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    A Dangerous Man
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,5
    enttäuschend
    A Dangerous Man
    Von Alex Todorov

    Es ist nicht allzu lang her, da dachte man Dolph Lundgren, Jean-Claude Van Damme und Steven Seagal als eine B-Action-Trias unwillkürlich zusammen. Als jene betagten Haudegen, die nicht vom Kloppen lassen können und sich mit einem beachtlichen Filmausstoß im Direct-to-DVD-Segment eingerichtet haben. Während Van Damme inzwischen etwas kürzer tritt (Achtung: Ironie!), dreht sich diese Wahrnehmung auch durch „Universal Soldier: Regeneration", der den Haudrauf-Staffelstab symbolisch an die nächste Generation weiterreichte, ins Melancholische. Das Bewusstsein, dass die alten Heroen bald unwiderruflich vom Schmerzverteilen zurücktreten werden, galt auch Sylvester Stallone als Anstoß zum Bullies-Klassenteffen „The Expendables". Der sollte Dolph Lundgren und Jean-Claude Van Damme eine augenzwinkernde Blockbuster-Bühne bieten und kurzzeitig aus dem B-Movie-perpetuum-mobile holen. Lundgren schlug zu. Van Damme hingegen verweigerte sich bockig mit Verweis auf die fehlende Charakterkonturierung. Den Vogel schießt aber Steven Seagal ab. Der von jeher der tieferen Charakterzeichnung unverdächtige, knapp 60-Jährige darf an der Seite von Robert De Niro in Robert Rodriguez' Knallbonbon „Machete" abräumen. Wohl eine Ausnahme, denn es gilt hauptberuflich DVD-Regale zu füllen. „A Dangerous Man" vereint Seagal nach „The Keeper" wieder mit Regisseur Keoni Waxman. Das Resultat ist - zumindest gemessen am verheerenden „Kill Switch" - solide. Zwar überhebt sich das Drehbuch mit zu vielen Fronten, die es auftut, aber unterm Strich wird sich beim Fan wohlige Genugtuung einstellen, wenn der hünenhafte Stoiker den Ungerechten dieser Welt sein Gesetz einprügelt.

    Sechs Jahre saß der ehemalige Special Forces Agent Shane Daniels (Steven Seagal) wegen eines Mordes ein, den er nicht begangen hat. Und er braucht keine sechs Stunden in Freiheit, um wieder zwischen allen Fronten zu geraten: Als er einen jungen Russen (Jesse Hutch) vor der asiatischen Mafia rettet, hat er nicht nur einen Koffer Geld an der Backe, sondern auch noch die junge und bildhübsche Tia (Marlaina Mah). Daniels, ganz der Samariter, nimmt sich der jungen Dame und ihrer Not an. Ihr Onkel befindet sich in den Klauen eines asiatischen Menschenhändlerrings. Der wiederum hat die örtliche Polizei unter seiner Kontrolle. So ist nicht nur die asiatische Mafia unter Chen (Terry Chen) und die amerikanische Polizei mit Sheriff Ritchie (Jerry Wasserman) an der Spitze hinter den beiden her, sondern auch eine asiatische Militäreinheit, angeführt von The Colonel (Byron Mann). Und die Russenmafia gibt es auch noch. Aber Daniels, absolut humorresistent, weiß schon, was zu tun ist...

    Man muss nicht wieder und wieder „Nico", „Hard to kill" (mit der wunderschönen Kelly LeBrock) oder „Alarmstufe: Rot" anführen, um zu veranschaulichen, dass Seagal durchaus mal passable bis gute Filme hingelegt hat, in denen er zumindest seine Kampfstunts noch persönlich performte. Seine Auftritte neueren Datums ernüchterten nun nicht allein durch grässliche dramaturgische Lecks, sondern auch durch einen wohlgenährten Seagal, der auf die meisten Kampfszenen lieber verzichtete und stattdessen auf ein ihm nicht gerade ähnlich sehendes Double setzte. Dies brachte ihm viel Spott und Parodien von MadTV ein, die ihn als selbstgerechten und cholerischen Ethno-Moralisten darstellten. „A Dangerous Man" ist eine spürbare Besserung. Seagals Stuntman hat weniger Screentime und gar die gleiche Frisur wie der Meister. Wobei die Kampfszenen dennoch nicht allzu spektakulär geraten sind und sich zumeist auf Infights beschränken, deren Nahaufnahmen gerade gen Ende leider keine guten Perspektiven bieten. Ein interessantes, wohl form- und altersbedingtes Stilmittel: Da die über die Jahre verloren gegangene Geschmeidigkeit Seagal eine blitzartige Annährung an den Gegner unmöglich macht, taucht er zumeist mit einem Schnitt aus dem Nichts auf, um den Schurken platt zu machen. Der Aikidōka wirkt wie eine monolithische Mönchswalze. Während in den Kampfszenen seine noch immer beachtliche körperliche Präsenz zum Tragen kommt, blickt er in vielen Dialogpassagen sein Gegenüber nicht an und scheint absolut in sich versunken. Vielleicht ist es Seelenruhe, vielleicht Textablesen, wer weiß das schon.

    Versuchte sich Rohrkrepierer „Kill Switch" noch als eine „Sieben"-Hommage, greift „A Dangerous Man" nun David CronenbergsTödliche Versprechen" auf – und überhebt sich mit der Milieuskizze grandios. In Anlehnung an Armin Mueller-Stahls Patriarchen Semyon gibt nun Vitaly Kravchenko („Das Kabinett des Dr. Parnassus") den Clan-Chef Vlad. Das macht der mit Ausstrahlung gesegnete Russe gar nicht mal so schlecht, aber was für Dialoge kommen da bitteschön rum? Die peinliche Krönung ist die Verbrüderung zwischen Daniels und Vlad, nachdem Letzterer in Daniels Augen gesehen haben möchte, dass dieser ein Mann ist, „der die Interessen der Anderen über seine eigenen stellt. [...] Von jetzt an sind sie mein Bruder." Abgenickt, drauf angestoßen. So machen das die Russen. Die Antagonisten fallen gleichermaßen in die Klischee-eines-Klischees-Kategorie, schauen allesamt sinister drein und haben unschlüssige Motivationen. Und es sind zu viele. Die asiatische Mafia hat die korrupte Polizei unter Kontrolle, die Militäreinheit unter dem Colonel arbeitet gegen beide, und alle haben Angst vor den Russen. Denkt man sich diese unnötigen, weil dem Plot nicht dienlichen Verflechtungen weg, ist die Story relativ gradlinig und funktional: Der leidgeplagte Seagal schlägt eine Schneise der Gerechtigkeit in das Dickicht der Verdorbenheit.

    Wie so oft bei Streifen mit in die Jahre gekommenen Actionhelden ist der Altherrentraum nicht fern. Den Film über hofft man, dass die betagte Ein-Mann-Armee aus väterlicher Regung Tia zur Seite steht und hier nicht noch ein Liebesschauplatz eröffnet wird. Aber Seagal mag sie jung und blutig. Wenn auch glücklicherweise nicht explizit, darf die potentielle Enkelin an die Stelle seiner verlorenen Frau treten. Warum nur kriegen die Seagals, van Dammes und Lundgrens immer die Mädels?

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