay, wir machen es anders.“

    Kollektives Kopfschütteln im Kinosaal könnte jedoch die Folge davon sein, dass man es nicht von Beginn an anders gemacht hat. Bei genauerer Betrachtung wird der ein oder andere Zuschauer sogar feststellen können, dass man in „Lissi und der wilde Kaiser“ manches der amerikanischen Konkurrenz nachgemacht hat: Ein grimmiges, ungeselliges Monster, dass sich während des Abenteuers von Grund auf wandelt? Anspielungen auf Blockbuster wie Fluch der Karibik, King Kong oder Moulin Rouge? Danke, das haben wir in „Shrek“ schon mal besser gesehen. Unvergleichlich ist in „Lissi und der wilde Kaiser“ einzig die Vielfalt an Stimmen, Dialekten und somit Charakteren, mit denen das Team um Bully diesen Animations-Schmarn würzt.

    Fazit: Ein paar Momente gibt es schon, in denen „Lissi und der wilde Kaiser“ die Lacher auf seiner Seite hat. Aber diese wenigen Minuten reichen einfach nicht aus, um an vorangegangene Erfolge anzuknüpfen. Fast alles, was an „Sissi – Wechseljahre einer Kaiserin“ zum Brüllen komisch war, kann in einem Animationsfilm nicht auf die große Leinwand übertragen werden. Würden sich Sissi und Franz „Lissi und der wilde Kaiser“ ansehen, wäre der Kaiserin wahrscheinlich so fad, dass ihr Liebster gleich die halbe Armee zum Freischuss abgeben oder zum Abschuss freigeben müsste, um ihr die Langeweile zu vertreiben.

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