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    Like A Dragon
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Like A Dragon
    Von Björn Becher

    Das Sega-Prügelspiel „Yakuza“ ist eine hochinteressante Vorlage für eine Verfilmung. Immerhin hat sich Entwickler Toshihiro Nagoshi mit dem Bestsellerautor Seishu Hase (Buchvorlagen für die japanischen Thriller „The City Of Lost Souls“ und „M“) einen kreativen Kopf ins Boot geholt, der erst einmal ein richtiges Drehbuch geschrieben hat, welches dann als Grundlage für das Spiel diente. So bietet „Yakuza“ eine - gerade für eine Gewaltorgie - ungemein komplexe Story, die viele überraschende Wendungen bereit hält und bei der lange Zeit unklar bleibt, wer die Fäden im Hintergrund zieht und wer eigentlich auf welcher Seite steht. Eigentlich könnte man es sich ja nun leicht machen und einfach auf Hases Drehbuch zurückgreifen. Lediglich die zahlreichen Nebenkriegsschauplätze, die nur die Spieldauer verlängern und dem Spieler noch mehr Prügelspaß bringen sollen, müssten weggeschnitten werden und schon hätte man ein wendungsreiches Actiondrama. Zum einen wäre das aber wenig kreativ und für Fans des Spiels eher langweilig, zu anderen wäre die komplexe Handlung noch immer nicht annähernd in einem zweistündigen Spielfilm umsetzbar. Daher haben sich das Regie-Enfant-Terrible Takashi Miike (Audition, Sukiyaki Western Django, The Call) und sein Drehbuchautor Seiji Togawa für einen ganz anderen Weg entschieden. Der Hauptcharakter und einige Elemente der Grundhandlung wurden beibehalten, ansonsten dreht sich die Story nun aber um völlig neue Nebenplots. Im Vordergrund steht weniger eine dramatische Geschichte voller Richtungsänderungen, sondern vielmehr hemmungsloser Spaß. So ist „Like A Dragon“ nicht der komplexe und dichte Yakuza-Thriller, der bei der Vorlage auch möglich gewesen wäre, sondern ein buntes und wildes Knallbonbon, das genau so aussieht, wie sich der Fan die werkgetreue Verfilmung eines herkömmlichen Prügelspiels vorstellt.

    Rekordtemperaturen bringen Tokios Bürger zum Schwitzen und im Stadtteil Shinjuku überschlagen sich während der Hitzewelle die Ereignisse. Zwei Gangster haben eine Bank überfallen und Geiseln genommen. Denn zu aller Verwunderung war der Tresor leer. Die zehn Milliarden Yen Yakuza-Geld, die dort sein sollten, sind spurlos verschwunden. Während die Polizei um den überforderten Cop Noguchi (Sho Aikawa) der Geiselnahme ratlos gegenübersteht, ist der koreanische Killer Park (Yoo Gong) angereist, um den Milliarden-Dieb zu erledigen. Zeitgleich sind im selben Viertel zwei Teenager unterwegs, denen spontan die Idee kam, ein paar Geschäfte zu überfallen. Auch der ehemalige Yakuza Kazuma Kiryu (Kazuki Kitamura) ist vor Ort. Zehn Jahre saß er unschuldig wegen Mordes im Gefängnis. Gerade frisch entlassen, nimmt er sich nun der kleinen Haruka (Natsuo) an, die ihre Mutter sucht. Doch Kazuma muss sich dabei allerhand ehemaliger Kollegen erwehren, denn die Yakuza ist nicht sonderlich gut auf ihn zu sprechen und schickt ihm Schläger auf den Hals. Angeführt werden diese von dem brutalen Psychopathen Goro Majima (Goro Kishitani), der Shinjukus Straßen kurzerhand in ein Schlachtfeld verwandelt. Mitten in dem Chaos findet sich der zynische Cop Date (Yutaka Matsushige), der als einer von wenigen den Durchblick zu haben scheint. Bald kreuzen sich die Wege aller Beteiligten – mit blutigen Konsequenzen…

    Schon nach wenigen Minuten werden Fans der Computerspiel-Vorlage vor allem von der getreuen Umsetzung der Settings begeistert sein. Da bleibt dem Gamer schon der Mund offen stehen, wenn er zum ersten Mal einen Blick aus der Helikopterperspektive auf das Stadtviertel werfen darf und dann sieht, wie Kazuma genauso durch die Straßen eilt, wie er ihn zuvor im Spiel durch diese Gassen gesteuert hat. Offensichtlich wurde hier das Augenmerk auf eine möglichst detailgetreue Umsetzung gelegt und Kenner des SEGA-Games werden schnell die einzelnen Shops und Straßenecken wiedererkennen und deshalb immer genau wissen, wo sich der Held gerade befindet. Diese Kenntnis ist zum Verständnis des Films natürlich kein Muss, aber ein nettes Extra allemal.

    Die Mühe, die Entwicklung der Story bis ins Detail nachzuvollziehen, sollte sich allerdings niemand machen. Ohne Kenntnis der Vorlage dürfte dies eher schwer fallen, was aber auch gar nicht weiter schädlich ist. „Like A Dragon“ ist nämlich vor allem eines: ein skurriles Fun-Movie, gnadenlos überdreht und mit knallbunter Action bis zum Geht-nicht-mehr vollgestopft. Die Plots um die Bankräuber und die Teenager, die auch gerne Gangster wären, haben deshalb auch nicht sonderlich viel Relevanz für den Hauptstrang um Ex-Yakuza Kazuma, sondern dienen vor allem als Anlass für zusätzliche Komik und groteske Szenen. Folgerichtig rücken die beiden Sub-Plots im Fortgang der Handlung auch immer mehr in den Hintergrund und machen Kazumas Suche nach der Mutter von Haruka Platz. Daneben entpuppt sich Shinjuku als Paradies für skurrile Figuren wie zum Beispiel den sadomasochistischen Waffenhändler (YosiYosi Arakawa), der immer gut informiert ist und deshalb von nahezu jeder relevanten Person zwischenzeitlich aufgesucht wird. Fans der Vorlage werden allerdings Untergrundkönig und Bettlerboss Kage vermissen, der genauso wie sein gesamter Überwachungsapparat leider nicht in die Filmhandlung integriert wurde.

    Technisch ist „Like A Dragon“ über weite Strecken große Klasse. Vor allem die Kämpfe sind ein wahrer Augenschmaus und punkten mit ausgefallenen Ideen, die sich häufig als Referenzen ans Videospiel erweisen: Es freut den Fan natürlich, wenn ihm bekannte Kampftechniken vorgesetzt werden. Vor allem wenn Goro Kishitani als Majima beteiligt ist, bekommt die Basis einiges an Skurrilem geboten. Schon seine Einführung im Baseballkäfig ist ein riesiger Spaß, nutzt er den Kopf eines Gangmitglieds doch schnell mal als „Polster“ zwischen Ball und Schläger. Eine anschließende Prügelei zwischen seiner Yakuza-Gang und einer riesigen Horde von Straßenrowdys und seine Aufeinandertreffen mit Kazuma toppen den ersten Auftritt sogar noch (und werden von Mal zu Mal abgedrehter). Auf der technischen Ebene sind eigentlich nur zwei Dinge zu beanstanden: Der CGI-Hubschrauber und die große Explosion im Finale sehen doch sehr mäßig aus - beim Helikopter ließe sich sogar kurz vermuten, die Macher hätten die entsprechende Sequenz direkt aus dem Spiel genommen. Bei den Kämpfen ist der CGI-Einsatz zwar ebenfalls deutlich zu erkennen, doch diese vermeintliche Schwäche funktioniert bei aus der Vorlage bekannten Elementen wie dem „Heatmodus“ und Majimas Baseballeinsätzen als Referenz an das Ausgangsmedium exzellent.

    Vor allem im Finale (Schauplatz: Millennium Tower) wird endgültig klar, dass hier ein Videospiel als Vorlage diente. Wenn der halbtote Kazuma ein „Heat-Powerup“ trinkt und dann im „Heatmodus“ auf seinen Widersacher Nishiki (Kuroudo Maki) einprügelt, dass die Fetzen fliegen, hat das mit einem - in einer „realen“ Welt spielenden - Yakuza-Actioner nichts mehr zu tun. Dafür entpuppt sich „Like A Dragon“ hier aber endgültig als eine absolute Spaßgranate.

    Bei den Darstellern stiehlt der Bösewicht allen die Show. Die schräge Figur des Majima von einem kleinen Nebencharakter im Spiel zu einer der Figuren mit der meisten Leinwandzeit auszubauen, erweist sich als kluger Schachzug. Denn Goro Kishitani (The Call) rockt in dieser Rolle einfach gewaltig und jede Szene mit ihm ist ein eigenes kleines Fest. Da stinkt Kazuki Kitamura (Samurai Commando - Mission 1549, Blood And Bones) im Vergleich fast zwangsläufig ab, vor allem weil er als schweigsamer Held einfach nicht cool genug rüberkommt. Im Übrigen setzt Miike auf einen soliden Cast mit einer Menge vertrauter Namen, wobei es ein wenig schade ist, dass die Rolle von Sho Aikawa (Blood, Zebraman) recht klein ausfällt.

    Fazit: Das SEGA-Videospiel „Yakuza“ (das mit Namen wie Eliza Dushku, Michael Madsen, Rachael Leigh Cook, Mark „Luke Skywalker“ Hamill, „Smallville“-Star Michael Rosenbaum und „A-Team“-„Murdock“ Dwight Schultz übrigens eine illustre Sprecherriege aufweist) ist ungemein komplex und hat eine dramatische und wendungsreiche Story. Takashi Miikes Leinwandumsetzung „Like A Dragon“ geht nun zwar einen völlig anderen Weg und erreicht so nicht ganz die überragende Klasse der Vorlage, ist aber erfrischend anders und macht jede Menge Spaß.

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