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    Out of Sight
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Out of Sight
    Von Stefan Ludwig

    Elmore Leonard schrieb die Romane nach denen „Schnappt Shorty”, „Jackie Brown” und vor kurzem „Be Cool” entstanden sind. Sein Humor findet sich auch in der Krimi-Komödie „Out Of Sight“ wieder, die Steven Soderbergh zum größeren kommerziellen Durchbruch verhelfen sollte. Zuvor hatte er nach dem Independent-Hit „Sex, Lügen und Videos“ einige Flops verbuchen müssen. Erstmals arbeitete er hier mit George Clooney zusammen, den er später immer wieder engagieren sollte. Während der Film optisch und handwerklich in von Soderberghs mittlerweile gewohnter Qualität daherkommt, liegen einige Mängel in der Glaubwürdigkeit der Handlung. Allerdings nimmt sich der Film selbst nicht ganz ernst und schafft es so, mit viel Witz und dank interessanter Charaktere bestens zu unterhalten.

    Jack Foley (George Clooney) ist Bankräuber. Für sein Leben gern, denn auch nach mehrmaligem Zuchthausaufenthalt versucht er sein Glück immer wieder. Als nach einer geglückten Geldübergabe am Schalter sein Fluchtwagen nicht anspringt, wird er erneut geschnappt. Doch vom Aufenthalt hinter Gittern hat er genug. Deshalb ergreift er die nächste Möglichkeit zur Flucht und läuft dabei Federal Marshall Karen Sisco (Jennifer Lopez) in die Arme. Sein Kumpel und Fluchthelfer Buddy verfrachtet die beiden gemeinsam in den Kofferraum, wo sie sich angeregt über Filme unterhalten.

    Über Filme? Ja, genau. Die Szene im Kofferraum ist der Auftakt einer Liebesgeschichte zwischen Gangster und Cop. Außerdem ist sie Knackpunkt für den Zuschauer, muss er doch hier entscheiden, ob er der Liebe auf die erste Begegnung Glauben schenkt. Obgleich die Szene mit einiger Raffinesse umgesetzt wurde, macht sich der mulmige Gedanke breit, ob hier nicht lediglich auf intelligente Weise in die Klischeekiste gegriffen wurde. Jack fordert von Karen eine Auszeit und erklärt, er hätte sie gerne unter anderen, normalen Umständen kennengelernt. Doch dafür ist jetzt keine Zeit, erst muss die Flucht abgeschlossen und anschließend ein neuer Coup gelandet werden.

    Die Geschichte lässt für großes Überdenken jedoch wenig Zeit und wirft den Zuschauer stattdessen in einen schillernden Mix aus Komödie, Krimi, Liebesgeschichte und Drama. Die Figurenkonstellation lebt auch von den simplen Nebenfiguren, bei denen schon mal ein fortwährendes Stolpern als wichtige Charaktereigenschaft taugt - was aber erst später ersichtlich wird. Das Drehbuch von Scott Frank, der übrigens auch „Schnappt Shorty“ für die Leinwand adaptierte und sich für „Minority Report“ verantwortlich zeigt, springt in der Zeit mitunter hin und her. Hierbei wird die Entstehungsgeschichte des späteren Überfalls beleuchtet und die Charakterentwicklung vorangetrieben.

    Steven Soderbergh zeigt in „Out Of Sight“ seine Brillanz in Optik und innovationsfreudiger Erzählweise. So durchbricht er ein Aufeinandertreffen von Jack und Karen in einer Hotelbar mit den Ereignissen, die daraufhin im Hotelzimmer stattfinden. Der Dialog der einen Szene wird teilweise über die Bilder der anderen gelegt, was dem Zuschauer mehr Aufmerksamkeit abverlangt, als es die bloße Abfolge der Szenen getan hätte. Außerdem zeigt er sich detailverliebt, wenn er über den Film verteilt einige Szenen in einem Standbild einfrieren lässt. Seine Schauspieler stellt er stets schick ins Bild und so erübrigt sich die Frage nach der Herkunft der Mär vom Reißen der großen Stars, in seinen Filmen auch unter Verzicht auf große Gagen spielen zu wollen. Er schafft es immer wieder, auch den Darstellern, die eigentlich in erster Linie mit ihrem Aussehen auf den Zuschauer wirken, richtiges Schauspielern abzufordern.

    George Clooney spielt seinen sympathischen Bankräuber in gewohnt charismatischer Art und ist vollkommen passend besetzt. Besonders der Chemie zwischen ihm und Jennifer Lopez ist es zu verdanken, dass die konstruiert wirkende Liebesgeschichte nicht zum Fiasko gerät. Die ist im übrigen hier zweifelsohne in ihrer Höchstform, schaut man auf ihre sonstige Schauspielkarriere. Sie spielt ihre sexy Agentin mit deutlich zur Schau getragener Coolness und überzeugt darin absolut ausreichend. Auch in den kleineren Rollen hat „Out Of Sight“ allerdings einige Highlights parat: Don Cheadle als Boxmanager und Ganganführer zeigt herrliche Blicke und Plappermaul Glenn Micheals alias Steve Zahn gibt eine gelungene Vorstellung des idiotischen Möchtegerngangsters.

    Die geschickte Besetzung gepaart mit dem handwerklichen Können von Soderbergh und dem schwarz angefärbten Humor machen „Out Of Sight“ zu einem Unterhaltungsfilm mit leichtem Anspruch. Leider gibt es Schwächen in der Glaubwürdigkeit der Liebesgeschichte – hier benötigt der Zuschauer einiges an Vertrauen in die Liebe auf den ersten Blick. Soderberghs Einstieg ins profitable Massengeschäft ist gut ausgefallen, von der Klasse von „Traffic“ etwa allerdings einiges entfernt. Hier wird einfach Unterhaltung gut präsentiert und verschiedene Genres funktionierend zusammengeführt. Ein besonderes Schmankerl gibt es für Fans von Tarantinos unterschätztem Meisterwerk „Jackie Brown“: Michael Keaton parodiert in einem Gastauftritt seine Rolle des stumpfsinnigen Ermittlers und tritt ebenfalls als Ray Nicolette auf.

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