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    A Woman, a Gun and a Noodleshop
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    A Woman, a Gun and a Noodleshop
    Von Björn Becher

    Zhang Yimou behauptet, schon seit langer Zeit ein großer Fan der Regiebrüder Joel und Ethan Coen zu sein. Deren Debüt „Blood Simple“ habe ihn damals auf einem Festival dermaßen beeindruckt, dass ihn der Gedanke an den Film nicht mehr losgelassen habe. Und über zwanzig Jahre später, sei in ihm die Frage aufgekommen, wie diese Geschichte wohl in China aussehen würde. So entschloss er sich zu einem Remake, mit dem er bei der Berlinale 2010 im Wettbewerb antritt. Die Neuverfilmung erweist sich jedoch leider als weitestgehend unnötig. Denn der Kulturwechsel von West nach Ost fügt dem Film – abgesehen von zwei Clowns mit Slapstick-Auftritten - gar nichts Neues hinzu. Das einzige, was der stetig etwas unentschlossen zwischen Thriller und Komödie schwankende „A Woman, A Gun And A Noodle Shop“, mehr als deutlich aufzeigt, ist die enorm hohe Qualität des Originals der Coen-Brüder.

    Mitten in der Wüste, irgendwo im Nirgendwo des großen chinesischen Kaiserreiches, betreibt der alte Geizkragen Wang (Dahong Ni) eine Nudelküche. Er ahnt nicht, dass seine deutliche jüngere Frau (Ni Yan) ein Verhältnis mit seinem Angestellten, dem Angsthasen Li (Xiao Shen-Yang) hat. Zu Lis Entsetzen kauft sich seine Geliebte eines Tages von einem reisenden persischen Händler eine mysteriöse mächtige Mordwaffe, die auf den Namen Pistole hört. Als der gierige und überaus gerissene Polizeidetektiv Zhang (Honglei Sun) Wang von dem Verhältnis berichtet und der gehörnte Nudelchef auch noch von der Pistole erfährt, einigt man sich auf einen Auftragsmord. Zhang soll die Liebenden aus der Welt schaffen, so dass jeder denkt, sie wären gemeinsam abgehauen. Da Zhang aber auf eigene Rechnung arbeitet und zudem noch Wangs weitere Angestellte Zhao (Ye Cheng) und Chen (Mao Mao) planen, ihre ausstehenden Gehaltszahlungen eigenmächtig aus dem Safe zu holen, bricht bald das Chaos los...

    Das größte Problem von Zhang Yimous Film ist, dass der Regisseur scheinbar keinen blassen Schimmer hat, was er genau aus dem Stoff machen soll. Zu Beginn scheint es, als solle „A Woman, A Gun And A Noodle Shop“ eine völlig überzogene clowneske Groteske werden. In kunterbunten Kostümen chargiert das Ensemble wild vor billigen Kulissen, da werden die Augen theatralisch weit aufgerissen und dazu wird munter durchs Bild gehampelt. Diesem eigenwilligen Humor ist auch ein Teil der Besetzung geschuldet: Ye Cheng, ein TV-Sketch-Komiker, läuft mit übergroßen Schneidezähnen, dickem nackten Bauch und einer absonderlichen Frisur durch das Bild wie Diether Krebs zu besten Sketchup-Zeiten. Xiao Shen-Yang, ein weiterer TV- und Bühnenkomiker, gibt als ängstlicher Liebhaber mit gnadenlosem Overacting den zweiten Slapstick-Clown. Dieses Dick-und-Doof-Duo ist allerdings fast nie witzig. Erst nach und nach funktioniert der absurde Witz des Films besser. Eine Sequenz über die Nudelherstellung macht Zhang Yimou mit Martial-Arts-Anleihen zu einem derart dämlichen und überkandidelten Etwas, dass es schon wieder lustig ist. Aber gerade als man sich mit diesem absurden Stil arrangiert hat, wechselt der Regisseur plötzlich wieder den Ton.

    Mit dem Auftritt von Charakterschauspieler Honglei Sun (Triangle, Der Mongole) rückt „A Woman, A Gun And A Noodle Shop“ stärker in Richtung des Originals und plötzlich entfaltet sich eine Thrillergeschichte. Zhang versucht nun Spannung zu erzeugen, was ihm aber zu selten gelingt, weil das Geschehen dann doch wieder durch vereinzelte Kaspereien der Komiker Ye Cheng und Xiao-Shen-Yang unterbrochen wird. Erst im letzten Drittel kriegt er die Kurve: Als tatsächlich ein Mord geschieht und keine der Figuren weiß, wer der Mörder ist, erinnert „A Woman, A Gun And A Noodle Shop“ plötzlich wirklich an das Original „Blood Simple“. Ähnlich wie beim Coen-Film wird der Wissensvorsprung des Zuschauers mehrfach geschickt genutzt, um absurde Szenerien zu kreieren, die spannend und lustig zugleich sind. Doch das ist weniger ein Verdienst Zhangs als des genialen Drehbuchs der Coen-Brüder, aus dem die meisten guten Einfälle und Ideen eindeutig stammen.

    Fazit: Zhang Yimou hat mit Dramen wie Rote Laterne, Heimweg und Happy Times Festivalerfolge gefeiert und die Kritiker verzückt. Dann hat er sich mit großem Budget Martial-Arts-Epen wie Hero, House Of Flying Daggers und Der Fluch der goldenen Blume zugewandt – erneut mit großem Erfolg. Mit der zeitweise an altes chinesisches Wandertheater erinnernden Thriller-Komödie „A Woman, A Gun And A Noodle Shop“ wagt er sich nun erneut an etwas grundlegend anderes. Der erste Schritt auf diesem dritten Weg ist leider nicht gelungen, denn der Versuch die Geschichte von „Blood Simple“ nach China zu exportieren, besitzt zu wenig eigene Qualitäten. Er unterstreicht vielmehr in erster Linie, welch brillante Arbeit die Coens mit ihrem Original-Drehbuch geleistet haben.

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