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    Glimmer Man
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,5
    enttäuschend
    Glimmer Man
    Von Björn Becher

    Selbst unter den härtesten Steven-Seagal-Fans ist umstritten, was richtig ist: Ging seine Karriere bergab, als er anfing, mit Rappern und Comedians als Partner Buddy-Movies zu drehen, oder war diese Maßnahme nicht vielmehr der letzte verzweifelte Versuch, den Karriereabfall durch das Erschließen eines neuen Zielpublikums abzuwenden? Eins ist auf jeden Fall sicher: „Glimmer Man”, das erste Seagal-Buddy-Movie, wurde zum entscheidenden Schritt bei Seagals Abstieg vom respektablen Action-Kinostar zum B-Movie-Videothekendarsteller. Der Flop an den Kinokassen geriet zum Desaster für Seagals Karriere. Mit US-Einnahmen von nur rund 20 Millionen Dollar übertraf dieser gerade einmal knapp das Einspiel seines Debüts „Nico”. Dabei war dieses jedoch eine kostengünstige Produktion, während „Glimmer Man” stattliche 45 Millionen Dollar kostete und auch nach seiner weltweiten Auswertung ein Verlustgeschäft darstellte. Die Verleiher verloren ein Stück weit das Vertrauen in Seagal.

    Der folgende Film „Fire Down Below” wurde in Deutschland schon nur noch auf DVD ausgewertet. „The Patriot” kam dann auch in den USA nur noch in die Videotheken und der nach drei Jahren Pause als Comeback gefeierte Exit Wounds, der noch einmal verhalten die Kinokassen klingeln ließ, war rückblickend betrachtet nur ein letztes Aufbäumen. Als der unterirdische „Half Past Dead” anschließend gerade so noch sein Mini-Budget einspielen konnte, war Seagal im Kino endgültig Geschichte. Seit 2003 produziert er mit Budgets zwischen zehn und 20 Millionen Dollar nur noch Direct-To-DVD-Ware. Die Schlagzahl hat er dabei zuletzt drastisch erhöht. Statt ein bis zwei Werke im Jahr und auch mal einer Pause dazwischen, gibt es nun laufend Nachschub für seine letzten verbliebenen hartgesottenen Fans: Drei bis vier Werke pro Jahr sind keine Seltenheit. Dabei erreicht er immer wieder neue Tiefpunkte und ein Aufwärtstrend ist nicht erkennbar, so dass rückblickend gesagt werden muss: Mit „Glimmer Man” fing das Übel zwar an, der absolute Tiefpunkt war mit dem enttäuschenden Streifen aber noch lange nicht erreicht.

    Ein ritueller Serienmörder geht in Los Angeles um. Da der ermittelnde Polizist Detective Jim Campbell (Keenen Ivory Wayans) nicht weiter kommt, fordert er den Experten Lt. Jack Cole (Steven Seagal) als Verstärkung an. Was er noch nicht ahnt: Cole hat früher für die Regierung die ganz dreckigen Aufgaben erledigt und war daher gezwungen, immer wieder wechselnde Identitäten anzunehmen. Nun erkennt er gleich den entscheidenden Clou: Es gibt zwei Täter - den rituellen Mörder und einen Profi, der seine Auftragsmorde einfach dem Serienkiller anhängt. Als Coles Ex-Frau getötet wird und die Polizei seinen Fingerabdruck auf der Leiche findet, rückt der schlagfertige Buddhist selbst ins Zentrum der Ermittlungen. Doch Cole ahnt, dass der Killer ihn so aus dem Weg zu räumen versucht und damit in seiner eigenen schmutzigen Vergangenheit zu suchen ist…

    Jason Grey hat in seiner Karriere zwar zahlreiche TV-Filme gedreht, von sich reden machte er aber nur als Erfinder der erfolgreichen Mystery-Serie „Ghost Whisperer“. Grey ist halt einfach kein guter Regisseur. Auch „Glimmer Man“ weist ungewöhnlich viele Anschlussfehler und Regiepatzer auf. Der Versuch, dem Film einen düster-stylishen Anstrich zu verpassen, scheitert auf der ganzen Linie. Die Intention von Drehbuchdebütant Kevin Brodbin (Mindhunters, Constantine) ist klar: Ein Jahr vorher kam mit Sieben ein Serienkillerfilm in die Kinos, der zum Instant-Klassiker wurde. In dessen Fahrwasser sollte auch „Glimmer Man” mitschwimmen, geht dabei jedoch schon nach wenigen Minuten unter. Die Geschichte ist viel zu einfältig, Spannung will - auch wenn der verregnete Großstadt-Look aus Finchers Film kopiert wird - genauso wenig wie Atmosphäre aufkommen und die Hauptdarsteller zu vergleichen, wäre sowieso unfair.

    Steven Seagal ist ein extrem limitierter Schauspieler. Aber zu den Zeiten, als er noch fit und durchtrainiert war, konnte er zumindest richtig gut austeilen und spaßige, gelungene Actionszenen fabrizieren. Doch in „Glimmer Man” gibt sich Seagal offensichtlich nicht mehr mit der Rolle des stumpfen Actionhelden zufrieden. Er wollte schauspielern, lustig sein und nebenbei seinen buddhistischen Glauben unters Volk bringen. Während letzteres wenigstens nur zeitweise nervt, scheitert der Rest durchgehend. Seagal spricht in „Glimmer Man” wahrscheinlich soviel wie in allen vorherigen Filmen zusammen, doch die Sprüche treffen nur selten ihr Ziel. Er und Komödiant Keenen Ivory Wayans (Regisseur von Scary Movie 2, White Chicks, Little Man) spielen sich als ungleiches Duo in altbekannter Buddy-Manier die Bälle zu, doch gewitzt ist das nie. Stattdessen greift Autor Brodbin meist auf ausgelutschte Gags über die unterschiedlichen Hautfarben des Duos und Coles Religiosität zurück. Was dabei heraus kommt, war schon mehrfach in zahlreichen ähnlichen Filmen zu sehen. Und wenn Brodbin mal etwas Neues probiert, etwa einen Witz rund um den Klassiker Casablanca, kreiert er dabei nur einen weiteren Anwärter für den lahmsten Spruch des Jahres. „Glimmer Man“ markiert übrigens den Anfang eines mittlerweile zum Standardrepertoire von Seagal-Filmen gehörenden Gag: Egal ob Widersacher oder Freunde, alle machen sich über seine Kleidung, seine Frisur und seinen indianisch-asiatischen Schmuck lustig – für den Zuschauer wirken diese Beleidigungen allerdings nie sonderlich amüsant.

    Richtig aufdrehen tut „Glimmer Man” daher nur, wenn Seagal von der Leine gelassen wird, sprich: Hintern versohlen darf. Gerade sein erster größerer Prügelauftritt, der aus einer Konfrontation mit einer Bande Russen resultiert und bei dem eine ganz spezielle Kreditkarte eine wichtige Rolle spielt, macht Laune. „Glimmer Man” ist dabei, wie man es von Seagal gewohnt ist, recht hart ausgefallen, so dass die FSK-16-Freigabe - gerade im Vergleich mit manch anderen Werken des Prügelkönigs - verwundert. Bei solchen Szenen wünscht sich der Seagal-Fan den alten Steven zurück, der nicht durch eine pseudo-komplexe Story watet, sondern einfach nur auf Rache sinnt und dabei - wie zum Beispiel mit John Flynn in Deadly Revenge - einen routinierten Regisseur an seiner Seite hat. Bei den Prügelszenen kommt übrigens der Standardabgang für Seagal-Gegner so häufig zum Einsatz wie wahrscheinlich in keinem anderen Streifen: Mehrfach werden Widersacher durch ein Fenster hinausbefördert - eine Szene, die sich in fast jedem Seagal-Film finden lässt.

    Dass mit Bob Gunton (Machtlos, Der Sturm), Hollywoods Nebendarstellergesicht Nummer 1, Stephen Tobolowsky (Basic Instinct, Adaption, serie,11) und schließlich Brian Cox (Die Bourne Verschwörung, X-Men 2, Krass) gleich eine ganze Riege namhafter Akteure mit von der Partie ist, wirkt sich leider nicht positiv aus. Alle bekommen vom Drehbuch viel zu wenige Möglichkeiten, sich zu profilieren, so dass die vielversprechenden Namen schlussendlich allesamt verschenkt werden. Daher ist es auch verständlich, dass Tommy Lee Jones, der nach Alarmstufe: Rot noch einmal den Antagonisten mimen sollte, kurzfristig absprang. Ausgerechnet Nebendarsteller Wayans, in den wohl die wenigsten Hoffnungen gesetzt wurden, gelingt es zumindest halbwegs glaubhaft, einen Spagat zwischen Comedy-Buddy und ernstem Ermittler hinzubekommen.

    Fazit: „Glimmer Man“ ist ein verzweifelter, komplett misslungener Versuch, Actionstar Steven Seagal in einem Thriller mit Buddy-Movie-Komponente zu platzieren. Seagal ist lustig und macht Spaß, wenn er nicht lustig sein will, sondern mit ernster Mine Bösewichte verprügelt. Sobald er spaßig sein will, wird es hingegen langweilig. Und der Ansatz, mal eine etwas anspruchsvollere und komplexe Story zu erzählen, geht auch daneben.

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