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    The Riverman
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    The Riverman
    Von Christoph Petersen

    Zwischen 1982 und 1984 wurden die Leichen von fast 50 Frauen rund um den Green River in der Nähe von Seattle gefunden – ein Täter konnte damals allerdings nicht identifiziert werden. Erst im Jahr 2003 konnte Gary Leon Ridgway, der auch die nächsten zwei Jahrzehnte hindurch weiter Prostituierte ermordet hatte, anhand einer DNA-Probe überführt werden. Theodore Robert Bundy tötete zwischen 1973 und 1978 mindestens 36 Frauen in fünf Staaten. Dabei köderte der hochintelligente Bundy seine Opfer stets mit Charme und Unschuld, bevor er sie mit einem stumpfen Gegenstand angriff, vergewaltigte, biss und dann verstümmelte. Auf den ersten Blick zwei vollkommen voneinander unabhängige Fälle, die auf den zweiten aber doch irgendwie zusammenhängen. Aus der Todeszelle heraus bot Bundy den Behörden nämlich an, bei der Ergreifung des „Green River Killers“ mitzuhelfen – ein Angebot, das von staatlicher Seite sofort zurückgewiesen wurde. In ihrem Buch „The Riverman: Ted Bundy And I Hunt For The Green River Killer“, von dem auch Robert Harris´ Das Schweigen der Lämmer inspiriert wurde, spielen die Autoren Robert Keppel und William Burnes ein theoretisches Szenario durch, in dem Bundys Hilfe hingegen angenommen wurde. Regisseur Bill Eagles hat für seinen TV-Thriller „Riverman“ nun diesen Roman als Grundlage genutzt. Aber auch wenn er dabei hochinteressante Ansätze zum Thema präsentiert, verhindern im Endeffekt leider doch zwei blasse Schauspielleistungen den ganz großen Wurf.

    1982: Am Green River werden mehrere Frauenleichen in unterschiedlichen Verwesungsstadien gefunden, dem jungen, noch recht unerfahrenen Polizisten Dave Reichert (Sam Jaeger) wird der Fall als sein erster in Eigenregie übertragen – immerhin geht es ja nur um Nutten und das Polizeibudget ist eh schon knapp genug bemessen. Aus Unsicherheit wendet er sich an den Kriminalistik-Experten Robert Keppel (Bruce Greenwood), der schon im Fall Bundy mit seinem Verständnis von Serienmördern überzeugen konnte. Trotzdem kommen die Ermittlungen, auch wenn immer mehr Leichen entdeckt werden, nicht so recht voran. Da erhält Keppel einen Brief, der sein Leben verändern soll: Ted Bundy (Cary Elwes) bietet ihm aus der Todeszelle heraus an, ihn bei der Arbeit am „Green River Killer“-Fall zu unterstützen. Keppel und Reichert nehmen das Angebot an und machen sich sofort auf den Weg nach Florida, wo Bundy auf seine Hinrichtung wartet. Die ersten Gespräche verlaufen noch eher stockend, doch dann taucht Keppel mit Bundys Hilfe immer tiefer in den Geist eines Serienmörder hinab…

    Thematisch ist „Riverman“ natürlich ausgesprochen interessant, gibt es doch noch bis heute zahlreiche Stimmen, die die Meinung vertreten, man hätte Bundy auf gar keinen Fall hinrichten dürfen, weil seine Aussagen von unendlicher Bedeutung für die Kriminalwissenschaft hätten sein können. Und auch wie die ersten Ansätze von Profiling à la „CSI“, „Criminal Intent“ und Konsorten in die Psychoduelle von Keppel und Bundy eingestreut werden, ist durchaus gelungen. Dass die Ermittlungen im Fall „Green River Killer“ da schon bald ganz weit in der Hintergrund rücken und Bundy den kompletten Film für sich beansprucht, stört da nicht nur einfach nicht weiter, sondern ist im Gegenteil sogar die klar richtige Entscheidung – sind die abgründigen Gespräche dann doch um einiges interessanter als das bloße nacherzählen einer realen Mordermittlung.

    Natürlich konnte Cary Elwes (Ella – Verflixt und verzaubert, Saw) seinen Ted Bundy, der seinen Opfern nun einmal stets den harmlosen Saubermann vorzugaukeln verstand, nicht im Stile von Anthony Hopkins abgehobener Charakterisierung von Hannibal Lector in Jonathan Demmes Das Schweigen der Lämmer oder Ridley Scotts Hannibal angehen. Aber seine Auslegung ist nun auf der anderen Seite leider so harmlos und ungefährlich geraten, dass man die große Angst der Ermittler vor seinen Manipulationen nie wirklich nachvollziehen kann. Dies führt auch dazu, dass der von Sam Jaeger eh schon zu blass dargestellte junge Ermittler Dave Reichert jede Glaubwürdigkeit verliert, weil er auf die zu ungeschliffenen Provokationen Bundys einfach viel zu übertrieben reagiert. So geht das Psychokrieg-Dreieck im Endeffekt nur auf der Seite von Bruce Greenwood (Antarctica, Thirteen Days) voll auf, dem es gelingt, Keppels Probleme, bei den Versuchen einen Serienmörder zu verstehen selbst immer weiter in düstere Phantasien abzugleiten, glaubhaft rüberzubringen.

    Inszenatorisch stellt sich Eagles gar nicht mal so dumm an – auch wenn man mit den typischen Schwächen einer TV-Inszenierung wie beschränkten Settings und niedrigen Budgets leben muss, kann er diese doch meist mit einem abwechslungsreichen und in seinen besten Momenten sogar fast klaustrophobischen Stil nahezu ausgleichen. So lässt sich zum Schluss festhalten, dass mit „Riverman“ zwar durchaus ansehnliche und spannende Fernseh-Unterhaltung gelungen ist, bei dem aufregenden und hochinteressanten Thema mit einer ausdrucksstärkeren Besetzung aber einfach auch noch eine ganze Menge mehr drin gewesen wäre.

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