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    Kein Mittel gegen Liebe
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,5
    enttäuschend
    Kein Mittel gegen Liebe
    Von Helgard Haß

    Nach dem Kritiker-Erfolg „The Woodsman", einem Resozialisierungsdrama um einen bußfertigen Kinderschänder (Kevin Bacon), befasst sich die amerikanische Filmemacherin Nicole Kassell in ihrem zweiten Spielfilm nun einmal mehr mit einem heiklen Thema: mit dem Lebensabend einer Krebskranken. Der Film soll schweres Drama, tragikomisch und romantisch zugleich sein – zu einem schlüssigen Ganzen hat Kassell diese Elemente in „Kein Mittel gegen Liebe" jedoch nicht zusammenfügen können. Dafür ist das Drehbuch zu unkonzentriert, dafür bekommt der starke Cast zu wenig zu tun. Worauf Kassell eigentlich hinauswill – ist der Krebstod etwa doch nicht so tragisch, solange vor dem Ende noch die große Liebe gefunden wird? – bleibt bis zum Schluss vage. Zu vage für eine Filmemacherin, deren Kinodebüt so bestechend ausdrucksstark war.

    Marley (Kate Hudson) genießt ihr Leben in vollen Zügen. Sie hat einen guten Job, tolle Freunde und genießt kurzweilige Bettgeschichten. Nachdem sie mit einer überzeugenden Präsentation einen wichtigen Kunden gewonnen hat, wird sie zur jüngsten Vizepräsidentin der Firma ernannt. Als sie sich plötzlich immer dünner und schwächer zu fühlen beginnt, lässt sie sich von einem Arzt untersuchen. Der schüchterne Dr. Julian Goldstein (Gael García Bernal) muss ihr die Hiobsbotschaft überbringen: Marley ist unheilbar an Krebs erkrankt – und erkennt darüber, dass ihr noch etwas Wichtiges im Leben fehlt...

    ...und zwar die große, einzig wahre Liebe! Wie sollte es sonst auch sein? Dabei bekommt sie Hilfe von oben: Im Sinne des viel passenderen Originaltitels „A Little Bit of Heaven" trifft Marley während einer Untersuchung im Krankenhaus auf Gott (nach Alanis Morissette in „Dogma" wieder weiblicher Natur: Whoopi Goldberg) und bekommt drei Wünsche zugestanden. Zwar wird die Erfüllung dieser Wünsche erzählerisch einigermaßen plausibel gelöst, ihre Schwere und zum Teil auch ihren Realitätsbezug verliert die Geschichte jedoch durch diesen all zu offen ausgespielten Deus-Ex-Machina-Moment.

    Während Marley zu Beginn noch vor Lebenslust und Humor sprüht, verdüstert sich über ihre Auseinandersetzung mit ihrem kurz bevorstehenden Tod auch die Atmosphäre des Films. Eine Herausforderung, der die bislang eher auf schlagfertige Energiebündel („Wie werde ich ihn los - in 10 Tagen", „Ein Schatz zum Verlieben") abonnierte Hauptdarstellerin Kate Hudson nicht immer gewachsen ist – nicht zuletzt, weil zwischen ihr und Gael Garcia Bernal einfach keine Funken sprühen wollen und der verträumt-romantische Aspekt des Films so bloße Behauptung bleibt. Zum Schluss wird dann erwartungsgemäß heftig auf die Tränendrüse gedrückt, wenn sich alle Beteiligten noch ein letztes Mal mit Marley aussprechen und von ihr verabschieden.

    So rührselig diese Szenen auch sind, so würdevoll werden sie von den starken Nebendarstellern getragen; von Lucy Punch („Ich sehe den Mann Deiner Träume"), Rosemarie DeWitt („Rachels Hochzeit") und Romany Malco ("Jungfrau (40), männlich, sucht...") als Marleys Freundinnen, vor allem aber von Kathy Bates („About Schmidt") und Treat Williams („Love Vegas"), die als Elternpaar eine Konklusion für eine spannungsreiche Beziehung zur todkranken Tochter finden müssen. Mit dem Gastauftritt von Peter Dinklage („Game of Thrones") als Eskort Vinnie, der die bedrückte Marley aufheitern soll, wird „Kein Mittel gegen Liebe" für wenige Augenblicke nahezu großartig – zumindest im unvergleichlichen Dinklage-Originalton, den die deutsche Synchronisation komplett verfehlt.

    Um den Film zwischen Tragödie und romantischer Komödie auszupendeln, dafür sind diese lichten Momente jedoch einfach zu rar gesät. Dafür wird Marleys Geschichte zu kitsch- und klischeetriefend erzählt, dafür ist Kassell zu wenig an einer substantiellen Auseinandersetzung mit Sterblichkeit interessiert. „Kein Mittel gegen Liebe" ist rührseliges Betroffenheitskino, das eine existenziell bedrohliche Lage artig über eine himmlische Katharsis auflöst. Dass Nicole Kassell nach ihrem mutigen Debüt „The Woodsman" ein so harmloses und gefälliges Zweitwerk abliefert, ist eine echte Enttäuschung.

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