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    The Rite - Das Ritual
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,5
    enttäuschend
    The Rite - Das Ritual
    Von Christian Horn

    Laut einem zu Beginn eingeblendeten Zitats von Papst Johannes Paul II. dauert der Kampf gegen Dämonen bis in die heutige Zeit an. Eine zweite Texteinblendung beschwört die wahren Ereignisse, auf denen die folgende Geschichte basiert: Auf diese Weise entfernt Regisseur Mikaël Hafstrom („Zimmer 1408", „Shanghai") seinen Exorzismus-Thriller „The Rite – Das Ritual" von der reinen Phantastik des Horrorfilms und unternimmt den Brückenschlag in die reale Welt. Dass der Vatikan auch heute noch Exorzisten ausbildet, mag für den aufgeklärten Menschen befremdlich sein, und dass „The Rite" diese katholische Praxis dann auch noch legitimiert, erscheint als fragwürdiger Anachronismus. Schlimmer wiegt jedoch die erzählerische und inszenatorische Trägheit von „The Rite", der nie wirklich in Fahrt kommt und so weder als Charakterstudie noch als Horrorfilm funktioniert.

    Weil er seinen Glauben als zu schwach empfindet, will Michael Kovak (Colin O'Donoghue) das Theologiestudium und die anstehende Priesterweihe hinschmeißen. Sein Mentor Pater Matthew (Toby Jones) kann ihm im letzten Moment noch davon überzeugen, an einem zweiwöchigen Exorzismus-Seminar in Rom teilzunehmen. Obwohl Michael nicht an die Existenz von Dämonen glaubt, belegt er den Kurs und fällt dabei vor allem durch kritische Anmerkungen auf. Als er Pater Lucas Trevant (Anthony Hopkins) kennenlernt, der bereits seit vielen Jahren Exorzismen betreibt, gerät sein Weltbild jedoch ins Wanken. Michael wohnt der von Trevant vollzogenen Dämonen-Austreibung einer Sechzehnjährigen (Marta Gastini) bei und zweifelt mit jeder Sitzung mehr an seinen rationalen Überzeugungen...

    Die Charakterstudie rund um den Zweifler Michael Kovak scheitert allein schon deshalb, weil das Drehbuch nur schematische und oberflächliche Erklärungen liefert. In Rückblenden erfährt der Zuschauer, dass Michaels Mutter verstarb, als er noch ein Kind war. Diesen Schicksalsschlag verortet Mikael Håfström recht dünn als jenes Trauma, das den angehenden Geistlichen vom wahren Glauben abhält. Hinzu kommt Michaels Hadern mit dem Zölibat, das etwa bei der Ankunft in Rom deutlich wird, als der junge Mann sichtlich angetan die Oberschenkel einer Nonne betrachtet. Erst im Angesicht des Teufels erstarkt Michaels Glaube an Gott, denn – so der Erkenntnisprozess des Skeptikers – wenn es einen Teufel gibt, so muss es auch einen Gott geben. Im Grunde handelt „The Rite" von diesem Sinneswandel der Hauptfigur und ist stets bemüht, den christlichen Glauben als mächtigen Beschützer der menschlichen Seele zu zeichnen. Als das Making-of des Exorzisten samt Feuerprobe vollzogen ist, verkündet ein abschließendes Textinsert, dass Michael Kovak heute in den USA als erfolgreicher Exorzist tätig ist: Eine katholische Erfolgsgeschichte mit bitterem Beigeschmack. Man denke nur an Hans-Christian Schmids „Requiem", der ebenfalls auf einer wahren Begebenheit beruht und das Schicksal einer jungen Studentin zeigt, die bei einem Exorzismus qualvoll verendet.

    Aufgrund der fraglichen Moral und der unzureichenden Figurenzeichnung missfällt die dramatische Heldenreise, weshalb nur noch die Horrorelemente der Geschichte übrigbleiben. Doch auch hier überzeugt der nach altbewährten Mustern ablaufende Film nur in Ansätzen. Die schaurige Lichtsetzung, die gelungene Maske und nicht zuletzt das routinierte Spiel von Anthony Hopkins verleihen den Teufelsaustreibungs-Szenen zumindest einen atmosphärischen Reiz. Leider dauert es quälend lange, bis der Horror in „The Rite" Einzug hält, weil das Drehbuch für die letztlich fruchtlose Einführung der Hauptfiguren zu viel Zeit aufwendet. Ob er die „sich drehenden Köpfe und Erbsensuppe" vermisse, fragt Trevant den angehenden Exorzisten: ein Verweis auf William Friedkins Horror-Klassiker „Der Exorzist", der „The Rite" nur in einem noch schlechteren Licht dastehen lässt. Denn es sind in der Tat solche überzeugenden Schockeffekte, die Mikael Håfströms Film fehlen und ihn auch im Vergleich zum erst kürzlich erschienenen „Der letzte Exorzismus" reichlich alt aussehen lassen.

    Folgerichtig stieß „The Rite" in den USA vor allem in katholischen Kreisen auf Zuspruch, zelebriert er doch mit großer Geste die moralische Überlegenheit und große Stärke des christlichen Glaubens im Allgemeinen und der katholischen Kirche im Speziellen: „Du kannst dich entscheiden, nicht an den Teufel zu glauben. Aber das schützt dich nicht vor ihm", warnt Pater Trevant seinen Schüler und fasst die Lehre, die das Publikum aus „The Rite" ziehen soll, so mustergültig zusammen. Aber auch fernab der zweifelhaften Exorzismus-Weihe scheitert Mikael Håfströms öde Teufelsmär, weil weder die Wandlung des Protagonisten Michael noch die arg unspektakulären Horrorszenen den Zuschauer in ihren Bann ziehen.

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