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    24: Redemption
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    24: Redemption
    Von Björn Becher

    Schon seit Jahren halten sich hartnäckig die Gerüchte, dass die Macher der Thriller-Serie serie,28 einen Kinofilm planen. Realisiert wurde dieses Vorhaben bislang jedoch nicht. Als im vergangenen Jahr die siebte Staffel aufgrund des Autorenstreiks und diverser kreativer Probleme verschoben werden musste, wurden die ohnehin schon existenten Pläne für einen zwischen den Staffeln spielenden „24“-Film aus der Schublade geholt. Mit einem TV-Budget und bei strikter Einhaltung des Echtzeitgebots ist „24: Redemption“ ein Testballon für ein mögliches Kinoabenteuer. So lautet die abschließende Frage natürlich: Funktioniert Jack Bauer auch in Spielfilmlänge? Die Antwort ist ein klares „Jein“. Anhänger bekommen ordentliche TV-Kost geboten, die qualitativ jedoch deutlich hinter der Serie zurückbleibt und zu keinem Zeitpunkt Kinoniveau erreicht. Neulinge und Gelegenheitszuschauer dürften sogar rein gar nichts mit Jon Cassars Film anfangen können. Zumindest erweist sich eine Neuerung als gelungener Kniff: Zum ersten Mal erscheint auf DVD eine längere Version, die die Lücken ausfüllt, in denen bei der Fernsehausstrahlung Werbung zu sehen ist.

    Einige Jahre nach den Ereignissen der sechsten Staffel, es ist Punkt 15.00 Uhr Ortszeit: Ex-Antiterrorkämpfer Jack Bauer (Kiefer Sutherland) ist auf der Flucht vor den Sünden seiner Vergangenheit und der US-Regierung, die ihn verhaften will, in dem (fiktiven) afrikanischen Staat Sangala gelandet. Hier betreibt sein ehemaliger „Special Forces“-Kamerad Carl Benton (Robert Carlyle) eine Schule für Waisenkinder. Doch die US-Behörden lassen nicht locker. Der Bürokrat Frank Trammell (Gil Bellows) vermittelt Bauer, dass dieser sich stellen müsse, um Konsequenzen für Bentons Schule zu vermeiden. Doch bevor Bauer erneut fliehen kann, überschlagen sich die Ereignisse: Der Kriegsverbrecher Colonel Benjamin Juma (Tony Todd, serie,23) und seine rechte Hand Colonel Ike Dubaku (Hakeem Kae-Kazim, Hotel Ruanda) planen, mit einer Armee aus Kindersoldaten den demokratisch gewählten Präsidenten Motobo (Issach De Bankole, Ghost Dog) zu stürzen. Dabei werden sie von dem ebenso einflussreichen wie zwielichtigen Amerikaner Jonas Hodges (Jon Voight) mit Geld und Waffen unterstützt. Bei der „Rekrutierung“ neuer Soldaten fallen die Rebellen auch in die Schule ein, wo sie auf Bauer treffen. Zeitgleich bereiten sich die USA auf einen Präsidentschaftswechsel vor. Der scheidende Wahlverlierer Noah Daniels (Powers Boothe) ist nur noch zwei Stunden an der Macht, bevor er die Amtsgeschäfte an seine designierte Nachfolgerin Allison Taylor (Cherry Jones, Swimmers) übergeben muss. Obwohl diese in Sangala militärisch intervenieren will, gibt Daniels als letzte Amtshandlung gegenteilige Befehle: Er lässt die US-Botschaft schließen und das Gelände evakuieren. Für Bauer und Benton bedeutet dies, dass sie sich beeilen müssen, wenn sie die Kinder noch außer Landes bringen wollen…

    Wie dieser umfangreiche Inhaltsabriss zeigt, bleibt auch der erste Film im „24“-Universum einem Konzept der Serie treu: Es gibt mehrere parallel ablaufende Handlungsstränge. Neben dem Hauptstrang um Jack Bauer, der in Afrika die Kinder rettet, spielt ein Großteil des Geschehens in Washington. Und zwar nicht nur, weil die Präsidentschaftseinführung ansteht, sondern auch, weil hier ein junger Banker (Kris Lemche, Final Destination 3) Geldgeber Hodgens auf die Schliche kommt. Dieser Banker ist außerdem der beste Freund des Sohnes (Eric Lively, Butterfly Effect 2) der zukünftigen Präsidentin, mit dem er auch noch eine gemeinsame Drogenvergangenheit hat. Diese Handlungsdichte entpuppt sich bei gerade einmal zwei Stunden Laufzeit als zweischneidiges Schwert. Der komplette Strang um den Banker ist für den Film irrelevant, bremst das eigentliche Geschehen aus und raubt kostbare Spielzeit. Da passiert es dann auch schon mal, dass Bauer (zu) kurz nach einer Verfolgungsjagd im Wald plötzlich in der nächsten Stadt auftaucht.

    Die DVD-Fassung ist besser als die TV-Version, weil sie dem Geschehen immer wieder nötige ruhigere Momente beschert. Außerdem wird in dieser auch das unklare Schicksal eines Charakters enthüllt, was ein weiterer Fingerzeig für die Handlung der kommenden Serienstaffel sein dürfte. Daher ist „24: Redemption“ als für sich stehender Film auch nur ein mäßiges Vergnügen. Andererseits wollen Hardcore-Fans natürlich nicht auf diese Handlungshintergründe verzichten, die in der siebten Staffel (zumindest in Form von Bildern) ja auch nicht mehr nachzureichen wären. In dieser Hinsicht raubt das Echtzeit-Gebot halt einige erzählerische Freiräume.

    Dass sowohl Drehbuchautor Howard Gordon („Akte X“) als auch Regisseur Jon Cassar auf eine „24“-Erfahrung seit dem ersten Tag zurückblicken, macht sich bezahlt. Die beiden wissen, welche Knöpfe sie drücken müssen, um die nötigen Emotionen aus dem Zuschauer herauszukitzeln. Das ist zwar bisweilen arg durchschaubar, funktioniert aber weitestgehend trotzdem. Bereits der Einstieg, in dem ein angehender Kindersoldat unter dem anfeuernden Geschrei seiner „Kameraden“ einen Mann tötet, ist knüppelhart. Und auch sonst sparen die Macher nicht an den (erwarteten) emotionalen Momenten. Intensive Szenen zwischen Bauer und den ihm anvertrauten Kindern, Folter und um Einlass flehende Menschen an den Toren der amerikanischen Botschaft dürfen einfach nicht fehlen. Und - ebenso „24“-typisch - steht Bauer natürlich irgendwann einem Kindersoldaten mit gezogener Waffe gegenüber.

    Eine der besten Szenen spielt in Washington: Die Diskussion der beiden „Präsidenten“ über das Vorgehen bezüglich des Putsches entspricht zweier realer Meinungen, die in den USA heiß umstritten sind. Die einen wollen nur da eingreifen, wo es auch was zu gewinnen gibt. Den anderen geht es hingegen um die Rettung von Menschen und Demokratie. Eine Prise ihrer konservativen Ansichten können die für ihre reaktionäre Haltung berüchtigten Serienmacher nicht verbergen: Die UNO wird in ihrer Gesamtheit nicht nur als überflüssig, sondern auch als feige und hinderlich dargestellt. Der stellvertretend präsentierte UNO-Mitarbeiter (Sean Cameron Michael, Schweitzer) wird von Jack Bauer, als es kritisch wird, sogar in einem süffisanten Tonfall zu den „anderen (!) Kindern“ geschickt.

    Zum Prunkstück von „24“ gehören die Darsteller und da bildet auch der TV-Film keine Ausnahme. Neben einigen Schauspielern, die schon aus den vorherigen Staffeln bekannt sind, stechen vor allem die namhaften Neuzugänge heraus, die beweisen, dass hier beim Cast geklotzt und nicht gekleckert wird: Der sympathische Brite Robert Carlyle (Trainspotting, Ganz oder gar nicht, 28 Weeks Later) überzeugt als Freund von Jack Bauer, auch wenn SPOILER! er mit einer zu dick aufgetragenen Aufopferungsszene abtritt. SPOILER-ENDE! Jon Voight (Asphalt-Cowboy, Ali, Der Manchurian Kandidat) bleibt als undurchsichtiger Financier mit viel Einfluss stark im Hintergrund. Seine Rolle ist hauptsächlich mit Blick auf die kommende siebte Staffel eingeführt worden. Gil Bellows („Ally McBeal“, Unthinkable) verbucht als eiskalter Bürokrat viele der Highlight-Momente klar für sich. Vom Serien-Cast ist vor allem Powers Boothe (Sin City) eine Erwähnung wert: Als Präsident konnte er am Ende der sechsten Staffel beim Zuschauer einige Sympathien sammeln, obwohl seine Rolle ursprünglich als Antagonist angelegt war. Im Film ist er allerdings wieder der doppeltes Spiel treibende Widerling. Über Kiefer Sutherland bleibt nur zu sagen, dass er seine Paraderolle gewohnt routiniert runterreißt.

    Fazit: „24: Redemption“ ist ordentliche TV-Kost und keinen Deut mehr. Die Handlung birgt für zwei Stunden Spieldauer einige Seitenaspekte zu viel. Vor allem im Finale fehlt dem Film so plötzlich die Zeit, was dem Erzählfluss gar nicht gut tut. In der aufgrund der Werbepausen kürzeren TV-Version macht sich das deutlicher bemerkbar als in der längeren DVD-Fassung, die sich insgesamt als vorzugswürdig erweist.

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