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    Für einen Sarg voller Dollars
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,5
    enttäuschend
    Für einen Sarg voller Dollars
    Von Björn Becher

    Wenn ein Verleih einen Film an den Mann bringen will, dann findet der potentielle Käufer auf dem DVD-Cover meist nur Lobhudeleien. Auf den ersten Blick beschreitet auch Koch Media bei „Für einen Sarg voller Dollars“, die Nr. 7 der hauseigenen „Koch Media Western Collection“, diesen Weg. Da wird der Film zunächst als „eines der besten Werke“ des Regisseurs angepriesen. Doch bereits im nächsten Satz wird dieses Lob gleich wieder ins rechte Licht gerückt. Da heißt es nämlich, dass Regisseur Demofilo Fidani auch gerne mal als „Ed Wood des Spaghettiwesterns“ bezeichnet wird. Und wer in der Filmgeschichte auch nur ein klein wenig bewandert ist, weiß, dass Ed Woods Filme zwar kultig, aber auch grottenschlecht sind. So richtig vom Leder zieht dann Western-Experte Wolfgang Luley in seinem Informationstext im Inlay. Da wird Regisseur Fidani als einer jener Männer bezeichnet, dem „das Genre billige und miserable Produktionen zu verdanken“ hat. Und im nächsten Satz heißt es: „Hat man einmal einen Film von Fidani durchgesessen, wird man die Qualität von Perlen wie „Django“, Zwei glorreiche Halunken und Der Gehetzte der Sierra Madre erst richtig würden können.“ Recht hat der Mann. Auch wenn Fidanis billiger und lahmer Western von der Stange keine völlige Qual ist und mit etwas Wohlwollen sogar ein paar Stärken vorzuweisen hat, gehört er doch zum Bodensatz des Genres.

    Als die Brüder des brutalen Banditen Slander/Hagen (Klaus Kinski) bei einem Überfall ums Leben kommen, nimmt dieser grausame Rache: Er lässt seine Männer die Farm der Hamiltons niederbrennen und alle Familienmitglieder ermorden. Nur George Hamilton (Jeff Cameron), der jüngste Spross der Familie, überlebt, da er zum Zeitpunkt des Massakers noch nicht aus dem gerade beendeten Bürgerkrieg zurückgekehrt war. Als er von einem ehemaligen Sklaven (Ray Saunders) die Wahrheit über den Tod seiner Verwandtschaft erfährt, schwört auch er Rache. Mit einer Taschenuhr, die eine eingängige Melodie spielt, als einzigem Anhaltspunkt, macht er sich unter dem Namen Nevada Kid auf die Suche nach den Mördern. Unterstützung erhält er dabei nur von dem Kopfgeldjäger John (Gordon Mitchell).

    Demofilo Fidani hat Ende der 60er und Anfang der 70er Jahre eine ganze Latte von Western gedreht und das Einzige, was ihm dabei zugute zu halten ist, dass er extrem schnell und ökonomisch gearbeitet haben muss. Mit dem größtenteils selben Personal vor (seine Tochter Simonetta Vitellia alias Simone Blondell, Klaus Kinski und Gordon Mitchell, der praktischerweise ein Gelände zum Drehen besaß) und hinter der Kamera, arbeitete er auch mal an mehreren Werken gleichzeitig und verwertete Szenen schamlos mehrfach – also machte er Filme genau auf die Art, die auch Kulttrashfilmer Jess Franco (Ilsa – The Wicked Warden) häufig praktizierte. Das sorgt sogar heute noch für Verwirrung in seiner Filmographie: So kam „Per Una Bara Piena Di Dollari“ unter dem Titel „Adios Companeros“ in die deutschen Kinos. So heißt heute auf DVD allerdings der Fidani-Film „Giù La Testa... Hombre!“ (alias: „Ich will deinen Kopf“), der mit einer größtenteils deckungsgleichen Besetzung auskommt. Da sind Verwechslungen vorprogrammiert, zumal bei Fidani - im Gegensatz zum erwähnten Jess Franco - die Qualität nie stimmt (und dieses Unterscheidungskriterium somit auch wegfällt).

    „Für einen Sarg voller Dollars“ sticht zumindest einen winzigen Tick aus Fidanis Schaffen heraus. Im Gegensatz zu manch anderem Werk versucht der Regisseur hier nicht, die belanglose und altbekannte Story durch verwirrende Zeitsprünge nach mehr aussehen zu lassen, als sie wirklich ist, sondern zeigt ein klein wenig narratives Urteilsvermögen. Dass die Geschichte reich an unnötigen Nebenfiguren und damit unzusammenhängenden kleinen Nebenplots ist (wohl dem Umstand geschuldet, den gesamten Stammcast zumindest in mittelgroßen Rollen unterbringen zu müssen), ist da fast verzeihlich. Inszenieren kann Fidani allerdings nicht, was gerade in den Actionszenen stark ins Gewicht fällt. Da benutzt er immer wieder die gleichen Abläufe und Einstellungen. Exzessiv und blutreich gestorben werden – wie eigentlich üblich im Italo-Western – darf nicht, stattdessen läuft alles unspektakulär und langweilig ab. Einzig das Gestöhne der Darsteller erweist sich als etwas expressiver, möglicherweise wurden die Statisten sonst in den diversen italienischen Sexfilmchen jener Ära eingesetzt. Die Settings sind bei Fidani grundsätzlich noch eine Stufe billiger als bei einem durchschnittlichen Italo-Western und so kann es durchaus passieren, dass man einen Schauplatz gleich mehrfach entdeckt. Gestreckt wird die Pause zwischen zwei Actionszenen mit lahmen Dialogen, von denen einige sicher nur gedreht wurden, um überhaupt die Spielzeit eines Langfilms zu erreichen.

    Einen zumindest ordentlichen Job als Chefkameramann liefert übrigens eines der bekannteren Gesichter des italienischen Kinos ab. Hinter dem klangvollen Name Aristide Massaccesi verbirgt sich niemand geringeres als Joe D'Amato. Bevor dieser sich mit Kannibalen- und Sexfilmchen (u.a. die „Black Emmanuelle“-Reihe, „Nackt unter Kannibalen“, „Porno Holocaust“, „Man Eater – Der Menschenfresser“, „Sado - Stoß das Tor zur Hölle auf“) unter seinem Pseudonym einen berüchtigten Namen machte, durfte er hier wenigstens hin und wieder Bilder filmen, die sich nicht ständig wiederholen. So bietet die Kameraarbeit mehrfach gelungene Perspektivwechsel.

    Darstellerisch bleibt natürlich Klaus Kinski in Erinnerung, auch wenn er hier viel zu wenige Szenen zum Brillieren bekommt. Zumindest seine Einführung gleich zur Eröffnung des Films bietet dem Choleriker aber genau den richtigen Raum - und ein Italo-Western, der mit einem Kinski-Wutanfall beginnt, hat auf jeden Fall schon mal einen Pluspunkt sicher. Der restliche Stammcast von Fidani reißt die Rollen halbwegs ordentlich herunter, so dass sich die insgesamt solide Besetzung als das kleinste Problem von „Für einen Sarg voller Dollars“ erweist. Empfohlen werden kann der Film aber trotzdem nur aus zwei Gründen: 1. Weil man die „Koch Media Western Collection“ komplett im Regal stehen haben möchte. 2. Um - wie es Wolfang Luley so schön sagt – die echten Perlen des Genres danach erst richtig würdigen zu können.

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